17.29

Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Werte Damen und Herren! Wenn Sie sich an die asiatische Grippe erinnern – 1957, 1958, da, glaube ich, waren sehr viele von uns noch nicht auf der Welt (Ruf bei der ÖVP: Ja, du nicht!) –: Das war die zweitschlimmste Pandemie des 20. Jahrhunderts. Zwei Millionen Menschen sind ihr zum Opfer gefallen.

Wenn man sich anschaut, wie die Staaten darauf reagiert haben, und wenn man sich ansieht, wie die Staatenwelt heute auf eine Pandemie reagiert, dann fragt man sich schon, in welche Richtung unsere Gesellschaft geht oder gehen will. Damals wurden die Menschen beruhigt, es wurde ihnen empfohlen: Na ja, wenn ihr Symptome habt, bleibt zu Hause, trinkt einen Tee, kuriert euch aus! Es wurde kein staatlicher Zwang in irgendeine Richtung ausgeübt, es wurden auch keine Kampagnen empfohlen, es wurde nicht die Wirtschaft heruntergefahren, es wurden keine Notmaßnahmen gesetzt.

Wenn man sich andere Länder anschaut, die ein bisschen gegen den Zeitgeist stehen, wie Schweden oder einzelne Bundesstaaten der USA, dann sieht man: So kann es auch gehen. Das ist auch ein Weg, den wir Freiheitliche auf jeden Fall bevorzugen würden.

Herr Bundesminister! Ich muss Ihnen trotzdem meine Anerkennung, meinen Dank aus­sprechen. Sie haben sich sehr bemüht, unsere Fragen hier zu beantworten. Das ist nicht selbstverständlich. Wir kennen es von manchen Ihrer Regierungskollegen, dass sie oft sehr über die Dringlichen Anfragen von uns oder von den anderen Oppositionsfraktionen drüberfahren und sich nicht einmal bemühen, eine ordentliche Antwort zu geben. Also hierfür einmal mein Dank vorweg.

Inhaltlich werden wir natürlich nicht zusammenkommen. Ich habe mir einige Punkte aufgeschrieben. Sie haben uns vorgeworfen, wir Freiheitliche würden immer Angst in Bezug auf die Impfung verbreiten. – Ja, das ist halt so ein Narrativ. Wir haben keine Angst vor der Impfung, sondern wir gehen, glaube ich, einfach mit einem sehr gesunden Menschen- und Hausverstand an die Sache heran und betonen die Freiheit.

Eine Impfung ist ein medizinischer Eingriff, der mit gewissen Risiken und Neben­wir­kungen verbunden ist. Das wird ja mittlerweile auch von Ihnen selbst anerkannt. Sie sagen natürlich: Sie ist trotzdem von Nutzen!, und wegen des Nutzen-Risiko-Verhält­nisses empfehlen Sie sie. Das ist ja auch Ihr gutes Recht, Sie sind ja auch Arzt, es kann Ihre fachliche Meinung so sein. Es gibt auch viele andere fachliche Meinungen. Wogegen wir uns aber wenden, ist, dass man die Menschen hineintreibt.

Noch dazu – und darauf habe ich auch immer hingewiesen, das werden Sie mir zuge­stehen, meine Damen und Herren – müssen Sie natürlich auch den staatlichen Rahmen dafür schaffen, dass man Menschen, die Nebenwirkungen und schwere Impfschäden erleiden, nicht einfach im Regen stehen lässt. Das haben Sie aber durch Unterlassung zu verantworten.

Natürlich gibt es ein Impfschadengesetz, das gibt es, ja. Ihr Vorgänger hat das aufge­nommen, dass auch Covid-19-Impfungen empfohlen werden und man daher grund­sätzlich, wenn man einen Impfschaden hat, berechtigt ist, einen Antrag zu stellen. Was Sie aber nicht dazusagen, ist, dass diese Pauschalsätze lächerlich niedrig sind. Da verliert jemand ein Bein als schwere Nebenwirkung aufgrund der Covid-Impfung – das ist ein tragischer Fall; überhaupt keine Frage – und kann dann eine pauschale Ent­schädigung von 1 000 Euro beanspruchen. – Das geht nicht. Man kann nicht auf der einen Seite eine staatliche Impfkampagne fahren und die Impfung bewerben und sagen: Das ist sicher! Tut das! Das ist im allgemeinen Interesse!, und dann derart unsolidarisch sein und die Impfgeschädigten im Regen stehen lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da ist der Staat auch einfach unehrlich. Die Unehrlichkeit ergibt sich auch daraus: Das ist fast schon nach dem Versicherungsprinzip, möchte ich meinen, wenn Sie das kennen: Man schließt irgendeine Versicherung ab, und in den Klauseln ist versteckt enthalten, warum man dann auf einmal die Versicherungsleistung einfach nicht beziehen kann.

