13.38

Bundesrätin Mag. Martina Ess (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geehrte Zuseher zu Hause und hier im Sitzungssaal! Lieber Karl, lieber Präsident, es freut auch mich, dich heute so anzusprechen zu dürfen, und ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit – bisher hat es sehr gut funktioniert, so ganz vom Westen bis nach Niederösterreich.

Ich habe heute in den laufenden Debatten drei Kolleginnen gehört, die mir ein bisschen aus der Seele gesprochen haben, und ich werde das eine oder andere auch wieder aufgreifen. Ich möchte an dieser Stelle für die frauenpolitischen und familienpolitischen Statements meiner Kollegin Andrea Gitschthaler, Ewa Dziedzic und Frau Steiner-Wieser Danke sagen. Es hat mich sehr gefreut, dass ihr im Bereich der Frauenpolitik hier ein klares Statement gesetzt habt.

Es ist ein Tag, an dem wir uns freuen können, es ist ein Tag für uns Frauen. Es wird sehr viel verbessert und es werden auch die Karenzzeiten mit dem heutigen Tag ver­bessert. In Zukunft werden die Zeiten der Elternkarenz bei Gehaltsvorrückungen näm­lich in vollem Umfang berücksichtigt, und das ist ein ganz wesentlicher Schritt, wenn es darum geht, die Einkommensschere zwischen Mann und Frau zu schließen. Es ist insgesamt eine Maßnahme für mehr Gerechtigkeit.

Es ist, wie gesagt, ein ganz und gar erfreulicher Tag, und doch – wir haben es zwi­schen den Zeilen schon gehört – ist es nur ein Schritt von vielen, sind es Bausteine, sind es nur Ausschnitte, die heute geregelt werden. Darüber dürfen wir uns freuen, aber wir müssen noch viele Schritte gehen, wenn es darum geht, Mann und Frau die gleichen Startbedingungen für das Leben zu schaffen, ihnen die gleichen Chancen zu ermöglichen.

Da sind wir mittendrin – ich möchte diese Gelegenheit im Zusammenhang mit den Karenzzeiten nützen, um etwas dazu zu sagen – in der Genderdebatte, wir sind auch mittendrin in der Realität. Wir in Vorarlberg, im Ländle, würden sagen: Es is scho a zähe Gschicht! – Es ist etwas, das vorangeht, aber mir geht es viel zu langsam.

Ich möchte Sie alle einladen, jetzt ein bisschen zurückzublicken, und zwar ins Jahr 1979. Vor 40 Jahren wurde es gesetzlich verboten, jemanden aufgrund seines Geschlechts in der Privatwirtschaft schlechter zu bezahlen. Heute, 2019, verdienen wir Frauen aber immer noch deutlich weniger als Männer. Da stellt sich schon die Frage: Warum ist das heute so? – Ist das deshalb so, weil wir Frauen sind, oder weil wir andere Berufe als Männer auswählen? Oder ist es so, weil wir – und das haben wir heute auch schon diskutiert; das ist und bleibt in der Natur der Sache – Kinder bekommen und dann eben länger der Arbeitswelt fernbleiben? Oder ist es deshalb so, weil wir als Mütter dann oft in Teilzeit arbeiten?

Das sind Fragen, die ich mir im 21. Jahrhundert nicht stellen möchte, die ich mir aber leider stellen muss. Eine Familie zu gründen, Kinder zu haben, das ist das, was nur unterstützt werden kann. Wir brauchen Kinder, wir brauchen Familien, Österreich braucht Familien; und wenn es um eine gemeinsame Lebensplanung geht, die man mit dem Partner, mit der Partnerin abmachen muss, dann nehme ich beide Elternteile in die Pflicht, nämlich Vater und Mutter. Gemeinsam müssen sie aus meiner Sicht über­legen, wie ihre individuelle Lebensplanung aussieht. Da darf und soll niemand vor­schreiben, wer sich wann wie und wie viel um das Kind kümmert und wer wann und wie viel arbeitet. Das ist Privatsache, das ist ureigenste Entscheidung der Eltern, und jedes Modell – das ist das, was wir von der ÖVP vertreten – muss seinen Platz finden und haben. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ.)

Was nicht sein darf, ist, dass sich Frauen aufgrund von Einkommensunterschieden, die wir bis heute haben, und erschwerter Wiedereinstiegsmöglichkeiten – auch das ist gelebte Realität – die Frage stellen: Karriere oder Kind? – Es darf auch nicht sein, dass sich Mütter aufgrund dessen, dass der Mann sowieso mehr verdient, für längere Zeit von der Arbeitswelt verabschieden.

Wir in der Politik sind gefordert, Rahmenbedingungen so gut zu gestalten, dass junge Familien gerne Kinder bekommen, dass sie wissen, dass wir gleiche Chancen für Mann und Frau haben und diese gewährleistet sind. Diese gleichwertigen Startbedin­gungen müssen wir schaffen; das muss der Bund leisten.

Etwas ist heute noch nicht gefallen, ich sage es jetzt aber: Ich appelliere auch konkret an alle Frauen zu Hause und hier im Saal: Wir sind auch aufgefordert, Eigenver­antwortung zu übernehmen. Wir müssen eigenverantwortlich, im besten Fall im Aus­tausch mit unserem Partner, überlegen, wie unsere Lebensplanung ausschauen wird. Was wird es für uns bedeuten, wenn wir zehn Jahre zu Hause bleiben? Was bedeutet es für uns, wenn wir auf eigenen Beinen stehen wollen? Wir sind auch gefordert, liebe Frauen, dass wir uns darüber informieren, wie wir es eben vermeiden können, in die Altersarmut oder in die Teilzeitfalle zu tappen.

Fakt ist, dass die Geburt eines Kindes – was eines der schönsten Erlebnisse ist, die man erfahren darf; jede Mutter kann das bestätigen – keine Einbußen im Gehalt mit sich bringen darf. Wenn man Elternteil wird, wenn man ein Kind bekommt, soll man keinen Nachteil haben. Deshalb ist es gut, richtig und wichtig, dass die Karenzzeit künftig wie Arbeitszeit bewertet wird.

Ich darf also abschließend alle dazu einladen, dieses Haus um weitere Bausteine zu erweitern, diese Schritte zu gehen, die vor uns liegen, um das Schließen der Ge­haltsschere zu beschleunigen. Frauen müssen gleiche Chancen haben. Wir brauchen gute Gehälter, wir Frauen müssen auch ein Wissen über unsere Frauen- und Mädchenrechte haben und wir müssen auch die Möglichkeit haben, Führungspositio­nen zu übernehmen. Ich danke allen, die diesen Antrag heute für uns Frauen unter­stützen. (Allgemeiner Beifall.)

13.45

Präsident Karl Bader: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Korinna Schumann zu Wort. Ich erteile es ihr.