BundesratStenographisches Protokoll748. Sitzung / Seite 71

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für eine Art von Vernaderung innerhalb einer Familie, die wir eigentlich in einem modernen Rechtsstaat nicht machen sollten.

Frau Justizministerin, ich habe heute gelesen, dass Sie innerhalb der Regierung Ihre Stimme erhoben und gesagt haben, man müsse das Fremdenrecht ändern. Ich möchte Sie dazu befragen, ob diese Aussagen von Ihnen, die heute publik geworden sind, in der Weise richtig sind und Sie gemeint haben, dass es einen Anspruch auf unbefris­teten Aufenthalt geben soll – das ist nämlich das Bleiberecht mit einem anderen Wort ausgedrückt –, wenn sich die betreffenden Personen seit fünf Jahren im Bundesgebiet aufhalten, Grundkenntnisse der deutschen Sprache haben, integriert sind und nicht eine Tat begangen haben, die von einer mehr als einjährigen Strafe bedroht ist, dass es keine Ausweisungen nach Artikel 8 MRK geben soll und dass Sie der Meinung sind, dass die Schubhaft zurückgedrängt werden soll und die Rechte von Schubhäftlingen verbessert werden sollen.

Ich spreche Ihnen ein Kompliment aus. Bisher hat die Regierung in dieser geblockten Form gesagt, wir wollen Gnade, wir wollen den Gnadenakt nützen, aber nichts am Recht ändern. Das ist erstmals eine andere Stimme, eine sehr wohltuende Stimme, Frau Bundesministerin, und ich würde mich einfach aufgrund der aktuellen Debatte freuen, wenn Sie uns in Ihrer Beantwortung zu dem Punkt, über den wir heute disku­tieren, und dem, glaube ich, von allen Fraktionen mitgetragenem völkerrechtlichen Vertrag noch eine Auskunft gäben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.39


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Berger. – Bitte.

 


13.40.01

Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Ich hätte kein Problem damit, jetzt in eine politische Debatte einzusteigen, so wie sie Herr Bundesrat Schennach jetzt ange­zogen hat. Ich weiß nur nicht, inwieweit es in diesem Haus üblich ist, aus Anlass des einen Tagesordnungspunktes eine Debatte zu einem anderen Tagesordnungspunkt zu führen. Ich möchte nur zwei Dinge klarstellen, damit es hier nicht zu Verwechslungen kommt.

Wenn es um die Frage „Erpressung, ja oder nein?“ geht: Ich habe hier meine politische Meinung abgegeben, das war jetzt keine authentische, offizielle Interpretation eines Straftatbestandes durch das Justizministerium. Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe, aber das war es. Weil Sie gesagt haben, das Justizministerium verlautet, also das war keine authentische Interpretation durch das Ministerium, wodurch dieser Tatbestand erfüllt wäre oder nicht.

Zur Frage des § 115 Fremdengesetz – ich glaube, es ist die Nummer 115 – ist es so, dass er nicht in meine Ressortzuständigkeit fällt, aber natürlich mit Bestimmungen, die wir im Strafgesetzbuch haben, sehr verwandt ist. Da stimmt es tatsächlich, dass das, was wir im normalen Strafprozess haben, nämlich das sogenannte Angehörigen­privileg, im Fremdenrecht nicht gilt. Ich war damals nicht im österreichischen National­rat, aber ich kann mich erinnern, dass es aus Anlass der Beschlussfassung dieses Paragrafen offensichtlich auch einiges an Debatten gegeben hat.

Ich will dazu jetzt nur eines sagen: Es ist für mich als Merkmal wichtig, dass zu dem Zeitpunkt, als Arigona zum Pfarrer gekommen ist, die Abschiebung durch den Herrn Innenminister schon ausgesetzt war. Insofern glaube ich, dass das ein wichtiges Merkmal für die Beurteilung ist.

Auch die Staatsanwaltschaft Wels hat ja schon öffentlich angekündigt, dass sie den ohnehin sehr aufgeregten Ort in Bezug auf den sehr aufgeregten Fall sozusagen ein


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