So ähnlich ist derzeit der Zustand unseres Impfschadengesetzes. Da wird zunächst versprochen: Der Bund leistet Ersatz für Schäden, die aus Impfungen entstehen, die empfohlen wurden!, und im Detail steht dann zum Beispiel: Ja, man muss schon beweisen, dass ein Zusammenhang zwischen dem Nachteil, den man erlitten hat, und der Impfung besteht! Ja, wie führt man denn diesen Nachweis in der Praxis? Man ist da völlig der Behördenwillkür ausgeliefert.

Ich bitte Sie wirklich – wir haben als Freiheitliche schon Initiativen in diese Richtung gesetzt; die wurden natürlich ignoriert –: Sie könnten einmal Ihr Haus beauftragen, zu prüfen, ob man da nicht generell großzügig mit jenen sein kann, die Nachteile erleiden und das Impfschadengesetz zumindest für diese Covid-Impfungen so weit ausdehnen kann, dass die Menschen keinen Nachteil haben, wenn Sie schon sagen: Das ist gut!, und wenn Sie diese Impfung schon so empfehlen.

Ich wollte noch kurz zu dem rechtlichen Teil unserer Anfrage kommen. Da haben Sie zusammenfassend gesagt: Na ja, all diese Werbespots – das habe ich gar nicht gewusst – sind vom Bundeskanzleramt und nicht von Ihrem Ressort finanziert. Natürlich sind aber Ihre untergeordneten Behörden, glaube ich, als Aufsichtsbehörde zuständig. Da gibt es irgendeine Unterbehörde des Gesundheitsministeriums, die als Aufsichts­behörde für das Arzneimittelgesetz tätig wird.

Insofern glaube ich also schon, dass wir an der richtigen Adresse sind, wenn wir Sie fragen: Was ist mit diesen Kampagnen? – Da ist, glaube ich, Ihre Antwort sinngemäß gewesen: Na ja, das sind ja gar keine Arzneimittelwerbungen im eigentlichen Sinn, weil da ja nicht einmal das Produkt genannt wird! Es wird nur eine Impfung beworben, aber nicht der Impfstoff selbst! – Da kann ich nur entgegenhalten: Es gibt schon eine Judikatur zum Arzneimittelrecht, dazu, ab wann eine unzulässige Laienwerbung vorliegt.

Da möchte ich Ihnen einfach aus einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur Geschäftszahl 4 Ob 81/07a zitieren. Da wurde ganz klar mit Blick auf die ständige Rechtsprechung festgehalten: „Für die Frage, ob die veröffentlichte Information Angaben über ein bestimmtes Arzneimittel enthält und das Ziel verfolgt, den Absatz dieses Arzneimittels“ – also in diesem Fall: die Impfung – „zu fördern, ist die Auffassung der Verkehrskreise entscheidend, an die sich die Angaben richten [...]“ – und jetzt kommt es – „wobei das Fehlen der Produktbezeichnung nicht ausschlaggebend ist. Arznei­mittel­werbung liegt auch dann vor, wenn zwar die Bezeichnung des Arzneimittels nicht ausdrücklich genannt wird, den angesprochenen Verkehrskreisen aber aufgrund der Werbeaussage klar ist, auf welches Arzneimittel sich die [...] Aussage bezieht“.

Na ja, na gut, okay, da kann man natürlich jetzt von Werbebotschaft zu Werbebotschaft unterschiedlicher Meinung sein. Aus meiner Sicht ist es im Zuge dieser Pandemie immer ganz klar, welche Impfstoffe gemeint sind.

Ich bringe Ihnen ein Beispiel: Da war dieser Werbespot, der, glaube ich, ziemlich am Beginn einmal ausgestrahlt wurde; der war Teil dieser Rot-Kreuz-Kampagne Österreich impft. Da war ein älterer Herr in seiner Wohnung zu sehen, der hat gesagt: Ich bin 94 Jahre alt! Ich habe darum gebeten, dass ich geimpft werde! All die jetzt entwickelten Impfstoffe sind sicher! – Anmerkung: Na ja, welche Impfstoffe werden denn gerade entwickelt? – Natürlich genau die gegen Covid-19. Das ist ja in aller Munde.

Dann geht es weiter mit der Werbung: Die zweite Impfung kriege ich in 14 Tagen! Da werden wir schauen, wie die geht, aber die wird sicher auch harmlos sein, nicht? Alle sollten sich impfen lassen, je mehr, umso besser! Ich kann nur empfehlen: so bald wie möglich!

