13.57

Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer auf der Galerie und via Livestream! Alles staatliche Handeln in der Gesetzgebung, in der Verwaltung und in der Gerichtsbarkeit muss aufgrund der Verfassung erfolgen. Als oberster Hüter der Verfassung leistet der Verfassungsgerichtshof einen wichtigen Bei­trag zum Schutz jedes Einzelnen und von Minderheiten, aber auch zur Sicherung des gesellschaftlichen Friedens in unserem Land. Unsere demokratische Gesellschafts­ordnung ist ja leider auch innerhalb Europas nicht überall selbstverständlich.

Der aktuelle Tätigkeitsbericht des Verfassungsgerichtshofes wurde damals noch von Bundesminister Dr. Moser dem Parlament zugeleitet; er kommt erst heute in den Bundesrat.

Ich muss Sie jetzt mit einigen Zahlen ein bisschen drangsalieren, und ich bitte darum, diese vorlesen zu dürfen:

Im Jahre 2018 wurden beim Verfassungsgerichtshof 5 665 neue Fälle anhängig. Das entspricht einer Steigerung von mehr als 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Ver­gleich zu 2014 beträgt die Steigerung sogar 89,15 Prozent. Für die Steigerung waren hauptsächlich die Asylrechtssachen und die Fälle aus dem Glücksspielrecht verant­wortlich.

2018 wurde mit Frau Dr. Brigitte Bierlein erstmals eine Frau Präsidentin, und Herr Univ.-Prof. DDr. Christoph Grabenwarter wurde als Vizepräsident ernannt. Obwohl aufgrund von Pensionierungen frei gewordene Richterstellen erst im Laufe des ersten Halbjahres nachbesetzt wurden, konnten trotz des erneut gestiegenen Arbeitsanfalls fast 5 500 Rechtsfälle erledigt werden. Die durchschnittliche Erledigungsdauer konnte sogar noch weiter verbessert werden. Sie betrug weniger als vier Monate.

Den 5 665 neu anhängig gewordenen Verfahren sowie den 1 339 aus dem Vorjahr übernommenen Verfahren standen 5 481 abgeschlossene Verfahren gegenüber. Durch die weiter gestiegene Zahl neuer Fälle ist leider die Zahl der zum Jahreswechsel noch offenen Verfahren angestiegen. Die Erfolgsquote für die Einschreiter ist aber nach wie vor niedrig, nur in 8 Prozent der Fälle gaben die Verfassungsrichter dem Beschwer­deführer recht. Demgegenüber stehen 2 144 Ablehnungen, 228 Zurückweisungen und 103 Abweisungen. Über Anträge auf Verfahrenshilfe wurde 2 487 Mal negativ entschie­den und es gab 81 sonstige Entscheidungen, zum Beispiel Einstellungen. Im Asylbe­reich wurden 2 830 Fälle erledigt.

Die Gesetzesprüfungsverfahren sind für uns natürlich besonders interessant, und ich darf berichten, dass es 538 Gesetzesprüfungsverfahren gab, bei denen 244 Normen einbezogen worden sind; lediglich drei Bundesgesetze und 74 Landesgesetze wurden beanstandet.

Ich greife jetzt einige Entscheidungen heraus, die von öffentlichem Interesse waren oder sind beziehungsweise auf starkes mediales Interesse gestoßen sind: Als nicht zulässig wurde das Verbot der Verrechnung von Entgelten für Bargeldbehebungen bei Geldausgabeautomaten erachtet. Die im Urheberrecht festgelegte prozentuelle Speichermedienvergütung wurde ebenfalls als verfassungswidrig erkannt, während gegen die Wartefrist für die Familienzusammenführung bei subsidiär Schutzberechtig­ten kein Einwand erhoben wurde.

Einzelne Bestimmungen betreffend die Bedarfsorientierte Mindestsicherung in den Bundesländern Niederösterreich, Burgenland, Oberösterreich und Wien wurden aufge­hoben. Die Selbsterhaltungsfähigkeit wurde als Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels erkannt.

Interessant ist auch, dass die Eintragung des Geschlechts bei intersexuellen Personen zulässig ist, ebenso die Einzeladoption durch einen ehemaligen gleichgeschlechtlichen Partner. Die Verpflichtung zur Durchführung von Endenergieeffizienzmaßnahmen ist als verfassungskonform erachtet worden.

Ich habe jetzt nur einige wenige Entscheidungen herausgegriffen. Der Bericht ist außerordentlich interessant und umfangreich, und ich möchte wirklich betonen, dass es unabdingbar ist, dem Verfassungsgerichtshof jede Hilfestellung zu geben, die er für seine wichtige Arbeit benötigt. So wäre es zum Beispiel wirklich hilfreich, wenn jeder Ständige Referent oder jede Ständige Referentin drei wissenschaftliche Mitarbeiter, Mitarbeiterinnen zur Verfügung gestellt bekommen würde.

Im Bericht wird ausdrücklich erwähnt, dass jede Beschleunigung der Erledigung von Asyl- und Fremdenrechtssachen zu einer Kostenersparnis in Millionenhöhe im Bereich der Grundversorgung führen würde.

Gerade im Licht der vorgestrigen Veröffentlichung möchte ich auch sagen, dass jede Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes Respekt verdient und auch anzuerkennen ist, auch wenn einem nicht jede Entscheidung – unter Anführungszeichen – „wirklich passt“. Das ist aber gesellschaftlicher Konsens.

Abschließend möchte ich allen Richterinnen und Richtern und allen Mitarbeitern am Verfassungsgerichtshof für die verlässliche Arbeit im Sinne unserer Gesellschaft dan­ken. Ihr Wirken bildet das rechtliche Fundament für alles, und die Raschheit der Erledi­gungen ist nicht nur national, sondern auch international vorbildlich; sie ist gegenüber 2017 noch einmal verbessert worden, nämlich von 140 auf 112 Tage. Dieses Ergebnis zeigt den Einsatz aller  vielen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP.)

14.04

Präsident Karl Bader: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Eli­sabeth Grossmann. Ich erteile ihr das Wort.