11.15

Bundesrat Jürgen Schabhüttl (SPÖ, Burgenland): Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, auf der Tagesordnung steht heute die Änderung des Fremdenpolizeigesetzes. Bevor ich in die näheren Ausführungen dazu eingehe, muss ich ganz ehrlich sagen, finde ich etwas nicht sehr korrekt: Man kann ja gegen etwas sein, man kann auch gegen ein Gesetz sein, aber jetzt eine Fremdendebatte oder eine Verunsicherung in unserem Land auszulösen, das ist nicht die richtige Art und Weise, wie sich eine politische Partei hier verhalten sollte. Es sollte halt sachlich sein. Ich glaube nicht, dass man jetzt wegen 766 Fällen (Ruf bei der FPÖ: 768!), 768 Fällen von Menschen, die hier in Ausbildung sind, eine Verunsicherung in Österreich auslösen sollte. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Es ist doch unglaublich, das an der Zahl festzumachen! Das geht auch bei einem nicht!)

Ich möchte dieses ganze Paket nochmals ein wenig chronologisch aufarbeiten. In der Aufarbeitung beginne ich mit dem Jahr 2015. In der Thematik der Aufarbeitung dieser Ereignisse war es bis September 2018 in Österreich möglich, dass Asylwerberinnen und Asylwerber eine Lehre in sogenannten Mangelberufen beginnen. Wenn wir beim Terminus Mangelberufe sind, dann muss man wissen, dass das Berufssparten sind, für die keine oder zu wenige Lehrlinge zur Verfügung stehen. Das hat nichts mit Jugendarbeitslosigkeit zu tun, das hat auch nichts damit zu tun, dass irgendjemandem eine Lehrstelle weggenommen wird. (Bundesrat Steiner: Was machen wir, wenn die Lehre fertig ist?)

Objektiv gesehen war das meiner Meinung nach eine Win-win-Situation. Die Wirtschaft bekam in diesem Mangelberufbereich Lehrlinge und Mitarbeiter in ihren Betrieben. Die Asylwerberinnen und Asylwerber konnten in der Zeit eine Ausbildung machen, in der das Asylverfahren anhängig war. (Bundesrat Steiner: Was machen wir, wenn die Lehre aus ist?) Die letzte Bundesregierung hat diese Ausbildungsmöglichkeit unter­sagt. Am 19. September 2019 forderte der Nationalrat in zwei mehrheitlich angenom­menen Entschließungsanträgen den Herrn Bundesminister für Inneres dazu auf, ehest eine ausreichende gesetzliche Grundlage zu schaffen, die einen Verbleib von gut inte­grierten Menschen in Lehre bis zum Abschluss der Lehre ermöglicht und sicherstellt. 

Damals waren es circa 900 Fälle von Asylwerbern, die in Lehrausbildung waren und die diese Sicherstellung gebraucht hätten. Laut Angaben der Experten im Ausschuss sind es jetzt 768 Fälle. Herr Bundesminister Peschorn hat daraufhin einen Vorschlag erarbeitet, der Grundlage für die fraktionellen Verhandlungen war, die am 9.12. statt­fanden. Diese Verhandlungen waren erfolgreich und mündeten in einen gemeinsamen Vierparteienantrag von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS, der auch im Nationalrat be­schlossen wurde.

Was ist jetzt die Grundaussage dieser Gesetzesänderung? – Lehrlinge, die in Mangel­berufen in Ausbildung stehen, können diese Ausbildung fertig machen, auch wenn in dieser Zeit ein negativer Asylbescheid rechtskräftig wird. Weiters können auch Lehr­linge, die bereits einen negativen Bescheid haben, wo aber ein Verfahren bei Höchst­gerichten anhängig ist, ihre Lehre weiterführen. Bei Beendigung der Lehre bezie­hungs­weise bei außerordentlicher Auflösung des Lehrverhältnisses bleiben die bisherigen Bestimmungen unberührt. (Bundesrat Steiner: Noch!) – Die bisherigen Bestimmungen bleiben unberührt. (Bundesrat Steiner: Noch!) – Um zu wissen, was in Zukunft pas­siert, musst du ein Hellseher sein. (Die Bundesräte Steiner und Ofner: Das haben wir schon gehört!)

Ich persönlich finde, dass dies eine sinnvolle Gesetzesänderung ist, weil das Fertig­lernen eines Berufes ermöglicht wird. Dieses Fertiglernen kann einerseits für Men­schen eine Grundlage für die Zukunft sein, andererseits stehen damit der Wirtschaft in dieser Zeit in Mangelberufen Arbeitskräfte zur Verfügung. Das muss man ganz prag­matisch sehen.

Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bei Ihnen, Herr Bundes­minis­ter, für Ihre Initiative und Ihr Engagement in dieser Frage. (Zwischenruf des Bundes­rates Ofner.)

Zum Schluss möchte ich noch ein Detail am Rande ansprechen: Wir haben ja heute auch schon gehört, dass die freiheitliche Fraktion gegen dieses Gesetz ist. (Bundesrat Steiner: Aus gutem Grund!) Man kann gerne anderer Meinung sein, eine Diskussion sollte man aber immer führen. (Bundesrat Steiner: Ja, machen wir eh!) Für mich zeugt es eher nicht von großem Demokratieverständnis der freiheitlichen Fraktion, dass sie überhaupt gar nicht in Verhandlungen eingetreten ist und das Problem auch nicht lösen wollte. (Bundesrat Steiner: Was für ein Problem?! Hat es ja keines gegeben!) Eine solche Verweigerung ist sehr ungewöhnlich und ihr solltet das, diese Vorgangsweise vielleicht in der Zukunft noch einmal überdenken. – Danke fürs Zuhören. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Ofner: Wir sind am Boden der Rechtsstaatlichkeit! – Bundesrat Steiner: Wir sind am Boden der Rechtsstaatlichkeit, im Gegensatz zu den Sozialisten!)

11.20

Vizepräsident Michael Wanner: Danke.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile es ihr.