Bundesrat Stenographisches Protokoll 730. Sitzung / Seite 37

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13.05.42

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Es ist ja nicht so, dass man in der Politik grundsätzlich immer das sagen muss, was die Mehrheit bei Meinungsumfragen sagt. Man kann ja durchaus auch eine Meinung vertreten, von der man annimmt, dass sie noch nicht die Mehrheit hat. Fest steht nur, dass in diesem Fall, ohne dass es das alleinige Kriterium ist, die Mehrheit der Bevölkerung hinter diesem Staatsbürgerschaftsgesetz steht, und das wissen wir. Wenn heute hier Einwände von der Sozialdemokratie, von den Frei­heitlichen und von den Grünen gekommen sind, so zeigt sich bereits darin, dass dieser Entwurf die Mitte ganz gut erwischt haben muss.

Es wird immer wieder beschworen, was diese neue Konstellation des Bundesrates denn nicht alles bedeute. Davor fürchte ich mich nicht, wenn ich die Argumente höre, die in der Debatte gegen dieses Staatsbürgerschaftsgesetz vorgebracht wurden. Es wurde sogar von Gewalt in der Familie gesprochen, was ganz andere Kapitel der Poli­tik betrifft. Das wird also alles miteinander vermengt. Ich denke auch nicht, dass der Slogan, dass die Staatsbürgerschaft ein Integrationsmittel ist, etwas ist, was in der Be­völkerung verstanden wird, und ich sage auch: mit Recht nicht verstanden wird.

Auf der anderen Seite darf ich schon die Freiheitlichen erwähnen, die ja genauso ab­stimmen wie die Sozialdemokratie, wozu ich übrigens die Sozialdemokratie sehr be­glückwünsche. (Bundesrat Gruber: Danke!) Wenn man von einer Nullzuwanderung und einer schwarz-orangen Regierung spricht, dann möchte ich schon festhalten: Fünf­einhalb Jahre lang haben auch diese Restfreiheitlichen, die es jetzt noch gibt, diese Regierung mitgetragen. – Das zum einen.

Zum anderen bezweifle ich auch, dass bei einer Nullzuwanderung der wo auch immer herstammende Ur-Vilimsky nach Österreich gekommen wäre, weil ich nicht vermute, dass das ein ganz genuiner Alpenrepublikaner war. Das würde ich also zu bedenken geben.

An die Adresse Ihrer Freunde: Wenn bei der Fußball-WM die ersten bosnischen Öster­reicher, die hier aufgewachsen sind, für Österreich Tore schießen, dann werde ich mir einmal genau die leuchtenden Augen von Ihnen und von Ihren Freunden anschauen beziehungsweise, ob Sie da nicht jubeln, weil es ja ein Bosniake war. Das ist so wie in Frankreich: Wann immer ein Schwarzer ein Tor schießt – das war früher auch bei den Amerikanern so, dann war er Amerikaner –, dann ist er Franzose. Da würde ich als Ös­terreicher also sehr vorsichtig sein.

Zu guter Letzt – und das ist der eigentliche Punkt meines Redebeitrags – habe ich eine Bitte an den Fraktionsobmann der Grünen, an Stefan Schennach. Ich habe ganz be­wusst keine tatsächliche Berichtigung gemacht, weil ich das mit der Beweisführung ein­fach flexibler gestalten möchte. (Demonstrativer Beifall des Bundesrates Schennach.) Der Fraktionsobmann der Grünen hat davon gesprochen, dass die Worte „totalitärer Machtrausch“ gefallen wären. Mir ist nicht bekannt, wer in der ÖVP von einem totalitä­ren Machtrausch der Grünen gesprochen hätte, daher würde ich den Fraktionsobmann der Grünen sehr herzlich bitten, uns das zu erklären. Wir ärgern uns zwar über das eine oder das andere, aber wir fühlen uns wirklich noch nicht vom totalitären Macht­rausch überrollt.

Ich kann mich erinnern, dass, als ich Jugendobmann war und meinen Bonzenquäler-Slogan hatte, diejenigen am meisten beleidigt waren, zu denen ich gesagt habe: Du bist für mich gar kein Bonze, weil du gar nicht so einflussreich bist. Die waren dann auch beleidigt. Die, zu denen ich „Bonzen“ gesagt habe, waren beleidigt, und die, zu denen ich gesagt habe, ihr seid keine, waren auch beleidigt. Ich habe den Eindruck, Stefan Schennach gehört zu dieser letzteren Kategorie, weil ich sage: Für den totalitä-


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