15.06

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zu­seher! Bevor ich mit meiner Rede anfange, möchte ich dem scheidenden Präsidenten Buchmann für seine verbindende Präsidentschaft und Präsidentschaftsführung wirklich herzlich Danke sagen. Wir hoffen, dass der kommende Präsident diese Gepflogenheit auch so weiterführt und mehr die Verbindung als das Trennende sucht, und ich darf mich auch ganz herzlich bei Vizepräsidentin Doris Hahn für ihre ausgezeichnete Arbeit bedanken. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Jetzt zum Thema: Österreich hätte kein weiteres Beispiel dafür gebraucht, wie eine großartig aufgemachte Ankündigung der Regierung leider wieder danebengeht, nein, wirklich nicht, aber die Regierung hat wieder einen Bauchfleck gelandet, und das wieder auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Der Coronabonus für die Gesund­heits- und Pflegeberufe, den wir heute diskutieren, wurde zum Lehrbeispiel, wie man es bitte nicht machen soll – aber der Reihe nach.

Viele der Beschäftigten in Gesundheits- und Pflegeberufen haben für uns wirklich ihr Leben auf das Spiel gesetzt, haben unter schwersten Bedingungen gearbeitet und sind am Limit. Es wurde geklatscht, Danke gesagt, wie wir auch hier in vielen Reden der Bundes- - (Bundesrat Schennach: Wie der Herr Schwindsackl!) – Genau, wie Bundesrat Schwindsackl gerade: Danke, danke!, in vielen Reden der BundesrätInnen der ÖVP und der Grünen. Wir SozialdemokratInnen haben aber, genauso wie die Gewerkschafterin­nen und Gewerkschafter, bereits im ersten Lockdown gesagt: Klatschen und danken allein wird nicht reichen. Die Forderung nach einem Coronatausender für alle, die in der schweren Pandemiezeit das Land am Laufen gehalten haben, war und ist immer noch wichtig und richtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber die Regierung hat diese Forderung ganz lange Zeit ignoriert. Die Beschäftigten in den systemerhaltenden Berufen sind, ich sage es Ihnen ehrlich, wütend. Zuerst wurde geklatscht und gedankt, aber bald war das vorbei, und man hat vergessen. Im letzten Lockdown wurde nicht einmal mehr geklatscht – bis es für den Kanzler aufgrund der Vorkommnisse um den Untersuchungsausschuss eng wurde. Die peinlichen Chats, die unglaublichen Familiensysteme der türkisen ÖVP wurden in bestürzender Weise offen­bart, und jetzt haben wir eine Ankündigung gebraucht, wieder etwas Positives. Was nehmen wir denn? – Der Coronabonus für Gesundheits- und Pflegeberufe in der Höhe von 500 Euro wurde angekündigt. – Gut, haben wir uns gedacht, wunderbar, na bitte, ein erster Schritt, den kann man begrüßen!

Aber nein, als sich der Nebel um das Ankündigungsgeschwurbel wieder gelichtet hat, war bereits klar: Der Teufel liegt im Detail. Nicht alle angesprochenen Berufsgruppen sollten die Prämie erhalten. Die Reinigungskräfte, von denen Bundesrat Schwindsackl gesprochen hat, waren in der Erstfassung des Textes nämlich gar nicht drinnen. Auf die hat man vergessen. Gerade diese Gruppe, die schlecht bezahlt wird, die schwere Ar­beitsbedingungen hat und von denen 87 Prozent Frauen sind, braucht diesen Bonus, denn die leisten Unglaubliches. Man sieht sie nicht, aber wir brauchen sie für die Sauber­keit und für die Hygiene, sie sind unverzichtbar, und sie verdienen diesen Bonus auf jeden Fall! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Kannst du das für den Herrn Schwindsackl wiederholen, damit er es nicht ganz ...?) – Na, jetzt habe ich es eh gesagt.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den privaten Spitälern waren auch nicht dabei, und vor allen Dingen waren die Sanitäterinnen und Sanitäter nicht dabei.

