10.12

Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA (ÖVP, Niederösterreich): Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Zunächst einmal: Es ist schön, dich heute erstmals so anzu­sprechen. Für mich als Niederösterreicherin ist es natürlich besonders schön, unter niederösterreichischem Vorsitz sprechen zu dürfen. Alles Gute! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuse­herinnen und Zuseher! Ich bin im Betrieb meiner Eltern aufgewachsen, einem Ent­sor­gungsunternehmen, in dem schon sehr früh eine Sortieranlage zum Einsatz gekom­men ist. Verpackungsmüll wurde händisch noch einmal sortiert, nach Wertstoffen ge­trennt und somit dem weiteren Recycling zugeführt. Für mich als Kind hatte das naturgemäß eine gewisse Faszination. Es hat mich allerdings damals schon ver­wundert, was alles in den Müll kommt, und ich war vor allem erstaunt, dass teilweise völlig neue Dinge unverbraucht beziehungsweise ungeöffnet weggeschmissen werden.

An etwas kann ich mich auch noch genau erinnern: Der größte Container war am Ende immer der für den Plastikmüll, für die Verpackungen. Daran hat sich bis heute leider nichts geändert. Seit den Neunzigerjahren ist die Menge an Verpackungen von 180 000 Tonnen auf heute knapp 300 000 Tonnen jährlich gestiegen. Insgesamt fallen in Österreich pro Jahr rund 900 000 Tonnen Plastikmüll an.

Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, dass wir uns heute bei der Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes schwerpunktmäßig mit zwei Dingen beschäftigen: Erstens geht es um eine Rechtsbereinigung. Es geht darum, Bürokratie wegzunehmen, wo sie nicht gebraucht wird, ohne dabei – und das ist ganz wichtig – die hohen österreichi­schen Standards der Abfallwirtschaft zu gefährden. An oberster Stelle steht dabei immer die Abfallvermeidung, und zwar ganz gemäß dem Grundsatz: Der beste Müll ist der, der gar nicht erst entsteht.

Damit sind wir schon beim zweiten Teilbereich dieser Novelle, besser bekannt als das Plastiksackerlverbot: Ab dem 1. Jänner 2020 dürfen keine Kunststofftragetaschen mehr in Verkehr gebracht werden. Ausgenommen sind robuste, wiederverwertbare Taschen sowie die ultradünnen Plastiksackerln, die wir alle besser als Knotenbeutel aus den Supermärkten kennen. Diese müssen dann überwiegend aus nachwachsenden Roh­stoffen hergestellt werden und für die Heimkompostierung, also für den Kompost­haufen daheim, geeignet sein. 400 Millionen solcher Einwegplastiksackerln sind derzeit jährlich im Umlauf. Wir vermeiden also allein mit dieser einfachen Maßnahme in Öster­reich künftig 7 000 Tonnen Plastikmüll pro Jahr.

Ich möchte mich an dieser Stelle sehr herzlich bei der vorangegangenen Bundes­regierung, bei unserer Nachhaltigkeitsministerin Elli Köstinger bedanken, die diese Gesetzesinitiative noch auf den Weg gebracht hat, und ich möchte den Kolleginnen und Kollegen aus dem Nationalrat, die dieses Gesetz mit einer sehr, sehr breiten Mehrheit beschlossen haben, Danke sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte jetzt an Sie appellieren, dass auch wir hier im Bundesrat das tun und damit einen ersten wichtigen Schritt setzen. Ich denke nämlich, uns allen ist klar, dass wir hier von einem dringend notwendigen ersten Schritt reden – weg von Einwegprodukten hin zu einer echten, funktionierenden Kreislaufwirtschaft, weg von der Wegwerf­gesell­schaft hin zu einem sorgsamen Umgang mit unseren Ressourcen und mit unserer Umwelt.

Dabei muss ein Punkt ganz klar sein: Plastik ist nicht gleich Plastik. Kunststoffe finden sich in allen Lebensbereichen wieder, und aufgrund ihrer besonderen technischen und chemischen Eigenschaften werden sie auch zukünftig nicht aus unserem Leben wegzudenken sein. Das Problem beginnt aber dann, wenn wir einen Stoff, der eigentlich dafür ausgelegt ist, 200 Jahre zu halten, wie etwa Einwegplastik, maximal 20 Minuten benutzen. Damit sorgen wir nämlich für steigende Müllmengen, die nicht rezyklierbar sind und die, wenn sie nicht richtig entsorgt werden, in unsere Umwelt, in unsere Meere gelangen. Beispielsweise gelangen bei Mikroplastik kleine Mikropartikel ungefiltert in unsere Umwelt und werden so zu einer echten Gefahr.

In diesem Zusammenhang hat es zuletzt auch auf europäischer Ebene unter öster­reichischem Ratsvorsitz Vorstöße gegeben, und auf solche Vorstöße müssen wir auch in Zukunft bauen. Wir in Österreich müssen Vorreiter sein und im Umwelt- und Klima­schutz ganz konsequent weiter vorangehen, indem wir beispielsweise Klimaschutz als Staatsziel in der Verfassung verankern, indem wir auf erneuerbare Energien setzen und wirklich 100 Prozent erneuerbare Energie nutzen, wie wir es in Niederösterreich tun, und indem wir Österreich CO2-neutral machen.

All das geht nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung und dann, wenn jeder seinen Beitrag leistet. Die gute Nachricht dabei ist – wir haben es heute schon gehört ‑, dass das Bewusstsein für Klimaschutz in der Bevölkerung noch nie so groß wie heute war. Die schlechte Nachricht: Vom Wissen bis zur tatsächlichen Verhaltensänderung ist es oft noch ein langer Weg. Umso mehr sind wir vonseiten der Politik gefordert, einen echten Veränderungsprozess einzuläuten, Innovationen zu fördern, Nutzen zu stiften und Klimaschutz einfach und zu etwas Alltäglichem zu machen. (Vizepräsident Koller übernimmt den Vorsitz.)

Als Beispiel, wie es uns gelingen kann, effektiv Plastik zu vermeiden, möchte ich die Sauberhaften Feste aus Niederösterreich erwähnen. Es handelt sich dabei um eine Initiative der niederösterreichischen Umweltverbände und des Landes Niederöster­reich. Über 500 Vereine und Dörfer haben ihre Feste allein im vergangenen Jahr als Sauberhafte Feste gefeiert: Sie haben Mehrweggeschirr eingesetzt, sie haben den angefallenen Müll richtig sortiert, und es ist damit gelungen, die Abfallmenge um das Achtzigfache zu verringern. In den letzten Jahren wurden damit 17 Millionen Plastik­becher alleine in Niederösterreich eingespart. – Ein großes Danke an alle, die mit­machen, die sich für die Umwelt engagieren und die vor allem den Umwelt- und Klima­schutz auf diese Weise vor die Haustüre der Menschen bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich komme zum Abschluss: Die heutige AWG-Novelle ist eine echte Chance, einen ersten Schritt zu setzen und so den Weg zu mehr Nachhaltigkeit zu ebnen. Ich lade alle ein, diesen Weg mitzugehen, heute Politik für morgen zu machen und nicht zu ver­gessen: Mehrweg ist immer noch der beste Weg. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.19

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dominik Reisinger. Ich erteile ihm dieses.