23.33
Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf jetzt auch zum Entschließungsantrag Stellung nehmen und muss feststellen, dass der zugrundeliegende Sachverhalt bezüglich der georgischen Familie eigentlich ein denkbar schlechter Sachverhalt ist, auf den man diesen Entschließungsantrag aufgebaut hat. (Rufe bei der SPÖ: Na geh! – Ui!)
Wir hatten im Jänner – wir können uns alle noch erinnern – genau an dem Tag, an dem in der Nacht diese Abschiebung passiert ist, eine Bundesratssitzung. Es wurde medial sehr viel berichtet und wir haben uns alle gefragt: Wie konnte das passieren? Bei näherer Betrachtung der Hintergründe für die Abschiebung gibt es, zumindest für mich, eine absolut differenzierte Sichtweise.
Ich will das im Detail nicht alles aufzählen, nur so viel: 2009, erstmalige Einreise (Bundesrat Schennach: Das hat mit den Kindern nichts zu tun!), mehrere Asylanträge negativ beschieden, freiwillige Ausreise, wieder Einreise über Holland mit einem Touristenvisum, wieder in Österreich, wieder Asylantrag. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Keine Schutzbedürftigkeit im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention: Das wurde sechsmal rechtskräftig festgestellt, nicht nur vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, sondern auch vom Bundesverwaltungsgericht und auch vom Verwaltungsgerichtshof (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), und das von 2009 bis 2021. Ob es richtig war, diese Verfahren, unterstützt von verschiedenen Einrichtungen, dermaßen in die Länge zu ziehen, das sei dahingestellt, da es natürlich mit jedem Monat schwieriger wird, Leute abzuschieben. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)
Wir haben das im Ausschuss, glaube ich, mit dem Vertreter des Bundesministeriums sehr gut diskutieren können. Der Vertreter hat uns gesagt, und das wissen wir auch aus dem Gesetz, im Asylverfahren müssen immer die möglichen Gründe für das Vorliegen des sogenannten humanitären Bleiberechts berücksichtigt werden. Auch in den gerichtlichen Entscheidungen, die da vorliegen, hat man das berücksichtigen müssen. Wir dürfen nicht so tun, als würde es das humanitäre Bleiberecht in Österreich nicht geben. Allein im Jahr 2020 hat es 2 600 positiv beschiedene Fälle gegeben und seit 2015 gibt es 125 000 Schutzgewährungen, also ein überproportionaler Beitrag zum internationalen Flüchtlingsschutz.
Also man kann das nicht alles an einem Einzelfall aufhängen, der – wie wir schon gesagt haben – extrem, glaube ich, unglücklich gelaufen ist. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Im konkreten Fall wäre es wohl sicher besser und die bessere Option gewesen – eine Einschätzung, glaube ich, von sehr vielen Experten –, freiwillig nach Georgien, in ein sicheres Herkunftsland, zurückzukehren. Die rechtsstaatlich getroffenen Entscheidungen bieten da wenig Platz für parteipolitischen Aktionismus. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Dann darf ich noch zu der geforderten Einbindung der Länder und Gemeinden bei der Entscheidung über das humanitäre Bleiberecht kommen. Wir haben im Ausschuss vom zuständigen Ministerium erfahren, dass natürlich die zuständige Behörde, das Amt für Fremdenwesen und Asyl, aber auch die Gerichte verpflichtet sind, umfangreiche Erhebungen im Umfeld des Asylwerbers durchzuführen und die Erkenntnisse in ihre Entscheidungen einfließen zu lassen.
Ich habe das Beispiel im Kopf: Der Asylsuchende sitzt vielleicht mit seiner Familie in Innsbruck im Olympischen Dorf im 19. Stock. Wen wollen Sie da fragen, wie diese Familie integriert ist – den Bürgermeister oder den Landeshauptmann oder welchen Vertreter auf Gemeindeebene oder Bundesebene? Der Beamte hat uns gesagt (Zwischenrufe bei der SPÖ), man wird natürlich im Umfeld nachfragen. Es ist doch viel gescheiter, wenn man beim Sportverein oder in der Schule oder am Arbeitsplatz, nachfragt, wie sich die Leute integriert haben. Also dass die Gemeinde automatisch mehr weiß als vielleicht die sonstige persönliche Umgebung, das kann ich mir nicht vorstellen. Wohnt der Asylwerber tatsächlich in einer Dorfgemeinschaft, wo jeder jeden kennt (Zwischenrufe der Bundesräte Novak und Schennach), wird auch die Behörde beim zuständigen Bürgermeister oder bei Personen im Umfeld des Asylwerbers nachfragen.
Also nach Ausführungen des Vertreters im Innenministerium gibt es derzeit keinen Anlass einer gesetzlich geregelten Verpflichtung für ein Anhörungsrecht der Gemeinden und Länder. Man hat es nicht umsonst zentral auf eine Behörde zusammengeführt, man will zügige, vergleichbare Asylverfahren. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Man will nicht neun unterschiedliche Asylverfahren. Aus diesem Grund werden wir dem Entschließungsantrag nicht zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
23.39
Präsident Mag. Christian Buchmann: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte, Frau Kollegin. (Bundesrat Novak: Das Nächste ist die Grüne, die jetzt hinausgeht!)