2.33

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Also ich möchte um halb drei in der Früh nicht – wie Frau Kollegin Zwazl – diskutieren, welche Formulare welcher Unternehmer wo und wie ausfüllen möchte. Darum geht es eigentlich gar nicht. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ. – Bundesrat Köck: Musst eh nicht!)

Ich hätte mir auch nie gedacht, dass ich als Unternehmer meiner Kollegin, Bundesrätin Kahofer von der SPÖ, fast eins zu eins recht geben muss, weil die Wirtschaftspartei ÖVP die Wirtschaft eigentlich verlassen hat. Ihr seid für die Wirtschaft nicht mehr vorhanden.

Wir haben heute schon zweimal ausführlich über das Thema Wirtschaft gesprochen, daher sei es mir um diese Uhrzeit erlaubt, darauf nur noch kurz einmal einzugehen. Dieser Antrag ist deswegen wirklich interessant, da er jetzt schon ein historisches Dokument ist. (Ruf bei der ÖVP: Ja, bestimmt!) Nämlich niemand Geringerer als IV-Chefökonom Dr. Christian Helmenstein, immerhin der viertmeistzitierte Ökonom Österreichs, sagt am 12. März – am 12. März, vier Tage vor dem Lockdown –, dass die Wirtschaftskrise, im Vergleich zu heute, klein ist und wir diese und jene Maßnahmen ergreifen müssen, damit dieser kleine Rückgang des Wirtschaftswachstums nicht ein­tritt. Das sagt er am 12. März, am Donnerstag, da keiner gewusst hat, was ihr über das Wochenende geplant habt, was ihr bezüglich der Wirtschaft ausgemacht habt, über die aus heiterem Himmel am Montag – am Sonntag habt ihr das beschlossen – dieser von euch verordnete Lockdown hereingebrochen ist.

Damit habt ihr die Wirtschaft getroffen! (Die BundesrätInnen Buchmann und Zwazl: Freitag!) – Nein, am Sonntag war’s! (Bundesrat Köck: Geh, hör doch auf!) Samstag, Sonntag arbeitet man nicht, ihr habt das am Freitag gemacht, immer zur nächtlichen Stunde. Am Montag stand dann jeder vor seinem geschlossenen Büro. Ich habe auch Anrufe von meinen MitarbeiterInnen bekommen: Sollen wir überhaupt arbeiten oder nicht? Ich habe auch nicht gewusst, was ihr da am Wochenende fabriziert habt.

Das ist das Problem: Ihr habt das Ausmaß der Krise dynamisiert! Das ist hausgemacht, das kann man nicht alles auf Corona abwälzen. Am Donnerstag hat es keiner gewusst, und ihr habt all die Unternehmen, die ganze österreichische Wirtschaft ungeplant in diesen Lockdown schlittern lassen. Das war und ist das Hauptproblem. (Beifall bei der FPÖ.)

Das (ein Schriftstück in die Höhe haltend) ist die Dokumentation. Die ganze Indus­triellenvereinigung hat das nicht gewusst, das hat kein Betrieb gewusst. Ob es die Wirtschaftskammer gewusst hat? – Das mag schon sein. Ihr habt ja die Wirtschaft verlassen, ihr habt ja einen Dienstleistungsvertrag, einen Millionenvertrag abgeschlos­sen (Bundesrätin Zwazl: Entschuldigung, das ist ...!), deswegen hast du jetzt so aus­führlich über dieses Prozedere gesprochen, welche Formulare wo wie auszufüllen sind. (Bundesrätin Zwazl: Über Formulare habe ich gar nicht gesprochen! Ich habe über den Zugang ...!) – Diese Bürokratie, entschuldige, interessiert keinen Unternehmer! Ein Unternehmer möchte Umsätze machen, möchte sich am Markt behaupten und möchte für seine Mitarbeiter und, ja, für die Gesellschaft da sein und seine Dienstleistungen erbringen! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir brauchen schnell eine Steuerreform, die diesen Namen verdient – keinen Publi­citygag und die x-te Ankündigung: Sie kommt schon, sie kommt schon! – Bundes­kanzler Kurz ist ja schon fast drei Jahre lang Kanzler. Wo ist diese Steuerreform? Wo ist sie? – Sie kommt nicht. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wir brauchen schnelle finanzielle Unterstützung für unsere 350 000 KMUs, für unsere Klein und Mittelbetriebe – nicht Ankündigungen und Anleitungen, welche Formulare wo und wie ausgefüllt werden müssen, damit vielleicht zwischen 500 Euro und 1 000 Euro hereinkommen. Das ist ja nichts. Wie soll ein Unternehmer damit persönlich überleben, individuell etwas machen, geschweige denn seine Firma auch nur annähernd fortführen können? (Ruf: Lächerlich!) – Ja, das ist lächerlich.

Wir brauchen einen Maßnahmenkatalog, mit dem wir dieses unglaubliche Desaster nur annähernd – ich rede nur von einer Annäherung – in die richtigen Bahnen lenken können, wissend, dass das Coronavirus uns wahrscheinlich noch weiter begleiten wird.

Dieser unverhoffte, viel zu schnelle, viel zu radikale Lockdown hat die Wirtschaft we­sentlich mehr geschädigt, als es überhaupt notwendig gewesen wäre. Deswegen ist das (nochmals ein Schriftstück in die Höhe haltend) für mich – und nicht nur für mich – ein interessantes zeitgeschichtliches Dokument.

Wir brauchen daher Maßnahmen, wesentlich mehr Maßnahmen, als da überhaupt be­schlossen worden sind – beschlossen können sie ja sein, aber sie funktionieren nicht –, die die Wirtschaft irgendwie in die richtige Richtung bringen und den Mitarbeitern im dritten oder vierten Quartal – oder wann auch immer es in die richtige Richtung gehen kann – eine Vollbeschäftigung sichern. Aber abschließend noch einmal, und darum geht es: Dieser radikale Effekt ist von der schwarz-grünen Regierung hausgemacht. (Beifall bei der FPÖ.)

2.38

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. – Herr Bundesrat, ich erteile Ihnen das Wort.