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Bundesrat Thomas Schererbauer (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Werte Regierungs­mitglieder! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Dienstag, 5. Mai, wir hal­ten durch.

Veranstalter von abgesagten Kunst-, Kultur- und Sportereignissen müssen nach einem Mehrheitsbeschluss des Nationalrates den Ticketpreis nicht rückerstatten, stattdessen soll eine Gutscheinlösung das Problem beheben. Die Regelung lautet: Tickets bis 70 Euro – Gutschein in Höhe des Ticketpreises; Tickets von 70 bis 250 Euro – Gut­schein bis 70 Euro und Rückerstattung des Differenzbetrages; Tickets über 250 Euro – Rückerstattung von 180 Euro und Gutschein für den Differenzbetrag. Wurden mehrere Tickets auf einmal erworben, zum Beispiel bei Festivals, ist jede einzelne Buchung beziehungsweise jeder einzelne Veranstaltungstag gesondert zu behandeln.

Auf den ersten Blick vermag dieses Gutscheinmodell unmittelbare Liquiditätsprobleme von Veranstaltern zu lösen. In der Praxis wird es jedoch nur für große Festivals, Top Acts und Abomodelle eine temporäre Erleichterung bringen, also für Veranstaltungen, bei denen die Karten lange im Voraus erworben werden. Für die vielen kleinen Kultur­initiativen und Kulturveranstalter ist das Modell jedoch weder praktikabel noch ziel­führend. Explizit in der freien Kulturszene erfolgt der Kartenvorverkauf wesentlich kurz­fristiger. Ist bereits alles abgesagt, können auch keine Tickets mehr verkauft werden, die zurückzuerstatten sind.

Finanzielle Auswirkungen der Coronakrise werden in die Zukunft verschoben. Weder lässt sich das Kontingent an Tickets, die pro Veranstaltungsstätte verkauft werden kön­nen, beliebig steigern, noch ist die Anzahl der Veranstaltungen, die nachgeholt werden können, beliebig steigerbar. Werden jetzt Gutscheine für zukünftige Veran­staltungen ausgestellt, fehlen die Einnahmen später, wenn die Gutscheine eingelöst werden.

Die finanziellen Auswirkungen werden in die Zukunft verschoben, ein finanzielles De­saster auf Raten wird die Folge sein. In der Konsequenz heißt das auch, dass die Grundlage für alle Hilfsmaßnahmen verfälscht wird, bei denen Einnahmeneinbußen infolge der Covid-19-Krise geltend gemacht werden beziehungsweise vielleicht zukünf­tig geltend gemacht werden können.

Anstelle öffentlicher Hilfszahlungen oder Kompensationen für die unverschuldeten Aus­fälle der Veranstalter muss das Publikum einspringen, obwohl es ein Modell staatlicher Garantien für Überbrückungskredite zur Sicherung der Liquidität gibt. Stattdessen gibt es nun quasi Privatdarlehen des Publikums, um die Veranstalter und den Kulturbereich zu sichern. Der Verzicht auf 70 Euro gilt dabei als sozial verträglich, als kein Luxus, egal, wie hoch das Einkommen der Betroffenen ist.

Eine ähnliche Regelung für Covid-19-Gutscheine anstelle einer Rückerstattung gibt es übrigens in Deutschland. Dort ist jedoch explizit vorgesehen, dass Konsumenten, die aus persönlichen Gründen eine Erstattung des Eintrittspreises benötigen, diese auch verlangen können.

Anstatt Wege zu finden, wie wir alle gemeinsam solidarisch durch die Krise finden, unabhängig ob großer Kulturbetrieb oder kleiner Kulturverein, verschärft dieses Gesetz zur Sicherung des Kunst- und Kulturlebens die Schieflage weiter.

Ich darf dahin gehend zwei Entschließungsanträge einbringen:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Thomas Schererbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dring­liche Herstellung von Planbarkeit, Sicherheit und realitätsnahe Vorgaben für den heimi­schen Kunst- und Kulturbereich“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffent­lichen Dienst und Sport werden aufgefordert, ehebaldigst einen konkreten, realitäts­nahen und umsetzbaren Plan vorzulegen, der geeignet ist, die dringend erforderliche Planbarkeit, Rechtssicherheit und Klarheit für die Tätigkeit der heimischen Kunst- und Kulturschaffenden sicherzustellen.“

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Der zweite Entschließungsantrag lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Thomas Schererbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „In­sol­venz­sicherung für auf Grundlage des Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetzes ausgegebene Gutscheine“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die eine Insolvenzsicherung für alle auf Grundlage des Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetzes ausgegebenen Gutscheine sicherstellt.“

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Meine sehr geehrten Damen und Herren, was mich als Sportler sehr beschäftigt und mir große Sorgen macht, ist die aktuelle Situation der vielen Sportvereine, die ver­zwei­felt auf eine baldige Rückkehr zur Normalität hoffen und mit massiven Existenzängsten zu kämpfen haben.

Fußball-, Lauf-, Volleyballvereine und so weiter haben ihre Anlagen bereits für die Saison vorbereitet, ohne allerdings zu wissen, wann dort Personen wieder Sport aus­üben dürfen. Kommen zu laufenden Kosten ausbleibende Mitgliedsbeiträge, drohen ohne Finanzhilfe große Probleme bis hin zur Pleite. Für die Vereine der heimischen Fußball-Bundesliga wird es richtig eng werden, sollte die aktuell unterbrochene Saison nicht wieder fortgesetzt werden. Sollten keine Zuschauereinnahmen, keine TV- und Sponsorengelder fließen, wären im September nur noch drei Klubs zahlungsfähig: Red Bull Salzburg, Sturm Graz und LASK Linz.

Noch eine kurze persönliche Botschaft an unseren Herrn Gesundheitsminister Anschober: Es wäre längst an der Zeit, sich mit Antworten auf folgende Fragen an die Bevölkerung zu wenden: Wie können wir unser Immunsystem stärken? Wie wichtig ist gesunde Ernährung mit regionalen Produkten? – Und vieles mehr. Positive Signale senden, in einer Zeit, die einem Großteil der Menschen in diesem Land so vieles abverlangt, auch das würde ich mir von einem Gesundheitsminister wünschen und erwarten. (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend noch ein Appell an den Sportminister: Viele Bürgerinnen und Bürger haben aufgrund der Ausgehbeschränkungen und den geschlossenen Sportstätten be­reits mit Herz-Kreislauf-Problemen zu kämpfen. Kinder und Erwachsene leiden durch Bewegungsmangel bereits an Übergewicht. Und ja: Nicht jeder und jedem steht ein großer Garten oder ein Wald für sportliche Aktivitäten zur Verfügung, doch gibt es so viele Möglichkeiten, dieser Entwicklung in den eigenen vier Wänden mit wirksamen Übungen entgegenzuwirken. – Herr Vizekanzler und Sportminister Kogler, es liegt auch in Ihrer Verantwortung, diesbezüglich Akzente zu setzen. Sollte meine Expertise dazu benötigt werden, biete ich sie gerne an. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

0.11

Präsident Robert Seeber: Der von den Bundesräten Thomas Schererbauer, Kolle­ginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „dringliche Her­stellung von Planbarkeit, Sicherheit und realitätsnahe Vorgaben für den heimischen Kunst- und Kulturbereich“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Ver­handlung.

Weiters ist der von den Bundesräten Thomas Schererbauer, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend  „Insolvenzsicherung für auf Grundlage des Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetzes ausgegebene Gutscheine“ genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Christine Schwarz-Fuchs. Ich erteile dieses.