17.33

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Zuerst zu den Unterwegs­kontrollen: Wie wichtig Unterwegskontrollen sind, zeigt die Statistik eindeutig. Es ist ja durchaus erschreckend, was da auf den Straßen alles rollt und in welchem Umfang Fahrer unter Druck stehen und Ruhebestimmungen nicht einhalten – ich sage dazu: nicht einhalten können.

Gerade heute übrigens findet man auf der Vorarlbergseite der Homepage des ORF unter Chronik solch einen Bericht: Ein Lkw wurde heute Vormittag auf der Rheintal-Autobahn aufgehalten, da schon Diesel ausgetreten ist. Es hat zehn Beanstandungsgründe gege­ben, und sechs, sieben davon waren schwere Mängel. Der Lkw durfte nicht weiterfahren, die Nummerntafel wurde abmontiert. – Man sieht also schon an diesem Beispiel, wie wichtig dieses Thema eigentlich ist.

Ein paar Fakten dazu aus diesem Bericht: 2019 wurden 211 000 Fahrzeuge – ich war von dieser Zahl selbst beeindruckt – „mit Verdacht auf technische Mängel“ einer sogenannten „anfänglichen technischen Unterwegskontrolle“ – das ist im Großen und Ganzen eine Sichtprüfung von geschultem Personal – unterzogen. Fast 22 000 Fahr­zeuge davon wurden dann einer gründlicheren technischen Kontrolle zugeführt, weil es einen Anfangsverdacht gegeben hat. Dabei wurden 13 000 Fahrzeuge ausfindig gemacht, die so schwere Mängel hatten, dass sie eigentlich nicht mehr verkehrs- und betriebssicher waren. Diese durften dann zwar weiterfahren, mussten aber umgehend in der nächsten Werkstätte repariert werden. Über 5 000 Fahrzeuge wiesen derart schwere Mängel auf, dass Gefahr im Verzug war. Diese Fahrzeuge durften nicht mehr weiter­fahren; die Nummerntafeln wurden abmontiert, die Zulassungsscheine eingezogen.

Das zeigt übrigens auch die hohe Effizienz der Kontrollen in Österreich, was im Bericht zu Recht hervorgehoben wird. Warum? – Also von diesen knapp 22 000 Fahrzeugen, die einer gründlicheren Kontrolle zugeführt wurden, hatten 13 000 schwere Mängel. Das sind 60 Prozent. Das zeigt ganz klar, dass die erste Kontrolle sehr professionell durch­geführt wird und diese Leute eine gute Einschätzung haben, denn der Durchschnittswert in Europa liegt bei 7,6 Prozent. Unsere Behörden schaffen da 60 Prozent.

Die Überwachung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der Kontrollaktivitäten. So wurden 2019 bei 107 000 Fahrern 1,8 Millionen Arbeitstage kontrolliert. Dabei wurden knapp 160 000 Verstöße gegen die Sozialvor­schriften festgestellt. Dies betrifft Ruhezeiten, Lenkzeiten, Manipulationen und zeigt eindrücklich, finde ich, welche Bedeutung diese Kontrollen vor allem für die Sicherheit haben. Nach wie vor ist der Blutzoll auf Österreichs Straßen enorm: Jedes Jahr gibt es 400 Tote und 50 000 Verletzte auf Österreichs Straßen.

Diese Kontrollen sind wichtig für die Sicherheit, aber auch für den Umweltschutz, da auch die Emissionsrückhaltesysteme überprüft werden. Es zeigt sich darüber hinaus, wie wichtig die Kontrollen gerade für eine Gruppe, nämlich die Fahrerinnen und Fahrer sind, die ohnehin sehr harte Arbeitsbedingungen haben. Diese Kontrollen dienen ihrem Schutz. Wenn es auch für die Fahrerinnen und Fahrer vielleicht einmal unangenehm ist, sie dienen dem Schutz und der Sicherheit der Fahrzeuge, die sie lenken. Es dient der Unterstützung, dass sie ihre Ruhezeiten einhalten können. Eines ist dabei schon klar: Die Fahrerinnen und Fahrer dürfen nicht zum Buhmann gemacht werden. Es liegt schon an den Spediteuren und an den Marktbedingungen.

Abschließend zu diesem Bericht sage ich ein Danke an die Leute vor Ort. Sie haben einen guten Job gemacht, obwohl es sicher nicht immer so lustig ist, Fahrzeuge aufzu­halten und Nummerntafeln abzumontieren.

Zum Verkehrstelematikbericht, der in der Struktur ein bisschen komplexer ist: Wer hineingeschaut hat sieht, dass er sehr technisch gehalten ist, gleichwohl aber finde ich ihn spannend, weil er einen Blick in die Zukunft erlaubt. Wie kaum ein anderes Thema ist die Mobilität ein Feld der Digitalisierung. Es geht dabei maßgeblich um Verkehrs­steuerung, Verkehrslenkung, Kommunikation von Fahrzeugen untereinander sowie bei­spielsweise auch Ordnungssysteme, Navigationssysteme, Bezahlsysteme, Informa­tions­an­gebote für die Wegeplanung und so weiter.

Was so technisch klingt, kennen Sie alle, beispielsweise von der ÖBB-App bis hin zum Ö3-Verkehrsservice. Dahinter stecken eigentlich ganz beeindruckende Informations­systeme, um in Echtzeit Verkehrsinformationen weitergeben zu können.