Die Beschäftigtengruppen haben sich geärgert, und zwar auch jene, die den Bonus er­halten, weil es einfach ungerecht ist, Berufsgruppen auseinanderzudividieren – das geht nicht! Die beeindruckende Demonstration der Gewerkschaften GPA, Younion und Vida am letzten Donnerstag, die durch die Sozialdemokratie unterstützt wird, zeigt eindeutig, wie groß die Solidarität aller Beschäftigten in diesen Bereichen ist, sie ist ein Zeichen dafür, dass das ausgezeichnete Gesundheitssystem in Österreich nur funktioniert, wenn alle Teile ineinandergreifen. Jeder Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin ist wichtig, Gesund­heits­personal genauso wie Sicherheitspersonal und Reinigung, Pflegerinnen, Pfleger und Verwaltung. Und was macht die Regierung? – Sie wählt aus (auf unterschiedliche Personen im Saal deutend): Du bekommst die Prämie, du bekommst sie, du bekommst sie nicht, du bekommst sie auch nicht! (Bundesrat Schwindsackl: 200 000!) Und dann wurden nach dem deutlichen Protest der Sozialdemokratie in letzter Minute doch noch einige Beschäftigungsgruppen aufgenommen: das Reinigungspersonal und das Per­sonal in den Reha-Einrichtungen. Daher stimmen wir heute dem Gesetz auch zu, aber es ist zu wenig.

Wieder wurden wichtige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vergessen. Die Sanitäte­rinnen und Sanitäter, die in Schutzausrüstung ganz direkten Patientinnen- und Patien­tenkontakt gehabt haben, die hat man vergessen. Für mich ist das völlig unverständlich, insbesondere auch, da ÖVP-Klubobmann Wöginger Betriebsrat des Roten Kreuzes in Oberösterreich war, und er lässt jetzt die Sanitäterinnen und Sanitäter im Stich, die kriegen keinen Bonus. Bitte, das könnte mir doch jemand erklären, ich kann es nicht verstehen!

Die Beschäftigten im Behindertenbereich erhalten den Bonus auch nicht. Da weiß man, wie die türkise ÖVP denkt: „Koste es, was es wolle“ gilt für die Wirtschaftsförderung, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht. Da wird man dann kleinlich und knausrig. 9 Millionen Euro PR-Ausgaben hat der Kanzler in diesem ersten Quartal gehabt, eine unglaubliche Summe. Wenn man die auf ein ganzes Jahr aufrechnet, sind wir bei 36 Mil­lionen. (Bundesrat Schennach: Er hat es notwendig!) Diese PR-Ausgaben zählen zu den größten Werbevolumina dieses Landes, aber das ist nicht Geld einer Firma, sondern das ist Steuergeld, und das ist etwas ganz anderes.

Millionen für Werbung, aber bei den Heldinnen und Helden der Krise geizen, das ist nicht fair! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schwindsackl: 100 Millionen?!) Millionen! Daher stellen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Corona-Bonus für alle Krisen-Held*innen“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Finanzminister werden aufgefordert, bei der Zuteilung des ‚Corona-Bonus‘ alle Beschäftigten, die unser Gesundheitswesen am Laufen halten, zu berücksichtigen und darüber hinaus auch den Arbeitnehmer*innen in den Bereichen der Daseinsvorsorge und anderen unverzichtbaren Branchen, wie zum Beispiel im Lebens­mittelhandel, eine finanzielle Anerkennung zukommen zu lassen.“

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Ich kann Ihnen versprechen: Wir bleiben dran, denn da geht es um Fairness, auch für all jene Beschäftigten, die leer ausgehen und die sich diesem großen Ansteckungsrisiko ausgesetzt haben.

Ich darf an die ElementarpädagogInnen erinnern, die keine Maske tragen konnten und Dienst gemacht haben, ich darf an die Beschäftigten in der Produktion und im Handel erinnern, und ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass der Anteil der Frauen in all den systemerhaltenden Bereichen sehr, sehr hoch ist, wir gehen von 70 Prozent aus; von Frauen, die Großartiges geleistet haben. Aber die extrem schweren Belastungen für Frauen und die Verschlechterungen ihrer Arbeitsmarktsituation sind dieser Regierung seit Beginn der Krise völlig gleichgültig, und auch das ist nicht fair. (Ruf bei der ÖVP: Unrichtig!)

Auseinanderdividieren von Gruppen, Ausgrenzen und Verschweigen von Problemen sind nicht der Weg, um gut aus dieser Krise zu kommen, aus einer Krise, aus der wir alle herauswollen und wo wir uns irre freuen, wenn die Ansteckungszahlen und die Arbeits­losenzahlen sinken, aber die Krise ist noch nicht vorbei, und ihre Auswirkungen werden uns noch lange, lange begleiten.

Nur wenn alle faire Chancen erhalten und niemand zurückgelassen wird, kann man die Pandemie und alle ihre Herausforderungen, die ja noch parallel zu dieser Pandemie da sind, meistern (Beifall bei der SPÖ), und daran, wie sie das meistert, ist diese Regierung zu messen, und das werden wir auf jeden Fall tun. – Glückauf! (Beifall bei der SPÖ.)

15.15

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Corona-Bonus für alle Krisen-Held*innen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. – Bitte, Herr Bundesrat.