16.21

Bundesrat Horst Schachner (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Zu­schauer zu Hause vor den Fernsehern! Das COVID-19-Steuermaßnahmengesetz ver­birgt vieles. Wir haben es hier im Wesentlichen mit Coronahilfen und Maßnahmen, die der Wirtschaft helfen, zu tun. Ich halte es für gut, dass erstmals Steuerflucht und Steuer­hinterziehung mancher Firmen angegangen werden und diese Praktiken bestraft werden. Allerdings ist da noch viel Luft nach oben, und die Regelungen sind deutlich zu verschärfen, wenn dieser löbliche Ansatz der Belohnung des steuerlichen Wohlverhal­tens ernst gemeint ist. Insgesamt muss gesagt werden, dass Hilfen für Betriebe wichtig und gut sind, aber ebenso wichtig ist natürlich die Treffsicherheit, sodass die vielen Mil­liarden an Steuergeldern bei den Richtigen ankommen. Wenn man liest, liebe Kollegin­nen und Kollegen, dass ein Glücksspielkonzern 2,4 Millionen Euro alleine an Umsatzer­satz erhalten hat, muss man sagen, dass das keine Treffsicherheit ist – ganz sicher nicht! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Verschiedene andere Wirtschaftsbereiche wie Taxiunternehmen oder Kulturveranstalter schauen bisher durch die Finger, hätten sich aber eine Unterstützung viel eher verdient als ein Spielcasino. Treffsicherheit und Gerechtigkeit sind auch dann nicht gegeben, wenn einige Betriebe massiv überfördert werden und andere Krisenverlierer am und unter dem Existenzminimum überleben müssen. Ich spreche da von den vielen, vielen Arbeitslosen, die durch die Coronakrise ihre Arbeit verloren haben. Diese Menschen können in der Zeitung von geretteten Glücksspielcafés lesen und müssen selbst mit der Hälfte von dem, was sie vor der Krise verdient haben, auskommen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man sich anschaut, dass Lebensmittel – das ist gerade jetzt reingekommen – im heurigen Jahr um insgesamt 2,7 Prozent teurer geworden sind – zum Beispiel Obst um 6 Prozent, Fleisch um 3,2 Prozent –, kann sich jeder vorstellen – ich habe es wirklich schon oft gesagt –, wie es Menschen geht, die ihre Arbeit verloren haben und mit 50 Pro­zent des Einkommens auskommen müssen. Das ist ein Wahnsinn. Das ist ungerecht, und daher wiederhole ich die Forderung der Sozialdemokratischen Partei nach Anhe­bung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrä­tin Steiner-Wieser.)

Zu Treffsicherheit gehört ebenso, dass geförderte Unternehmen unsere Steuergelder nicht einfach an ihre Anteilseigner ausschütten oder etwa trotz Förderungen Arbeitneh­merInnen kündigen, daher fordern wir ein Dividendenverbot. Wenn die Firmen ihre Ge­sellschafter unbedingt mit fetten Auszahlungen erfreuen wollen, müssen sie eben auf Hilfe vom Staat verzichten. Gleiches gilt für die geförderten Unternehmen, die Arbeits­plätze zerstören. Auch die haben sich öffentliche Hilfen nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

Förderungen soll es nur geben, wenn eine Arbeitsplatzgarantie ausgesprochen wird, denn alles andere ist ein volkswirtschaftlicher Schaden und trifft auch die betroffenen ArbeitnehmerInnen hart. Wer ArbeitnehmerInnen kündigt, soll auch die Förderungen zurückzahlen müssen, sehr geehrte Damen und Herren. Ich sage daher, es gehören die gefördert, die im Sinne unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft tätig sind, aber es soll kein Geld im Übermaß für jene geben, die es gar nicht brauchen. Viel besser wäre es, das Geld aus den Überförderungen zu behalten, um damit die aktuellen Pensions­kürzungen rückgängig zu machen und den Menschen nach 45 Versicherungsjahren eine abschlagsfreie Pension zu ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesra­tes Leinfellner.)

Jetzt noch etwas zur Krisenfinanzierung: Es darf nicht so sein, dass nur die Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer die Zeche zahlen und sich andere ins Fäustchen lachen, weil sie mit der Krise die fetten Gewinne machen. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Daher fordern wir eine Solidarabgabe von denen, die ausreichend Reserven haben und von einer funktionierenden Wirtschaft und Gesellschaft ständig Millionen abschöpfen. (Bundesrat Buchmann: Sozialpartnerschaft!) – Ja, das ist so. (Zwischenruf der Bundes­rätin Zwazl.) Daher ist es an der Zeit, dass Onlinekonzerne einen ordentlichen Beitrag leisten. Darin müssen wir uns, glaube ich, alle einig sein. Das Gleiche gilt für Multimil­lionäre, die sich ruhig solidarisch zeigen sollen – und manche wollen zu dem Ganzen auch etwas dazuzahlen –, wenn gleichzeitig viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Kurzarbeit mit 20 Prozent weniger Einkommen leben müssen und man, wie gesagt, bei Arbeitslosigkeit mit 50 Prozent von dem, was man vorher gehabt hat, auskommen muss.

Wer in der Krise gut verdient, soll auch seinen Solidarbeitrag leisten. Daher fordere ich die Bundesregierung ebenso auf, sowohl in Österreich als auch im europäischen und internationalen Rahmen dafür zu sorgen, dass die Pharmakonzerne jetzt nicht Riesen­gewinne für ihre Aktionäre einheimsen, sondern ebenfalls eine ordentliche Solidarabga­be leisten, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt noch zum letzten Punkt, Mehrwertsteuer für Reparaturen – danach bringe ich einen Entschließungsantrag ein –: Dieses Maßnahmengesetz für Reparaturen, mit dem mehr oder weniger die Mehrwertsteuer von 20 Prozent auf 10 Prozent gesenkt wird – das muss jeder für sich selber ausmachen –, habe ich mir genau angeschaut. In dem Gesetz steht, dass die Mehrwertsteuer gesenkt wird und dass das billiger werden soll, wenn man Fahrräder reparieren lässt, wenn man Schuhe, Lederwaren, Kleidung oder Haus­haltswäsche reparieren lässt. Das ist für mich viel zu wenig. Ich glaube, es hätten alle Menschen etwas davon, wenn man einen Fördertopf mit dem Zweck macht, Elektroge­räte, die immer kaputt werden, schadhafte Handys, verkalkte Boiler oder Waschmaschi­nen, die ihren Geist aufgeben, zu reparieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Niemand versteht, dass das nicht gefördert und unterstützt wird. Da hätten die Menschen etwas davon, da hätten die Betriebe etwas davon, da hätte auch die Umwelt etwas da­von, weil vorzeitiges Wegwerfen verhindert wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, daher stelle ich folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Reparatu­ren begünstigen nicht nur bei Schuhen und Kleidung“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ergänzend zu jenen Bereichen, die von der Um­satzsteuersenkung für Reparaturleistungen erfasst sind, unverzüglich eine Reparatur-Prämie von 50% der Gesamt-Reparatursumme von maximal 600 Euro pro Person und Jahr einzuführen.“

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Danke. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

16.29

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Der von den Bundesräten Horst Schach­ner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Repara­turen begünstigen nicht nur bei Schuhen und Kleidung“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich Herrn Bundesminister Rudolf An­schober ganz herzlich bei uns im Bundesrat begrüßen. – Herzlich willkommen, Herr Mi­nister. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Nun darf ich Herrn Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross um seinen Redebeitrag ersuchen.