Das berührt einen wichtigen Punkt, nämlich die Verknüpfung von Daten und Infor­mationssystemen, um damit einen insgesamt größeren Nutzen zu generieren. Dabei geht es ganz stark um das Thema Multimodalität, also die einfache Nutzung mehrerer Verkehrsmittel, wenn man einen Weg zurücklegt, um zum Beispiel Bus, Bahn, Leihrad oder Carsharing hintereinander zu nutzen.

Um das planen und buchen zu können braucht es Digitalisierung, und es ist gleichzeitig natürlich auch eine wichtige Voraussetzung für den Klimaschutz. Diese Entwicklungen halte ich für besonders wichtig, weil wir ein Umsteigen auf andere Verkehrsträger – auch auf das Fahrrad und auf ÖV – nur schaffen werden, wenn das einfach geht, wenn es leicht ist, Informationen zu kriegen, eine Reise zu planen, wenn es beispielsweise auch einfach ist, zu bezahlen – einfache Ticketzustellung, einfache Tarifgestaltung und so weiter.

Der Telematikbericht gibt einen breiten Überblick, was sich in Österreich tut, inklusive Rechtsgrundlagen. Plattformen, Schnittstellen und so weiter werden skizziert. Ein Beispiel: Die Verkehrsauskunft Österreich ist wirklich eine tolle Sache und auch im europäischen Umfeld herausragend. Schauen Sie einmal auf die Homepage! Das ist wirklich sehr beeindruckend, was die alles machen. Die Mobilitätsplattform Österreich – auch kaum bekannt – von Austria Tech sammelt und verknüpft wirklich sehr, sehr umfangreich Mobilitätsdaten. Da finden Sie Informationen über Fahrpläne, über Straßen­zustände, über Verkehrssituationen, über Verkehrsbeschränkungen. Da finden Lkw-Fahrer Infos, an welchem Rastplatz noch wie viele Stellplätze verfügbar sind. Da finden Sie Informationen, wo es in Österreich Ladestationen für E-Fahrzeuge gibt, welche ÖV-Güteklassen in welchem Raum anzutreffen sind und so weiter.

Ich möchte einige wenige sehr spannende Projekte, die da in diesem umfangreichen Bericht skizziert sind, ganz kurz anreißen – zum Beispiel das Projekt KoopHubs, also Cooperationhubs, ein Projekt in Wien. Da geht es darum, wie man Distributionssysteme auf das Fahrrad verlagern kann. Das Ziel ist, möglichst viel an Gütertransportsendungen über Lastenräder zu machen. Da zeigen uns eigentlich viele Studien, obwohl Lasten­räder natürlich weniger Kapazitäten haben als ein Lkw – no na –, dass sehr, sehr viel damit gemacht werden könnte. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt – das ist ja eine bekannte Forschungseinrichtung und hat ein Institut für Verkehrs­for­schung – schätzt zum Beispiel, dass 23 Prozent des gesamten Wirtschaftsverkehrs in Deutsch­land mit Lastenrädern bewerkstelligt werden könnte. Ich denke, das ist ein sehr, sehr großes Potenzial.

Ein Projekt widmet sich beispielsweise der Implementierung des sogenannten E-Calls. Da geht es um automatische Notrufdienste. Wenn Sie mit dem Auto einen Unfall haben, dann erkennt das dieser Dienst, und es wird sofort an die nächstgelegene Zentrale ein Notruf abgesetzt, er kann aber auch manuell ausgelöst werden, es werden Daten übermittelt, wo Sie genau sind, was das für ein Fahrzeug ist und so weiter, und es wird automatisch eine Sprachverbindung hergestellt – auch eine tolle Sache.

Ein weiteres Beispiel ist das Projekt My Corridor, bei dem es darum geht, Auto­fah­rerinnen, Autofahrer zu vernetzen und gemeinsame Mobilitätsdienstleistungen anzubie­ten, sodass man auf das eigene Auto als Besitz verzichten kann und die Autos gemein­sam nutzt. Sehr wichtig finde ich auch sogenannte Be-In/Be-Out-Ticketingsysteme, bei denen man keine Fahrkarte mehr kaufen muss, weder am Automaten noch über das Internet, sondern sie funktionieren mit dem Smartphone. Ein Beispiel aus Vorarlberg ist das sogenannte Fairtiq, das ist eine App und diese wird einmal eingerichtet. Sie steigen in ein Verkehrsmittel ein, drücken auf Start, und wenn Sie am Ziel sind, drücken Sie auf Stopp, und das war es. Die App rechnet das dann ab und Sie bekommen die Garantie, dass das zum günstigsten verfügbaren Tarif erfolgt.

Sehr spannend ist auch beispielsweise der Dienst Traffic Alert des ÖAMTC. Das ist ein Tool, bei dem Pendlerinnen und Pendler, sagen wir im Auto, ihre Strecke und auch den Zeitpunkt definieren können. Sie möchten zum Beispiel am selben Tag um 16 Uhr eine gewisse Strecke nach Hause fahren, die Strecke wird überwacht, analysiert und Sie bekommen eine Pushmeldung, wie lange Sie brauchen, ob es Stau oder keinen Stau gibt und so weiter. Das gibt es inzwischen auch für Öffi-Routen.

Ja, Mobilität ist mehr. Mobilität ist ein Grundbedürfnis und muss für alle frei, ökologisch und leistbar zur Verfügung stehen. Dazu gehören vor allem Veränderungen im Modal Split, weg vom motorisierten Individualverkehr hin zum ÖV, zum Fahrrad und so weiter, und dazu braucht es digital unterstützte Systeme. Sehr beeindruckend finde ich, zu lesen und zu sehen, was sich da in Österreich eigentlich alles tut. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.45

Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Nächster Redner ist Bundesrat Dr. Peter Raggl. – Bitte, Herr Bundesrat.