21.37

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Herr Minister! Ich möchte doch zu zwei Kritikpunkten kurz Stellung nehmen, weil das immer wieder kommt und man das jetzt natürlich bei allen Gesetzen, die in Zukunft kommen, immer wieder beeinspruchen könnte, indem man dann immer wieder sagt: Nein, das Finanz­amt hätte das machen müssen und nicht die Wirtschaftskammer!

Ich finde, das ist eine legitime Diskussion, darüber kann man diskutieren, das ist auch legitim; Frau Kollegin Zwazl und ich haben auch darüber diskutiert. Ich bin ja auch Obmann einer Fachgruppe in der Wirtschaftskammer, und ich möchte es noch einmal sagen: Ja, man kann darüber diskutieren, aber jetzt, da es schon eingespielt ist, und zwar schon seit Wochen, noch zu fordern, man müsse das im Nachhinein ändern, würde wirklich zu einer Verwirrung bei den Unternehmerinnen und Unternehmern führen. Es funktioniert, und das ist mir im Moment das Wichtigste – und das kann ich auch für meine Fachgruppe sagen. Die Informationen sind nachvollziehbar, sie sind verständlich, es gibt eine Hotline, bei der man relativ rasch eine Antwort und auch relativ rasch Hilfe bekommt, und ich bin froh, dass das jetzt auch funktioniert. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Die andere Kritik, die auch immer wieder kommt – die verstehe ich, weil es auch mir lieber wäre, es wäre anders –, ist, dass es keine Begutachtungsfrist und kein normales Prozedere im Parlament gebe. Mir wäre es auch viel lieber, wenn wir die Zeit hätten, das zu tun, aber wir können nicht so tun, als gäbe es die Krise jetzt nicht mehr und als hätten wir jetzt schon alles hinter uns. Das ist nicht so!

Was die derzeitigen Öffnungen, die wir jetzt versuchen, an Zahlen bedeuten, wissen wir in ungefähr eineinhalb, zwei Wochen. Dann können wir sagen: Ja, das hat gut funktioniert! – Ich bin optimistisch: Die Zahlen, die wir derzeit vorliegen haben, schauen gut aus, auch die neue Studie über die sogenannte Dunkelziffer schaut gut aus. Wir müssen aber immer wieder nachjustieren, und ja, es wird auch in der Zukunft, so leid es mir tut, Gesetze geben, die wir so schnell brauchen, dass es keine Begutachtung geben wird – weil es eine Krise gibt. Dort aber, wo es möglich ist, da bin ich mir ganz sicher, werden wir auch dieses normale Prozedere in die Wege leiten.

Worum geht es jetzt in diesen Gesetzen? – Wir beschließen ja einige Punkte, die für viele Menschen wichtig sind. Für manche sind es kleinere Punkte, aber für die Be­troffenen große Punkte, und sei es, nur als Beispiel, 0 Prozent Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb und die Lieferung von Schutzmasken – eine kleine, aber wichtige Maßnahme!

Ich wollte aber eigentlich etwas ganz anderes von dem, was wir hier beschließen, in den Vordergrund rücken, weil es mir den Anlass gibt, den Ball, den mir Herr Kollege Gross gegeben hat, weiterzuspielen und über die europäische Solidarität zu sprechen, die meiner Meinung nach ein Schlüssel sein wird.

Am Anfang der Krise gab es auch so etwas wie Europaverdruss. Man hat irgendwie den Eindruck gehabt, dass Europa nicht funktioniert, dass Europa ausgedient hat, dass es nicht funktioniert hat. – Es mag schon sein, dass die Europäische Union in ihrer Vielschichtigkeit mit 27 Mitgliedstaaten – es sind eigentlich noch 28, also 27,5, muss man jetzt sagen, weil ein Prozess ja noch nicht ganz zu Ende ist – nicht so schnell agieren kann. Das haben wir auch gelernt.

Die Zeit der Europäischen Union – davon bin ich überzeugt – kommt aber; sie kommt. So, wie wir – das haben wir heute auch schon besprochen – gelernt haben, was Solidarität in Österreich bedeutet, nämlich dass wir einander helfen, dass es mir nur gut geht, wenn es dem anderen, meinem Nachbarn gut geht, werden wir das auch in der Europäischen Union sehen.

Heute beschließen wir eine Ermächtigung des Finanzministeriums: Wir leisten 650 Mil­lionen Euro für den Garantiefonds der EU. Die Europäische Investitionsbank errichtet damit einen EU-weiten Garantiefonds in der Höhe von insgesamt 25 Milliarden Euro, den sie auch selbst verwalten wird. Der Fonds soll Garantien für die EIB und den Europäischen Investitionsfonds bereitstellen. Diese Finanzierungen sollen vor allem KMUs zugutekommen, dieses Geld wird für KMUs innerhalb der EU mobilisiert. Ge­fördert werden allerdings nur diejenigen, die auch dazu beitragen, und Österreich wird jetzt ein Staat werden, der dazu beiträgt – und das ist gut so.

Wir begrüßen diese europäische Solidarität genauso wie den zweiten Punkt, den wir heute beschließen, nämlich die 720 Millionen Euro für Sure. In diesem EU-Programm geht es um die Kurzarbeit. Es soll zinsgünstige Kredite von insgesamt bis zu 100 Mil­liarden Euro an besonders betroffene Mitgliedstaaten ermöglichen. Warum ist das so wichtig? – Ich bin ja, muss ich gestehen, kein großer Anhänger des Begriffs der neuen Normalität, ich bin ja eher ein Anhänger des Begriffs der neuen Chancen, der neuen Perspektiven, die auch durch eine Krise entstehen können. Ich glaube, wir sollten jetzt nicht immer wieder sagen, wie schlecht alles ist und wie kaputt alles ist; ihr wisst, wie wichtig auch Hoffnung und Psychologie sind, auch für die Wirtschaft. Es gibt Chancen, und diese Chancen werden wir erarbeiten.

Worin investieren wir, um die Konjunktur voranzubringen? – Dazu hat die Europäische Union mit der neuen Kommission ein hervorragendes Instrumentarium entwickelt, das sich Green New Deal nennt. Auch die Gelder, die wir heute hier beschließen, sollten wir als ersten Schritt für diesen Green New Deal sehen, als Schritt, um dort zu helfen, wo die Zukunft liegt, und die Zukunft liegt eindeutig in Green Jobs und in Klima­schutz­maßnahmen. Das schafft Jobs, das schafft Arbeitsplätze und das forciert die Wirt­schaft. Das bringt den Wirtschaftskreislauf auch wieder stark in Schwung. Wir tun damit etwas für unsere zukünftigen Generationen, und deswegen sollten wir diese Punkte auch beschließen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

21.43

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Mag. Reinhard Pisec. – Ich erteile es Ihnen, Herr Bundesrat.