12.46

Bundesrat Thomas Schererbauer (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bun­des­minister! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Laut Abänderungsantrag zum COVID-19-Zweckzuschussgesetz sollen nun im Sinne einer einheitlichen Regelung generell Aufwandsentschädigungen für bei Testungen oder bei Impfstellen nicht hauptberuflich tätige unterstützende Personen bis zur Höhe von 1 000,48 Euro im Kalendermonat nicht als Entgelt im Sinne des § 49 ASVG gelten.

Das ist der Grund, warum wir diesem Antrag diesmal keine Zustimmung geben können: weil es eine Ungleichstellung der Tausenden freiwillig und ehrenamtlich tätigen Men­schen in diesem Land ist, die tagtäglich für unsere Gesellschaft Großartiges leisten und dafür keinen Cent erhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Eine bessere Unterstützung der Betriebs-, vor allem aber der Hausärzte, die ihre Patien­ten großteils jahrelang kennen und individuell auf ihre Wünsche, Bedürfnisse, aber auch Ängste eingehen können, wäre richtig und zielführend.

Es ist für mich etwas unverständlich, gut 1 000 Euro steuerfrei problemlos für Personen in Test- und Impfstraßen zur Verfügung zu stellen und auf der anderen Seite eine Null­lohnrunde für alle Bediensteten im Gesundheitswesen zu verlangen, wie dies in der Steiermark der Fall war, was schlussendlich durch die Intervention der FPÖ und das daraus resultierende große Medieninteresse nicht zustande gekommen ist.

Ich darf dazu zwei Entschließungsanträge einbringen:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Thomas Schererbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aktion 100.000 gegen Corona-Langzeitarbeitslosigkeit“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, dem Bundesrat einen Umsetzungsplan in finanzieller, personeller und organisatorischer Hinsicht bis zum 30. Juni 2021 vorzulegen, der folgende Eckpunkte umfassen soll und geeignet ist, 100.000 Arbeitslose aus dem Bereich der schützenswerten bzw. unterstüt­zungswerten Arbeitnehmergruppen mit einer hohen Arbeitslosigkeit wieder in Beschäfti­gung zu bringen:

1) Bündelungen und Ausbau folgender arbeitsmarktpolitischer Instrumente:

- Kombilohnbeihilfe

- Eingliederungsbeihilfe

- Weiterbildung 50+

- Facharbeiterstipendium

- Aus- und Weiterbildungshilfen

- Beihilfen für Arbeitsprobung oder Arbeitstraining

- Arbeitsplatznahe Qualifizierung

- Weiterbildungsgeld

- Bildungsteilzeitgeld

- Umschulungsgeld

- Förderung der Lehrausbildung betrieblich und überbetrieblich

2) Schaffung neuer arbeitsmarktpolitischer Instrumente

[...]

3) Nutzung der ,Ankerfunktion‘ des Bundes als öffentlicher Arbeitgeber

[...]

4) Nutzung der Beteiligungen in der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG)“

 – und zu guter Letzt  –

„5) Eine entsprechende budgetäre Bedeckung für die Fördermaßnahmen und die Adap­tierung der Personalpläne des Bundes und der betroffenen Unternehmungen.“

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Der zweite Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Thomas Schererbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ge­sund­heitsgefährdendes Ethylenoxid in Corona-Teststäbchen, Mund-Nasenschutz-Mas­ken und Desinfektionsmitteln“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, folgende gesundheitspolitische Forderungen unmittelbar umzusetzen:

Die Überprüfung einer möglichen Gesundheitsschädlichkeit von Medizin- und Hygiene­produkte in Österreich, wie Mund-Nasenschutz-Masken und Tests, die mit Ethylendoxid sterilisiert wurden

Die Wiedereinführung der amtswegigen Überprüfung der Wohnzimmer- und Laientests durch das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen“

*****

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Herr Bundesrat Schererbauer, darf ich Sie kurz unter­brechen? – Die Geschäftsordnung sieht die vollständige Verlesung vor. Sie haben beim ersten Entschließungsantrag die Unterpunkte zu den Punkten 3) und 4) sowie 5) nicht ausgeführt. Diese müssen Sie bitte auch verlesen, damit er gültig eingebracht ist. – Danke.

