14.42

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Zuerst muss ich einmal feststellen: Es sind ja außer Frau Mag. Kittl alles Bürgermeisterinnen und Bürgermeister am Pult. Dass die Sicht der Dinge der ÖVP – oder wie sie jetzt heißt: der neuen Volkspartei, da muss ich ja immer schauen – eine andere ist (Heiterkeit bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ), liegt halt in der Sa­che, darin, wie man das gesamte Thema beurteilt.

Als Bürgermeister selbst kann ich zur finanziellen Lage und Liquidität unserer Gemeinde leider nur ein düsteres Bild zeichnen. Die Bürgermeisterkollegen – Dominik Reisinger und Kollege Josef Ofner – haben es im Grunde bestätigt, wie auch der Herr Bundesmi­nister, weil er ja Namen genannt hat, Kollross und weitere aus dem Nationalrat. Die wer­den ja auch nicht so unrecht haben, denn, Herr Bundesminister, Sie sind kein Bürger­meister – Bürgermeister samma mia! (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen BundesrätInnen von SPÖ, ÖVP und FPÖ.) Ja, du (in Richtung Bundesrat Bader) bist auch ein Bürgermeister, natürlich!

Wir als Bürgermeister wissen sehr wohl, was vor Ort los ist, wie es zugeht – ich komme später noch dazu –, und der Einbruch bei den Ertragsanteilen trifft alle Gebietskörper­schaften gleichermaßen hart. Zudem leiden die Gemeinden auch noch unter den drama­tischen Mindereinnahmen bei der Kommunalsteuer.

Lassen Sie mich kurz über Kärnten berichten! Kärnten hat einen Ausfall von rund 150 Mil­lionen Euro, und es ist heute noch nie zur Sprache gekommen oder nur so beiläufig irgendwo mit erwähnt worden: Es geht auch um die Kommunalsteuer, meine Damen und Herren. Wenn wir Kurzarbeit haben – Gott sei Dank, auf der einen Seite –, fehlen uns aus den Bruttolohnerlösen 3 Prozent der Kommunalsteuer, und das trifft viele Gemein­den sehr hart. Das muss ich Ihnen an dieser Stelle sagen.

Unser Bürgermeister und Gemeindebundchef Günther Vallant hat selbst festgestellt: Die Hilfspakete, die die Gemeinden in der Art und Weise, wie sie ausgeführt sind, bekom­men, sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Zum Warum werde ich später noch kom­men. Wenn man das Ganze aufteilt und mit Krediten versucht, das später zurückzuzah­len, dann erinnere ich Sie, Herr Bundesminister, daran, dass Sie im März bei den ersten Pressekonferenzen an der Front gestanden sind – mittlerweile sind es ja weit über 100 – und damals gesagt haben: „Koste es, was es wolle“. Wir fordern Sie auf: Wenn Sie sagen „Koste es, was es wolle“, geben Sie uns Gemeinden das notwendige Geld! (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Landesrat Fellner bei uns in Kärnten hat es auch zustande gebracht, dass er 35 Euro pro Einwohner an Geld zur Verfügung gestellt hat und auch die Vereine, die ihre Arbeit gemacht haben, mit Fördergeld belohnt hat. Das hieß bei uns, dass wir im letzten Jahr einmal Luft gekriegt haben.

Ich glaube trotzdem – auch, wenn das heute so gesagt wurde –, dass wir ein Problem mit der Liquidität haben. Die Liquidität ist im Grunde genommen einfach nicht gegeben. Wenn wir uns das anschauen: Ich komme aus einer Tourismusgemeinde, und das ist heute noch nie gefallen: Fremdenverkehrsgemeinden, die in erster Linie vom Tourismus leben, sind hier noch einmal mehr betroffen, weil der Tourismus und die Freizeitwirt­schaft quasi vollkommen zum Erliegen gekommen sind und wohl auch noch länger in diesem Lockdown – wie wir heute gehört haben – verbleiben werden. Das ist die Kata­strophe, die jetzt auf uns zukommt.

Gleichzeitig hegt man durchaus Erwartungen an uns. Das ist heute schon erwähnt worden. Man muss anscheinend die Dinge in diesem Parlament oft genug erwähnen, damit die Herrschaften, die dafür verantwortlich sind, wissen, was die Gemeinden leis­ten. Ich kann nur bestätigen, was Herr Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer in seiner Erklärung als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz gesagt hat, nämlich dass er dankbar ist, dass er die Gemeinden hat. Das kann ich nur noch einmal unter­stützen. Wir versuchen, die Aufgaben im Sinne der Bürger und der kommunalen Infra­struktur auch in Zeiten wie diesen so gut wie möglich zu erfüllen.

