Bundesrat Stenographisches Protokoll 702. Sitzung / Seite 170

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zwar 2 706 beziehungsweise 2 594 Fälle. Ende 2002 waren aber immer noch 1 159 unerledigte Rechtssachen bei ihm anhängig. Die durchschnittliche Verfahrensdauer beträgt zwischen acht und neun Monaten – auch dies eine weit bessere Bilanz als beim Verwaltungsgerichtshof. Dennoch vermag sie einen unter Umständen sogar in ei­nem Grundrecht verletzten Beschwerdeführer, der auf die Wiederherstellung seiner gefährdeten fundamentalen Rechtsposition wartet, wenig zu trösten.

Was ließe sich beim Verfassungsgerichtshof strukturell verbessern? – Zutreffend hebt der Tätigkeitsbericht hervor, dass der Gesetzgeber die Einrichtung von Sonder­behör­den, gegen deren Entscheidung der Rechtszugang an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig ist, vermeiden sollte. Sie nehmen dann nämlich den Verfassungs­ge­richtshof über Gebühr in Anspruch. Freilich träfe nach einer abweichenden Regelung den Verwaltungsgerichtshof ein zusätzlicher Neuanfall.

Ein immer wiederkehrender Vorschlag, auch beim Verfassungsgerichtshof von Ses­sionen abzugehen und zum Modell der Vollrichter überzugehen, müsste aber noch sehr genau überdacht werden. Dagegen spricht nämlich meines Erachtens vor allem, dass sich dann insbesondere renommierte Rechtsanwälte wohl nicht mehr für den Ver­fassungsgerichtshof gewinnen ließen. Ebenso warne ich davor, dem Verfassungs­gerichtshof die Möglichkeit, auch in kleiner Besetzung statt in der Vollversammlung zu erkennen, ganz zu entziehen.

Berechtigt am Streit um die Gesetzmäßigkeit eines solchen Vorgehens erscheint mir allerdings, dass es einer klareren und präziseren Formulierung der Kriterien, wann der Kleine Senat und wann die Vollversammlung entscheidet, bedürfte. Hilfreich wäre es auch, gewisse partielle Überschneidungen der Kompetenzen von Verwaltungs­gerichts­hof und Verfassungsgerichtshof zu bereinigen. Das diente sowohl dem besseren Zu­gang des Bürgers zum Recht im Sinne der Rechtsmittelklarheit als auch einer teil­weisen wechselseitigen Entlastung beider Gerichtshöfe. Durchaus beizupflichten ist meines Erachtens zuletzt auch der Forderung nach einer höheren Ausstattung mit ver­fas­sungsrechtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Das scheint mir vordringlicher zu sein als die Zuteilung einer Planstelle für einen hauptamtlichen Mediensprecher, ob­wohl ich mir der Bedeutung professioneller Öffentlichkeitsarbeit im Medienzeitalter durch­aus bewusst bin.

Dass all diese Forderungen, soweit sie Finanzierungsprobleme aufwerfen, in Zeiten von Budgetrestriktionen schwer erfüllbar sind, versteht sich freilich auch von selbst. Hier sind wir alle – und zwar nicht nur der Bund, sondern in gewissem Ausmaß auch die Länder im Rahmen des Finanzausgleiches – vor die selbstkritische Frage gestellt: Was ist uns der Rechtsstaat und eine dem Bürger und natürlich auch der Wirtschaft zumutbare Verfahrensdauer wert? – Hier gilt es wohl auf allen Ebenen, noch politische Überzeugungsarbeit zu leisten.

Umso mehr gebührt beiden Höchstgerichten Dank und Respekt für das von ihnen unter den vorfindlichen Rahmenbedingungen in quantitativer und im Allgemeinen auch in qualitativer Hinsicht Geleistete. Schon aus diesem Grund wird auch meine Fraktion beiden Tätigkeitsberichten sehr gerne ihre Zustimmung geben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.13

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


20.13

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Da-


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