So, das war im Wesentlichen die Werbebotschaft. Das kann man ja machen, aber ich verstehe als Jurist nicht, warum man sich da nicht einfach an die gesetzlichen Grund­lagen für Arzneimittelwerbung hält? Das ist ja nicht so schwierig. Wäre es so schlimm, wenn man diese Botschaft einblendet, wie man sie auch bei Werbung für andere Medi­kamente oder Arzneimittel sieht, nämlich: Bitte fragen Sie zu Risiken und Neben­wirkungen Ihren Arzt oder Apotheker!? Da ist ja nichts dabei. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben ja auch von Ihrer Kommission hier zitiert, dass es natürlich immer ganz wichtig ist, bevor man die Kinder zu irgendwelchen Impfungen drängt – da sagen Sie, Impfungen empfehlen Sie –, auch Aufklärung zu leisten. – Na ja, aber wo gehört denn die Aufklä­rung hin? Sie können doch nicht erwarten, dass sich die Leute, die im ORF zufällig diese Werbebotschaft sehen, dann auch tatsächlich diese Website anschauen, wo vielleicht irgendwo auf der hintersten Seite versteckt irgendetwas zu Risiken und Nebenwirkungen steht. Das ist ja nicht realistisch. Deswegen braucht es eben diesen Hinweis schon in den Werbespots: Es kann auch Nebenwirkungen geben.

Das ist der freiheitliche Zugang, dass wir sagen: Die Bürger sollen selbst entscheiden! Sie sollen frei und informiert entscheiden! – Mit einem solchen Weltbild können Sie ja gar nichts mehr anfangen, meine Damen und Herren von der türkis-grünen Fraktion, und offenbar auch Sie nicht, Herr Bundesminister. Natürlich kann man sagen: Na ja, die Leute kennen sich ja nicht so aus! Man muss sie in eine bestimmte Richtung drängen und schubsen! – Das ist aber eben nicht unser Weltbild. Also wenn sie uns wählen, dann können sie darauf vertrauen, dass unser Weltbild eines ist, das von dem Leitgedanken der Freiheit geprägt ist. Jeder soll selbst entscheiden, ob er sich impfen lassen will oder nicht. Das ist nicht eine Frage der nationalen Volksgesundheit, bei der man die Leute zu irgendetwas drängt, sondern das ist für uns einfach eine Frage, die man für sich selbst beantworten muss und die man sich mit seinem Arzt ausmacht, und eine Entscheidung, die man selbst anhand der verfügbaren, breiten Informationen treffen kann. Also wie gesagt: freie Selbstbestimmung!

Jetzt stelle ich Ihnen zum Abschluss meiner Rede noch ein, zwei rhetorische Fragen. Wenn jetzt auf einmal gesagt würde: Darmspiegelungen sind ganz gut, die sollte man jedes Jahr machen, das wird jetzt empfohlen!, würden Sie dann auch alle wie die Lem­minge und wie die Schafe auf einmal sagen: Na gut, dann müssen wir staatlicherseits die Leute dazu drängen, und sie dürfen nicht mehr ins Gasthaus gehen, wenn sie nicht eine Bescheinigung haben, dass sie ihre jährliche Darmspiegelung gemacht haben!? (Heiterkeit bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Das erscheint Ihnen jetzt vielleicht als absurdes Beispiel, aber ich habe mir vor der Pandemie auch nie gedacht, dass man so einen – meinetwegen: durchaus gefähr­lichen – Virus zum Anlass dafür nimmt, dass man Impfungen, die einen selber schützen, auf einmal für alle ausrollt und sagt: Es ist egal, ob du das willst oder nicht! Du musst das jetzt machen! Das eine Frage der Solidarität!, obwohl damit ja nicht gesichert ist, dass man nicht andere anstecken kann. Das ist mir persönlich völlig unverständlich.

Wenn man sagen würde: Man kann Verkehrsunfälle verhindern, indem man auf der Autobahn nur mehr 50 km/h erlaubt! Das ist super, dann haben wir weniger Verkehrs­tote!, würden Sie dann auch sagen: Na gut, dann verordnen wir halt 50 km/h auf der Autobahn! Das ist gut für die Volksgesundheit!? – Nein, das würden Sie nicht sagen, weil man einfach irgendwann sagen muss: Stopp!

Es geht um die Abwägung – Freiheit, individuelle Selbstbestimmung, gewisse Risiken müssen eingegangen werden. Da hat einfach die Gesellschaft, da hat der Staat nichts verloren. Das ist eben der Unterschied zwischen einem freiheitlichen Weltbild, wie wir es vertreten, und diesem paternalistischen Weltbild, wie Sie es vertreten. (Beifall bei der FPÖ.)

17.39

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Christoph Steiner. Ich erteile ihm dieses.