Ich weiß nicht, ob Sie heuer schon einmal Schnee gesehen haben, außer im Fernsehen. Bei mir daheim vor der Haustüre liegen 2 Meter Schnee. So ist das bei mir in Oberkärn­ten und in Teilen der Täler bis ins Lesachtal und ins Gailtal hinein. Was glauben Sie, welche Kosten wir heuer für die Schneeräumung haben, was wir an Geräten haben, die eingesetzt wurden und kaputtgegangen sind, weil sie das nicht mehr leisten konnten? All das wurde aber trotzdem so erledigt, dass die Bürger zufrieden und in Sicherheit leben können. Kollege Ofner hat es gesagt: Wir räumen euren Scherbenhaufen auf! (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Da geht es um die Massentestungen, die wir gemeinsam mit dem Land und mit der Feuerwehr und allen, die freiwillig mit dabei waren, übernommen haben. Da geht es um die Impfungen. Ich kann mich noch erinnern, ich glaube, es war am Freitagnachmittag, wie wir vom Land die Information bekommen haben: Bund, Land, Gemeinden, und jetzt wäre es recht zu wissen, wer über 80 Jahre alt ist.

Wer ist in der Gemeinde gesessen? – Die Mitarbeiter, wir waren als Bürgermeister auch dabei. Ich habe von BürgermeisterInnen gehört, die mit dem Zettel, der uns zur Verfü­gung gestellt worden ist, von Haus zu Haus gegangen sind, damit wir die Leute dort hi­nbringen, wo sie hinmüssen, um die erste Impfung zu bekommen. Das haben wir auch noch übernommen.

Ein weiteres Problem, glaube ich, ist, dass wir den Menschen draußen die ganzen Ver­ordnungen erklären müssen. Wir müssen ihnen die Verordnungen erklären, die teilweise von hinten bis vorne falsch sind und dann schlussendlich irgendwann einmal vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden. Das musst du einmal den Leuten erklären! (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist heute auch schon gesagt worden: Wir sind gespannt, wie Sie das finanzieren werden. Wir, die SPÖ, haben ja schon Vorschläge gemacht. Wir haben gesagt, dass es zum Beispiel eine Reichensteuer geben könnte, dass es eine Erbschaftssteuer geben könnte. (Beifall bei der SPÖ.)

Mein Kollege aus Kärnten, Kollege Ofner, hat auch noch Amazon, Google und Facebook mitgenommen – alle virtuellen Bereiche, die wir schützen und die bei uns keine Steuern zahlen. Bei Amazon wissen wir, dass der Chef mittlerweile schon der reichste Mann der Welt ist. Das ist der neoliberale Ansatz, den ihr als die neue Volkspartei umzusetzen versucht. Lieber nehmen wir dem etwas weg, der eh schon wenig hat, als einem Reichen etwas zu nehmen – das ist, glaube ich, euer Wahlspruch. (Beifall bei der SPÖ.)

Dass wir beim Thema finanzielle Situation am Boden liegen, ist schon oft genug gesagt worden. Es ist mir jetzt egal, ob das Licht heute leuchtet (auf die rot blinkende Lampe am Rednerpult weisend), ich werde so lange brauchen, wie ich brauche. (Heiterkeit bei BundesrätInnen der SPÖ.) Das kommunale Investitionsprogramm, das im Sommer be­schlossen wurde, setzt auf Förderungen der Wirtschaft über die Umsetzung von kom­munalen Projekten. Natürlich sind wir, die Gemeinde, mit dem Geld, das wir investieren, einer der größten Förderer der Wirtschaft, und das tun wir ja gerne, der Liquidität der Gemeinden hilft dieses Paket aber hundertprozentig nicht. Das muss man bei dieser Gelegenheit auch einmal gesagt haben. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Es ist heute schon festgestellt worden, wie viel an Geld bei diesem ersten Investitions­paket jetzt beim Bund abgeholt wird. Ich glaube, dass es noch viel mehr sein wird. Es sind bis jetzt, glaube ich, genau 346,7 Millionen Euro. Das wird noch wesentlich mehr werden, keine Frage. Ich möchte aber noch kurz zu dieser 1 Milliarde Euro kommen. Vielleicht verstehen wir uns nicht, wie wir miteinander reden. Tatsache ist, dass diese 1 Milliarde Euro – es wurde zwar gesagt, dass sie Liquidität bringt, weil sie scheinbar auf zwei, drei Jahre nicht rückzahlbar ist – rückzahlbar ist, wir müssen sie irgendwann ein­mal zurückzahlen. (Zwischenrufe der BundesrätInnen Grimling und Schennach.) Wir haben also das Problem, dass wir das Geld, das wir von euch bekommen, zurückzahlen müssen. – Ich weiß es nicht, wie wir es zurückzahlen werden, ich habe keine Ahnung, aber es ist zurückzuzahlen.

