Bundesrat Stenographisches Protokoll 668. Sitzung / Seite 44

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kennen. Denn zu vollstrecken haben wir eine im ausländischen Urteilsstaat verhängte Strafe nur dann, wenn wir das ausländische Straferkenntnis anerkennen.

Mit einer solchen Anerkennung wird aber zugleich eines zwangsläufig mit ausgesprochen, nämlich das rechtspolitische Werturteil, dass wir die Rechtspflege und das Justizsystem des jeweils anderen Vertragsstaates als mit unserer Gerichtsbarkeit prinzipiell gleichwertig erachten. Daher sind wir auch konsequenterweise beispielsweise an die Tatsachenfeststellungen gebunden, die der Urteilsstaat seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat. Eben darin wurzelt mein Unbehagen.

Wir dürfen nicht übersehen – ich sage noch einmal, ich habe persönlich keinerlei Ressentiment gegenüber der Republik Kuba, aber es ist das nicht zu übersehen –, dass die UN-Menschenrechtskommission dort schwer wiegende Menschenrechtsverletzungen auch im Bereich der Jurisdiktion festgestellt hat. Auch Amnesty International, eine meiner Fraktion bestimmt nicht besonders nahe stehende internationale Organisation, hat schwerstwiegende Einwände in Bezug auf die Menschenrechte erhoben und von politischer Haft, von Folter und dergleichen gesprochen. Darin wurzelt mein Unbehagen. Aber alles in allem nehmen wir um der für österreichische Straftäter wohltätigen Absicht willen diesen Wermutstropfen in Kauf.

Wir Freiheitlichen werden aus all diesen von mir vorgetragenen Erwägungen für beide Vorlagen stimmen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.24

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte.

12.24

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich habe mich im Wesentlichen auch deshalb zu Wort gemeldet, weil Herr Bundesrat Hoscher vorhin einige Unmutsäußerungen von sich gegeben und dann, als Herr Bundesrat Professor Dr. Böhm zur Sache gesprochen hat, offensichtlich erzürnt den Saal verlassen hat, und zwar in einer Art und Weise, dass ich annehmen musste, er ist mit dem Inhalt dessen, was Bundesrat Professor Dr. Böhm gesagt hat, nicht einverstanden. (Bundesrat Mag. Hoscher: Stimmt!)

Ich bin ein Mensch, der gerne das Gespräch sucht, und glaube, dass in aller Sachlichkeit Ihre Anwesenheit im Saal jetzt benutzt werden sollte, um noch einmal auf dieses sensible Thema einzugehen, damit man sich in Erinnerung ruft, um welche Kernbereiche des materiellen Strafrechtes es geht, damit wir uns auch in Erinnerung rufen, um welche Taten und um welche Täter es geht, wer geschützt werden soll, wen wir schützen wollen und ob wir wirklich an die Resozialisierung glauben oder nicht. Denn ich kann von einer Resozialisierung der Täter sicherlich dann nicht sprechen und nicht an sie glauben, wenn die Täter gar nicht eruiert und einem ordnungsgemäßen Verfahren zugeführt werden. – Das ist das eine.

Wenn man das nicht will, wenn man also diese Taten – nämlich insbesondere sexuelle Übergriffe in der Familie oder Gewaltübergriffe in der Familie – gar nicht zum Staatsanwalt bringen will, dann muss man es in aller Konsequenz deutlich sagen. Herr Bundesrat! Ich würde von Ihnen gerne hören, dass Sie dieses Gespräch akzeptieren und nicht nur den Saal verlassen, wenn ein Thema besprochen wird, das uns alle berührt und das Gott sei Dank seit fünf Jahren gesellschaftlich zunehmend enttabuisiert wird. Endlich wird darüber geredet, endlich wird gehandelt, und endlich ergreifen wir Maßnahmen. Letztendlich müssen wir auch einen Grundkonsens suchen, weil es keine parteipolitische Frage sein kann, ob man sexuelle Übergriffe in der Familie beschönigt, duldet und übersieht – oder nicht. Das geht nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte Ihnen die Anstrengungen, die unternommen und zunehmend aktualisiert werden, näher bringen. Wir haben im Strafvollzugsgesetz eine Bestimmung, dass Täter, die wegen sexueller und auch anderer Delikte verurteilt wurden, ihre Haft verbüßt haben und danach aus einer Justizanstalt enthaftet werden, natürlich den Sicherheitsbehörden bekannt gegeben wer


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