Deutschland mit einer Delegation aus dem Haus –, um die Erfahrungen dort zu sichten und auch für die österreichische Diskussion sichtbar werden zu lassen.
Das ist leider jetzt durch die vorzeitige Beendigung der Legislaturperiode nicht mehr möglich. Ich denke aber, dass es, egal in welcher Regierungszusammensetzung, für die neue Regierung eine wichtige Herausforderung sein wird, in einem derartigen Freiwilligengesetz sowohl sozialversicherungsrechtlich als auch in anderen Bereichen des Sozial- und Entgeltschutzes bestehende Regelungen zusammenzufassen und weiter auszubauen.
Präsident Jürgen Weiss: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.
Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Herr Minister! Wir sind ja alle für die bedarfsorientierte Mindestsicherung. Sie haben gerade vor ein paar Minuten gesagt, dass Sie das sehr bedauern, dass das durch die Regierungsauflösung nicht mehr realisiert werden kann.
Aber da habe ich schon eine Frage. Meine Tränen werden nicht zu Krokodilstränen, wenn ich zum Beispiel die Berechnungen für Wien anschaue. Diese werden fast durchwegs von Organisationen, die die soziale Betreuung durchführen – wie etwa die Evangelische Diakonie oder die Caritas –, erstellt. Diese sagen, in Wien sind das im besten Fall 10 €.
Wenn man sich die bedarfsorientierte Grundsicherung ansieht, was dazukommt, was weggenommen wird, so sind das in Wien im besten Fall 10 € mehr für einen Betroffenen. Halten Sie das wirklich für den großen Durchbruch?
Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger: Sehr geschätzter Herr Bundesrat Schennach! Ich kenne die Berechnungen, auf die Sie oder die Einrichtungen in Wien sich stützen, nicht. Ich kenne die Berechnungen nicht. Ich habe die Aussage gekannt, ich kenne aber die Berechnungen nicht. Dort, wo wir mit den Ländern verhandelt haben, ist als Grundlage genommen worden, dass eine Verbesserung in der Höhe von 50 bis 80 € pro Monat durch die bedarfsorientierte Mindestsicherung erfolgt.
Aber selbst wenn es nur 10 € im Monat mehr wären, wenn wir diese Zahl nehmen und die Durchschnittshöhe von knapp unter 700 € netto an Sozialhilfe heranziehen, wäre das immerhin eine Verbesserung in einem Ausmaß, das auch nicht unbeachtlich wäre. Wenn es um Pensionen oder um andere Sozialleistungen geht, kämpfen wir lange, um Erhöhungen von 5 Prozent, 7 Prozent oder gar 10 oder mehr Prozent zu realisieren. Ich würde das nicht unterschätzen!
Ich würde aber auch gerne Ihre Aufmerksamkeit, Herr Bundesrat, auf die Tatsache lenken, dass es nicht nur die Höhe der bedarfsorientierten Mindestsicherung ist, die eine Verbesserung mit sich bringt, sondern drei ganz wichtige andere Aspekte sind, von denen ich überzeugt bin, dass Sie sie aus Ihrer Haltung heraus wertschätzen.
Das eine ist: Mit der bedarfsorientierten Mindestsicherung werden die Bezieher von der jetzigen Sozialhilfe – dann Mindestsicherung – voll in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen. Das ist nicht nur inhaltlich wichtig, das ist auch eine notwendige Entstigmatisierungsmaßnahme, weil damit jeder Bezieher von Mindestsicherung genauso wie alle anderen Versicherten mit der E-Card zum Arzt gehen kann, und nicht mit dem geradezu berüchtigten gelben Krankenbehandlungsschein, wodurch er von der Weite als Sozialhilfebezieher ersichtlich ist.
HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite