14.25

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Mi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, aller guten Dinge sind drei. – Wir werden dem Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts unsere Zustimmung erteilen, gar keine Frage – aber, wenn ich das so formulieren darf, wir bre­chen nicht in Jubelgesänge aus, sollten Sie sich das erhofft oder erwartet haben, das nicht.

Positiv ist, es wird endlich ein Digitalisierungspaket für die österreichischen Schulen um­gesetzt. Das ist, glaube ich, längst an der Zeit, und das fordern ja auch wir als SPÖ schon lange, das hat unsere frühere Bildungsministerin Hammerschmid auch bereits entsprechend vorbereitet gehabt. Jetzt ist es also ein 8-Punkte-Plan geworden, der nun endlich festgeschrieben und umgesetzt werden soll – so weit, so gut. Wir haben es schon gehört: Jeder Schüler, jede Schülerin soll also zukünftig ab der 5. Schulstufe mit einem digitalen Endgerät ausgestattet werden – so weit, so gut.

Aus meiner Sicht bleiben aber dennoch etliche Fragen offen, nämlich Fragen, die in der Praxis durchaus Thema sein können und werden, beispielsweise: Wie soll es gehand­habt werden, wenn ein Schüler oder eine Schülerin die Schule wechselt, in der oder höchstwahrscheinlich mit einem ganz anderen Endgerät und anderer Software gearbei­tet wird?

Abgesehen davon macht das Endgerät allein bei Weitem noch keine digitale Grundaus­stattung aus, wir haben es gerade gehört. Auch der Selbstbehalt von 25 Prozent, der gerade erwähnt wurde, ist aus meiner Sicht zu hinterfragen. Ich weiß schon, dieser kann unter bestimmten Bedingungen auch entfallen, aber ich glaube, gerade bei Familien mit mehreren Kindern kann dieser trotzdem durchaus ein Problem darstellen, denn da sind die Ausgaben für den Schulbedarf ja ohnehin schon hoch genug.

Ich darf auf eine Studie der Arbeiterkammer hinweisen, in dieser wird nämlich aufgezeigt, dass Eltern pro Kind und Schuljahr auch ohne digitales Endgerät bereits bis zu 1 300 Eu­ro an Kosten aufbringen müssen. Die Volkshilfe weist darauf hin, dass immerhin 4,4 Pro­zent aller Familien angeben, dass ihr Kind aufgrund solcher zu hohen Kosten nicht die eigentlich gewünschte schulische Ausbildung ergreifen kann. Das müssen wir uns schon immer wieder auch vor Augen führen. (Präsidentin Eder-Gitschthaler übernimmt den Vorsitz.)

Ich kann also nur hoffen, dass eine Kostenbefreiung, wenn diese für eine Familie not­wendig sein sollte, für die betroffenen Eltern möglichst hürdenfrei abgewickelt werden kann. Das ist meine Hoffnung, dass das wirklich einfach, rasch und unbürokratisch funk­tioniert. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt noch eine Frage einer Praktikerin zur Praxis: Es ist im Text die Rede von einer Fernverwaltung der Schülergeräte – die ist wichtig und richtig, da gehe ich d’accord. Jetzt frage ich aber aus der praktischen Erfahrung: Wie gehe ich dann in Zukunft als Lehrerin, als Lehrer damit um, wenn die Kinder Dinge auf dem Gerät gespeichert haben, die so gar nichts mit digitalem Unterricht zu tun haben? Die Geräte stehen ja im Eigentum der Schülerinnen und Schüler, darauf muss man hinweisen. Wie gehe ich damit um, wenn Schülerinnen und Schüler Dinge herunterladen, die zum Beispiel Viren beinhalten, und wenn dann das System, der Laptop, das Tablet oder was auch immer völlig unbe­nutzbar sind? Da kommen Fragen des Datenschutzes dazu, da kommen Fragen der Medienkompetenz dazu, womöglich geht es auch um Copyrightfragen und dergleichen mehr.

In diesem Zusammenhang auch noch eine Forderung, die ich an Sie richten möchte: Ich meine, es wird nicht ohne massive Aufstockung der Ressourcen in der IT-Betreuung gehen. Die wird es brauchen, denn die primäre und ureigenste Aufgabe der Lehrkräfte ist die Bildung unserer Schülerinnen und Schüler. Ich kann mir nicht erwarten, dass dann sozusagen auch noch rund um die Uhr eine Wartung der Schülerinnen- und Schülerge­räte stattfinden kann. Ich weiß, wovon ich spreche, denn ich war in meinem Heimatbezirk selbst einige Jahre lang als IT-Betreuerin tätig. Da geht es wirklich um rasches Trouble­shooting, damit im Unterricht dann auch tatsächlich mit den Geräten gearbeitet werden kann. Eine Unterrichtsstunde, das wissen wir alle, besteht aus 50 Minuten. Wenn ich allein für die Wartung der Schülergeräte 30 Minuten davon verwenden muss und der eigentliche Unterricht dann auf der Strecke bleibt, ist das, glaube ich, nicht im Sinne des Erfinders. Wie gesagt, dazu wird es auf alle Fälle Ressourcen brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch einmal – ich habe es schon gesagt –: Das Endgerät allein macht keine digitale Grundausstattung aus. Es braucht auch eine entsprechende Infrastruktur: beispielswei­se WLAN, Drucker und vieles andere mehr. All das ist für viele Familien dann eben nicht mehr so ohne Weiteres möglich. Gerade in ländlichen Regionen, das wissen wir alle, sind wir von schnellem Internet und von großen Bandbreiten meilenweit entfernt. Gerade für Kinder aus Mehrkindfamilien ist es auch schon während der beiden Lockdowns immer wieder der Fall gewesen, dass es einfach schwierig war, sich dasselbe WLAN teilen zu müssen. Eine meiner Schülerinnen hat sich beispielsweise mehrmals entschul­digt: Liebe Frau Lehrerin, ich kann jetzt leider nicht an der Videokonferenz teilnehmen, weil meine zwei Geschwister auch im WLAN sind und ich andauernd rausfliege! – Dafür muss man sich in der Praxis dann auch ein Konzept überlegen, und da würde mich in­teressieren, wie Sie sich das in der Zukunft vorstellen und was Sie dahin gehend geplant haben.

Ich muss auch eine gewisse – ja, ich nenne es tatsächlich so – Ungleichbehandlung zwischen Bundes- und Pflichtschulen feststellen. In den Pflichtschulen sind es wieder einmal die Schulgemeinden, die für das WLAN sorgen müssen, die für alle anderen infrastrukturellen Maßnahmen zuständig sind und die diese vor allen Dingen auch finanziell tragen müssen. Ich möchte Sie an dieser Stelle erinnern, was die Gemeinden nun auch während der Krise bereits alles zu leisten hatten, ich sage nur: Leihgeräte; ich sage nur: Luftgütemessgeräte; ich sage nur: Massentests – und vieles andere mehr. Gleichzeitig hatten die Gemeinden aufgrund fehlender Kommunalsteuern, wegbrechen­der Ertragsanteile et cetera wesentliche finanzielle Einbußen. Im Pflichtschulbereich müssen es aber die Gemeinden halt immer wieder richten. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Ofner.)

Da geht es natürlich um eine Kompetenzfrage, dessen bin ich mir bewusst – aber es muss einfach festgestellt werden, dass es da durchaus auch noch Mängel gibt. Zudem ist es Tatsache, dass pro teilnehmender Klasse, wie wir gehört haben, nur drei Lehrer­geräte zur Verfügung gestellt werden. Das halte ich für nicht ausreichend.

Offen gesagt haben wir auch heute – Ende 2020, bald schon 2021 – immer noch die Situation in vielen Lehrerzimmern, dass sich 30 Lehrkräfte einen oder zwei PCs, Lap­tops, Tablets oder was auch immer teilen müssen. Gerade für Lehrkräfte, die in Richtung digitaler Bildung der Kinder etwas tun sollen, sind der PC, der Laptop, das Tablet, das Handy, wie wir es nun auch in den letzten Wochen ganz intensiv erlebt haben, Arbeits­mittel. Diese müssen sich die Lehrkräfte allesamt selbst finanzieren – vom Rotstift ange­fangen, sage ich lapidar ausgedrückt, bis zur digitalen Grundausstattung, und auch da gehört wieder WLAN und vieles andere mehr dazu.

Summa summarum: Ja, wir stimmen zu, aber das Paket kann aus unserer Sicht eben nur ein erster kleiner Schritt sein, hoffentlich hin zu einer Schule, die der digitalen Welt auch wirklich gerecht wird und die in einigen Jahren vermutlich ganz anders ausschauen wird, als wir uns das heute vielleicht vorstellen. Sie können sicher sein, das ist klar: Wir werden sicher nicht müde, unsere Forderungen auch weiterhin hier einzubringen und Kritikpunkte anzubringen. Ich wiederhole es noch einmal: Wir hoffen dabei auch auf eine entsprechende Bereitschaft, im Interesse der Schülerinnen und Schüler auch mit uns als Oppositionsfraktion da intensiv zusammenzuarbeiten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.34

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.