Bundesrat Thomas Schererbauer (fortsetzend): Selbstverständlich. – So, dann kom­me ich nochmals zum ersten Entschließungsantrag betreffend „Aktion 100.000 gegen Corona-Langzeitarbeitslosigkeit“ zurück:

„2) Schaffung neuer arbeitsmarktpolitischer Instrumente

 - Kombinations- und Ergänzungsmodelle gemeinsam mit der öffentlichen Hand als Arbeitgeber (Bund, Länder und Gemeinden), die auf den Erfahrungen der Vergangenheit mit projektierten und ausgerollten Beschäftigungsmodellen, wie etwa auch der ,Aktion 20.000‘ oder anderer Modelle aufbauen

3) Nutzung der ,Ankerfunktion‘ des Bundes als öffentlicher Arbeitgeber

- Einstellungsoffensive, um in den nächsten fünf bis zehn Jahren den demographischen Wandel in seiner Personalstruktur nachhaltig zu bewältigen

- Schaffung zusätzlicher Verwaltungspraktiumsplätze im öffentlichen Dienst mit ent­sprechender Übertrittsoption

- Lehrlingsoffensive des Bundes

4) Nutzung der Beteiligungen in der der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG)

- Beschäftigungspakt mit der ÖBAG für schützenswerten bzw. unterstützungswerten Arbeitnehmergruppen nach Maßgabe der betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten

- Lehrlingsoffensive der ÖBAG nach Maßgabe der betriebswirtschaftlichen Möglich­keiten

5) Eine entsprechende budgetäre Bedeckung für die Fördermaßnahmen und die Adap­tierung der Personalpläne des Bundes und der betroffenen Unternehmungen.“

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Zum zweiten Entschließungsantrag der BundesrätInnen Schererbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gesundheitsgefährdendes Ethylenoxid - -

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Entschuldigen Sie, Herr Kollege, diesen Antrag haben Sie schon richtig verlesen. Das passt alles!

Bundesrat Thomas Schererbauer (fortsetzend): Okay, ich habe gedacht, ich bin noch nicht ganz fertig gewesen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ziel der Politik muss es sein, Probleme aufzugreifen und gemeinsam Lösungen zu finden. Und genau in dem Wort gemeinsam, das ja von vielen sehr oft strapaziert wird, liegt meines Erachtens das Problem. Jeder Mensch, egal, wie dessen Zugang zu den verordneten Maßnahmen der Bundesregie­rung oder zum Coronavirus generell ist, wünscht sich, dass dieser Spuk bald ein Ende findet. Und ich glaube nicht, dass wir dem Ziel schneller näher kommen, wenn wir uns hier im Hohen Haus gegenseitig verbal bekämpfen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schreuder – in Richtung FPÖ –: Da hat er eh recht, aber das ist an euch gerichtet!) – Ich kann nur für mich selbst sprechen, ich werde mich an dem nicht beteiligen.

Die Leute wollen das schlicht und einfach nicht mehr. Wir diskutieren in den letzten Tagen und Wochen ständig über die Masken, dabei sollten wir doch zuvorderst über die Alltagssorgen der Menschen reden. Und ja, es kann schon sein, dass die ÖVP mit dieser Maskendiskussion von den eigenen Verfehlungen etwas ablenken will, aber dafür gibt es die Justiz, die sich darum zu kümmern hat. Ich glaube nach wie vor an den Rechts­staat, an die Republik Österreich, denn würde ich das nicht mehr tun, hätte ich hier im Parlament, im Hohen Haus wahrscheinlich nichts mehr verloren.