Dazu kommt ja noch, dass das Ganze den Leuten einfach missverständlich rüberge­bracht wird – und teilweise verstehen nicht einmal eure Bürgermeister am Land draußen, wie die Situation ausschaut: dass diese 1 Milliarde Euro jetzt vorausgezahlt wird oder wir halt die sogenannten Sondervorschüsse, Ertragsanteile bekommen und dass das wieder einmal zurückgezahlt werden muss. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Sonst würde nicht – vielleicht ist das dem Kärntner Wahlkampf zum Thema Gemeinde geschuldet – so etwas, was wir heute gefunden haben, in Facebook drinnen stehen. (Der Redner hält einen Ausdruck in die Höhe, auf dem ein Foto eines Berges und der Text „Gemeindepa­ket der Bundesregierung € 352.000,- für Projekte in unserer Marktgemeinde – Da ist Platz für einige Projekte! Diese Fördermittel müssen nicht zurückgezahlt werden und stehen der Gemeinde uneingeschränkt zur Verfügung!“ sowie das Logo der Österreichi­schen Volkspartei abgebildet sind.) Da gibt es eine Gemeinde, Feistritz im Rosental, da schreibt die neue Volkspartei: 352 Millionen Euro (Rufe bei ÖVP und FPÖ: Tausend!) für die Marktgemeinde, für die Projekte. Und dann schreibt sie: „Diese Fördermittel müs­sen nicht zurückgezahlt werden“.

Ja bitte schön, was ist denn da los? Ist das jetzt im Wahlkampf so, dass das in ganz Kärnten kommt? Es haben ja aber der Bundesminister und auch ihr als Bürgermeister uns gesagt, dass es zurückzuzahlen ist, es hilft ja nichts. (Bundesrat Spanring: Das wird eine Sonderförderung von der ÖVP für die ÖVP sein!) Es kann ja aber nicht sein, dass da die Bevölkerung falsch informiert wird, dass das Geld nicht rückzahlbar ist, also die 352 Millionen Euro. (Bundesrat Bader: Tausend, Herr Kollege!) – Was? (Weitere Rufe bei der ÖVP: 352 000!) – 352 000 Euro. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann. – Ruf bei der ÖVP: Du hast ein Wahrnehmungsproblem! – Allgemeine Heiterkeit.)

Jetzt nehme ich diese Zettel (Ausdrucke mit Tabellen in die Höhe haltend) her und schaue mir den Zettel von Feistritz im Rosental an, und ich sehe: Da ist die Gesamt­summe 352 000 Euro. – Ich weiß ja nicht, welche Berater die neue Volkspartei in Kärnten hat, das müssen aber schlechte sein (Zwischenrufe und Heiterkeit bei der SPÖ), ange­sichts dessen, was da drinnen steht (den Kopf schüttelnd): 352 000! (Beifall bei SPÖ und FPÖ.) Zwei Drittel dieser Fördermittel müssen zurückbezahlt werden, zwei Drittel! – Das nur dazu, wie die Situation ausschaut.

Ich komme zum Schluss. Wenn wir die 1,5 Milliarden Euro jetzt bekommen, werden wir dadurch unsere Liquidität nicht verbessern. Wie ich schon gesagt habe, müssen wir das zurückzahlen. Es ist einfach so. Die wirkliche Hilfe – so, wie es auch schon gesagt wor­den ist, auch im Nationalrat – wäre, dass wir das Geld, 250 Euro pro hauptgemeldetem Einwohner für die Gemeinden, zur Verfügung gestellt bekämen. Dann hätten wir die Möglichkeit, unsere Situation wirtschaftlich zu verbessern.

Herr Bundesminister, vielleicht ist es ja so, dass Ihnen irgendwann – das sage ich jetzt so, das wäre ein bisschen frech – das Licht aufgeht. (Heiterkeit bei SPÖ und FPÖ.) 2024, bis dahin ist es noch eine lange Zeit: Sie können ja das Geld in einen Ertragsanteil umwandeln, der nicht rückzahlbar ist. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Aber ich befürchte ja, Herr Bundesminister, dass Sie 2024 nicht mehr hier sind. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ. – Bundesrat Bader: „Befürchte“!)

14.55

Präsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Ing. Eduard Köck. Ich erteile ihm das Wort. – Bitte, Herr Bundesrat.