Bundesrat Stenographisches Protokoll 676. Sitzung / Seite 109

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Viertens: Es geht ausschließlich um die bessere rechtliche Versorgung der Bevölkerung, zu der wir verpflichtet sind. Es geht nicht um Einsparungsmaßnahmen, wenn ich auch nicht verleugnen kann und will, dass diese Zusammenlegung mit Einsparungen verbunden wäre. Es gibt kein Angebot der Länder, diese Mehrkosten zu übernehmen. Es gibt nicht einmal eine Frage der Länder nach der Höhe dieser Mehrkosten. Aber noch einmal: Es geht uns um die schlecht gewordene Versorgung der Bevölkerung mit dem rechtlichen, mit dem justiziellen Angebot.

Fünftens: Wenn ich mit den Bürgern spreche, haben diese interessanterweise immer Verständnis. Ich habe noch nie vor Ort mit einem Bürger gesprochen, der gesagt hätte: Ich möchte mein Bezirksgericht behalten. – Das ist auch klar, weil wir statistisch nachweisen können, dass der österreichische Bürger nur einmal in seinem Leben zu einem Bezirksgericht, überhaupt zu Gericht gehen muss.

Sechstens: Viele unserer Bezirksgerichte sind nicht ausgelastet. Zwei Drittel der 192 Bezirksgerichte haben – statistisch gesehen – weniger als 2,9 Richter. Wenn wir uns mit Bayern vergleichen – der Vergleich muss zulässig sein –, dann stellt man fest, das kleinste Amtsgericht hat dort sieben Richter. Im Durchschnitt haben die bayrischen Amtsgerichte elf Richter.

Siebentens: Die Rechtslage wird immer komplizierter. Sie wissen das, ich weiß es auch. Es ist nicht mehr möglich – so sage ich es einmal –, dass ein einzelner Richter die gesamte nationale und internationale Rechtslage überblicken kann. Teamarbeit ist notwendig geworden. Das kollegiale Gespräch ist unerlässlich.

Achtens: Wenn Sie sich dieser Modernisierung verschließen, so müssen Sie auch eine Antwort geben, dann müssen Sie sagen, was Sie eigentlich wollen. Ich behaupte und kann es beweisen, dass die rechtliche Versorgung der Bevölkerung unmodern geworden ist und dass sie unausreichend ist, dass sich die Bürger Österreichs etwas Besseres verdient haben.

Wir sind auf dem Gebiet der Informationstechnologie weltweit führend. Wir können diesen Vorsprung im Interesse unserer Rechtskultur und der rechtlichen Versorgung der Bevölkerung nicht halten, wenn wir nicht ständig an der Modernisierung unserer Gerichtsstruktur arbeiten. Das müssen Sie uns gestatten oder eine Alternative anbieten. Alleine der Umstand, dass wir Gerichte mit Informationstechnologie versorgen, die wir bei einer besseren Struktur nicht versorgen müssten, kostet uns jährlich 40 Millionen Schilling. Wir haben überall Grundbücher, leider nicht überall Firmenbücher – diese haben wir nur bei den Landesgerichten.

Unser Vorschlag geht dahin, vernünftige Gerichtssprengel – dazu sagen wir, es wären 64 in Österreich ausreichend – zu schaffen. Wir haben in Österreich 84 Bezirkshauptmannschaften; wenn wir die Städte mit eigenem Statut hinzuzählen, sind es 89. Diese Zahl soll verringert werden. Wir wissen nicht, in welchem Ausmaß, aber hier gibt es keine wesentlichen Gegenstimmen. (Bundesrat Konecny: 99 nehme ich an, wollten Sie sagen!) – 99, ja, entschuldigen Sie! Von 84 auf 99 ist der Sprung. Danke schön!

Wir haben nun eine Landkarte entworfen, von der wir glauben, dass sie einer modernen Gerichtsstruktur entspricht. Diese Landkarte ist bekannt. Sie umfasst 64 Sprengel. Wir werden nicht konkret einzelne Orte ins Spiel bringen, weil wir glauben, dass die Landesregierungen und die Landeshauptleute in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung, aber auch in Zusammenarbeit mit uns eine bessere Gerichtsstruktur erarbeiten sollten. So, wie sie aber jetzt besteht, ist sie für Österreich und für unsere Rechtskultur und für unsere Bevölkerung nicht mehr zumutbar. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.27

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Schlaffer. – Bitte.

17.27

Bundesrätin Anna Schlaffer (SPÖ, Burgenland): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister! Ich kann aus der mir vorliegenden Anfragebeantwortung keine dezidierten Angaben über die von einer möglichen


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