9.17

Bundesrat Robert Seeber (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Minister! Ich darf heute zu einem Thema sprechen, das den Terrorismus beziehungsweise den Extremismus in Österreich betrifft. Ich mache dies vor dem Hintergrund des letzten Sicherheitsberichtes beziehungsweise der Kriminalstatistik, weil es ganz gut ist, das in einen entsprechenden Kontext zu bringen.

Wir alle wissen, dass wir ein kleines Land im Herzen Europas sind, meine Damen und Herren. Wir sind ein sehr wohlhabendes Land im Westen, und Sie werden schon erah­nen, warum ich das so sage – das wird sehr viel mit meinem Thema heute zu tun haben. Was ich vorwegnehmend sagen darf, was wir auch alle wissen und in den Medien sehen, ist, dass es bei allen Straftaten, die in Österreich passieren, einen eindeutigen Trend gibt, und zwar den Trend zu Internetkriminalität – ich werde das nachher noch erwäh­nen –; diese ist um 45 Prozent gestiegen.

Im letzten Sicherheitsbericht wurde angeführt, dass es 489 000 Straftaten gab, von de­nen 52,5 Prozent aufgeklärt wurden. Das heißt, unsere Exekutive, unsere Polizistinnen und Polizisten erreichen einen Aufklärungsgrad, dass jedes zweite Delikt aufgeklärt wird. Das spricht, möchte ich meinen, von einer sehr hohen Einsatzmotivation beziehungs­weise auch von einer hohen Effizienz unserer Exekutive. Ich darf in diesem Zusammen­hang unserer Polizei sehr herzlich dafür danken. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was wir auch erkennen können, ist, dass die klassischen Delikte wie Einbruch und Diebstahl im Abnehmen, aber die Delikte betref­fend die Gewalt und Wirtschafts- und Internetkriminalität stark im Steigen begriffen sind. Das heißt, die Polizei muss sich auch intern im Cyberbereich wappnen, durch eine eige­ne IKT-Infrastruktur, und dafür werden auch 30 Millionen Euro in die Hand genommen, um auch sogenannte Cybercops, Spezialisten, im Bundeskriminalamt zu installieren, um dieser Herausforderung gerecht zu werden.

Ein anderes Thema – auf das ich jetzt nicht so genau eingehe –: Es wurde im Jahr 2018 auch eine Taskforce für den Bereich Sozialbetrug gegründet.

Was den Personalstand betrifft, so ist, wenn wir uns in einer so herausfordernden Zeit befinden, klar: Man hat ja 1 000 Personen im Jahr 2019 und auch im heurigen Jahr wie­der 700 Personen aufgenommen – und das, Herr Minister, ist das, was wir brauchen. Danke für diese Initiativen in diesem Bereich.

Wenn ich sage, wir sind ein Land im Herzen Europas, möchte ich, bevor ich zum eigent­lichen Thema Terrorismus komme, auch den Grenzschutz, der damit unmittelbar im Zu­sammenhang steht, erwähnen. Man hat sich auf EU-Ebene – darf ich erwähnen – auf ein Commitment geeinigt: dass wir eine stringente Politik brauchen, einen systemischen Ansatz, was die Hilfe vor Ort und eine rasche Rückführung ins Herkunftsland betrifft. Man hat sich auf einen Grundsatzbeschluss geeinigt.

Natürlich gibt es auch im Extremismus verschiedene unterschiedliche extremistische Gruppierungen, meine Damen und Herren, die sich zunehmend bewaffnen und radikali­sieren. Das bedeutet eine enorme Herausforderung. Am rechten Rand sind das die Iden­titären und die Staatsverweigerer, und die sind natürlich auch sehr offen für Verschwö­rungstheorien. (Zwischenrufe der Bundesräte Hübner und Steiner.) Wenn wir uns die Demonstrationen in Berlin anschauen, bei denen die sich mit den Covid-19-Demonstran­ten vermischen, dann, muss man sagen, ist das eine große Herausforderung für die Polizei; deswegen erwähne ich das hier. (Bundesrat Steiner: Und die Linksradikalen vermischen sich mit dem Schwarzen Block! Das vergessen Sie auch immer wieder zu erwähnen! Immer dasselbe!)

Was aber über diesem ganzen Thema steht, ist, dass wir eine anhaltende Bedrohung durch den islamistischen Terror in Österreich haben, und da, meine Damen und Herren, müssen wir zwischen den salafistisch-dschihadistischen Gruppierungen und dem IS un­terscheiden. Die Zahlen betreffend deren Anhänger sind zwar rückläufig, aber diese Gruppierungen haben ein hohes Mobilisierungspotenzial, wie wir gesehen haben, und im Prinzip neue Propagandamöglichkeiten auf Social Media. Natürlich ist auch Al Kaida noch weltweit tätig. Und alle Gruppierungen – das ist ganz interessant und auch eine Bedrohung für unsere Gesellschaft – haben eines gemein, und zwar: Man kommt zu ganz einfachen Waffen. Man macht die Anschläge entweder mit einem Auto oder mit einem Messer oder mit einer Waffe. Wir haben das noch vom 2. November in Erinne­rung, es wurde heute bereits erwähnt. Das heißt, diese Foreign Terrorist Fighters sind ein sehr schwer kalkulierbares Risikopotenzial für Österreich.

Es gibt, meine Damen und Herren, Probleme bei der Reintegration verurteilter Straftäter. Das ist ein Thema, welches uns in Österreich und das Innenministerium sehr beschäftigt, und daher gibt es diese Präventions- und Deradikalisierungsmaßnahmen; auch ein bun­desweites Netzwerk, das sogenannte BNED, wurde geschaffen, und darauf aufbauend ein Aktionsplan. Das ist der richtige Weg.

Meine Damen und Herren, wenn ich Rechtsextremismus sage, dann nehmen Sie das jetzt einmal ganz objektiv an, ich beziehe mich da auf den Sicherheitsbericht. Es ist ein Faktum: Wir haben einen Rechtsextremismus und einen Linksextremismus; ich spreche hier von den äußeren Rändern. Auf der einen Seite ist das in der Fremdenfeindlichkeit, im Antisemitismus begründet, auf der anderen Seite gibt es eine Spaltung am linken Rand in marxistisch-leninistische beziehungsweise anarchistische Gruppierungen. Das bietet natürlich bei den Demonstrationen, bei denen diese Ränder aufeinandertreffen, auch für die Polizei ein enormes Herausforderungspotenzial. Das ist eine Situation, die sehr schwierig ist und in Zeiten wie diesen auch immer schwieriger wird.

Das heißt, die Polizei ist sehr gefordert, und nicht nur vor Ort, sondern auch im Innenbe­reich, was die digitale Sicherheit betrifft. Da muss man sich gegenüber Hackerangriffen wappnen. Sie wissen alle, jeder hat ein Tablet, die technische Entwicklung schreitet schnell voran, und die kriminelle Seite ist oft auch einen Schritt voraus.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz auf dieses Attentat vom 2. Novem­ber dieses Jahres eingehen. Im Zuge dessen wurde die Operation Luxor gestartet. Das heißt, 930 Beamte waren im Einsatz, um gegen die Terrorfinanzierung, gegen Geldwä­sche tätig zu werden und auch um die Gründung von Terrororganisationen zu verhin­dern. Es wurden 20 Millionen Euro beschlagnahmt; das heißt, es sind da enorme Sum­men im Umlauf.

Die Regierung zeigt – und das hier zu erwähnen ist mir wichtig –, dass es ihr mit dem Kampf gegen diese radikalen Ideologien ernst ist. Eine dieser radikalen Ideologien ist die Muslimbruderschaft, die andere ist die Hamas, ein Ableger davon, der gegen Israel gerichtet ist. Das sind Ideologien, die Hass in unserer Demokratie verbreiten wollen, die eine enorme Zerstörungskraft haben, die unsere europäischen Grundwerte angreifen. Denen gilt es entschieden entgegenzutreten, und das wird von unserer Seite auch ge­macht. – Ein herzliches Dankeschön an die Exekutive! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine Damen und Herren! Die Polizei klärt das unmittelbare Umfeld des Attentäters auf, aber auch den Hintergrund, die sogenannten Hasssäer. Was braucht es dazu? – Der Landeshauptmann meines Heimatbundeslandes, Thomas Stelzer, hat einmal das The­ma Sicherungshaft zur Diskussion gestellt. Ich weiß, es ist nicht ganz einfach, was die verfassungsrechtliche Sicht betrifft, aber eines ist klar: Wie immer man dazu steht, die Sicherungshaft ist ein Thema, das man aufgreifen kann beziehungsweise muss, um dem Herr zu werden. (Bundesrat Steiner: Steht das nicht im Koalitionsabkommen?) Ja, es ist gefährlich, aber es muss möglich sein, das in den normalen Maßnahmenvollzug zu integrieren. Entscheidend für mich ist: Wir brauchen eine Handhabe, um dem Terroris­mus beziehungsweise den Gefährdern entsprechend entgegentreten zu können. Die Diskussion über dieses Thema muss erlaubt sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich erwarte mir generell ein Ende einer falsch verstandenen Toleranz und endlich ein Bewusstsein in der EU, wie gefährlich die Ideolo­gie des politischen Islam ist. (Bundesrat Steiner: Was ist mit eurem Regierungspartner? Musst mit deinen grünen Freunden reden! Da drüben sitzen sie!) Diese Ideologie des politischen Islam ist zersetzend für unsere Freiheit und für unsere europäischen Werte.

Das heißt, wir sind gefordert, im Austausch zwischen den Staaten, speziell Frankreich, Deutschland und Österreich, zu bekräftigen: Das Vorgehen – und das sage ich hier ganz dezidiert – gegen den politischen Islam ist kein Angriff auf eine Religion, sondern ein gemeinsamer Kampf der Demokratie gegen den Extremismus und für unsere Werte! (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Herr Kollege, die 10 Minuten Redezeit sind um. – Bitte den Schlusssatz!

Bundesrat Robert Seeber (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Das Antiterror­paket, welches nun im ersten Schritt vorgelegt wurde, ist der richtige Schritt in diese Rich­tung.

Ich darf mich abschließend in diesem Zusammenhang natürlich auch bei allen Polizistin­nen und Polizisten bedanken, Herr Bundesminister, da wird gute Arbeit geleistet, und auch den Bediensteten – da schaue ich in die andere Richtung – der Justiz, den Justiz­wachebeamten ein herzliches Dankeschön.

In diesem Sinne alles Gute. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

9.28

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Fraktionsführerin Bundesrätin Korinna Schumann. – Bitte, Frau Fraktionsvorsitzende, ich erteile Ihnen das Wort.