Wir sollten im Kampf gegen diese Pandemie auch unsere persönlichen Befindlichkeiten etwas zurückschrauben und endlich mit den gegenseitigen Schuldzuweisungen aufhö­ren, denn das bringt uns am Ende des Tages keinen Millimeter weiter, genauso wenig wie dieses ständig ins politisch linke oder rechte Eck Stellen. Anstatt über links oder rechts sollten wir uns vielmehr Gedanken über richtig oder falsch machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Richtig ist, uns um die vergessenen Opfer der Pandemie zu kümmern, nämlich um die Kinder, die mit Depressionen, Suizidgedanken, Essstörungen und so weiter zu kämpfen haben. Die viel beschworene Triage ist nicht auf den Intensivstationen eingetreten, son­dern in der Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Eine aktuelle Studie der Uni Salzburg zeigt die dramatischen Auswirkungen der Covid-Krise auf Kinder im Volksschulalter. Rund 79 Prozent der 531 Befragten geben an, dass es ihnen im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie schlechter geht. Jedes dritte Kind ist oft wütend oder genervt, jedes fünfte ist öfter traurig oder fühlt sich einsam, jedem zweiten Kind macht der Umfrage zufolge die aktuelle Situation Angst, jedes dritte Kind schläft aktuell schlechter.

Was mich als Sportler ganz besonders schockiert, ist die Tatsache, dass fast neun von zehn Kindern im Vergleich zu vor der Pandemie weniger aktiv sind. Gleichzeitig verbrin­gen drei Viertel mehr Zeit mit Smartphone, Fernsehen, Konsole, Spielkonsole oder Tablet. Am meisten fehlt den Schülern der Befragung zufolge Normalität. Jeweils ein Drittel wünscht sich, Sport ohne Maske betreiben zu können, um die Gesichter der Men­schen zu sehen, beziehungsweise Freunde ohne Einschränkungen treffen zu können.

Außerdem müssen wir uns noch viel intensiver um armutsgefährdete Familien und vor allem um deren Kinder kümmern. Fragt man genauer zu den einzelnen Maßnahmen der Regierung nach, zeigt sich, dass viele armutsbetroffene Familien nicht ausreichend informiert wurden. So kennt die Hälfte der Befragten den Familienhärtefonds nicht. Von den übrigen 50 Prozent findet etwa ein Drittel die Einmalzahlung aus dem Familien­härtefonds zu gering. Da müssen wir einen viel besseren, auch schnelleren Informations­fluss möglich machen.

Viele Kinder der befragten Familien tragen in der Coronakrise auch große Verant­wor­tung, weil ihre Eltern oder Geschwister zur Risikogruppe gehören. Eine Mutter mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung erzählt: Meine Kinder wollen nicht mehr raus, aus Angst, dass sie die Krankheit mit nach Hause bringen.

Schon vor der Coronakrise lag eine überdurchschnittliche Armutsbetroffenheit für Haus­halte vor, in denen eine erwachsene Person eine Behinderung aufwies – eigentlich ein Armutszeugnis für ein wohlhabendes Land wie Österreich, in dem sich Menschen mit Behinderung eine bessere Unterstützung verdient hätten. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Gleichzeitig hat Armut signifikante gesundheitliche Risken und begünstigt etwa die Chro­nifizierung verschiedener Symptome, wie zahlreiche Studien zeigen. All diese Umstände verschärfen sich noch weiter durch die Pandemie. Armut macht Kinder krank und traurig. Beides könnten wir ändern, und das ist auch unsere verdammte Pflicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren, noch eine persönliche Bemer­kung: Obwohl die Lage in unserem Land durch die Pandemie immer noch sehr ernst und angespannt ist, dürfen wir auf keinen Fall unseren Humor verlieren, und in so manchen Situationen sollten wir gelassener agieren und reagieren.

In diesem Zusammenhang fällt mir ein Satz ein, der da lautet: Ich freu’ mich, wenn es regnet, weil wenn ich mich nicht freu’, regnet es auch! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

12.57

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Der von den BundesrätInnen Thomas Schererbauer, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Aktion 100.000 gegen Corona-Langzeitarbeitslosigkeit“ ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der von den BundesrätInnen Thomas Schererbauer, Kolleginnen und Kollegen einge­brachte Entschließungsantrag betreffend „gesundheitsgefährdendes Ethylenoxid in Corona-Teststäbchen, Mund-Nasenschutz-Masken und Desinfektionsmitteln“ ist genügend un­ter­stützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile ihr dieses.