14.50

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Herr Außenminister! Lassen Sie mich, bevor ich mit der Rede beginne, einige Worte zu Wolfgang Beer verlieren: Wolfgang Beer war ein großartiger Sozial­demokrat, ein großartiger Mensch. Mein Beileid gilt natürlich seiner Familie, im Beson­deren aber heute dir, Korinna, ich weiß, dass dieser Gang heute sehr schwierig war. Auch euch, Elisabeth, Stefan und Daniela, der ganzen Wiener Fraktionsgruppe, möchte ich mein Beileid ausdrücken. Ich weiß, dieser Tag ist für euch sehr schwer.

Meine Damen und Herren! Ich möchte diese Rede im Sinne von Wolfgang Beer anlegen. Wolfgang Beer hat die Dinge – das hat Christoph Steiner vorhin gut gesagt – immer klar angesprochen. Er hat immer ganz klar gesagt, was Sache ist. Er hat gut zugehört, aber auch immer Klartext gesprochen. Er hat das Herz am richtigen Fleck gehabt, und in seinem Sinne möchte ich diese Rede heute anlegen.

Herr Bader! – Er ist wieder rausgegangen. – Herr Bader (Bundesrätin Eder-Gitschthaler – auf den in den hinteren Reihen stehenden Bundesrat Bader zeigend –: Da ist er!), es ist immer wieder unfassbar, wie man auf diese Weise Kindsweglegung betreiben kann. Die ÖVP hat in den letzten Wochen ja im negativen Sinne Unfassbares geleistet. Herr Bun­deskanzler, ich habe gesehen, wie Sie bei der Rede von Frau Dr. Gitschthaler (Bundes­rätin Eder-Gitschthaler: Eder-Gitschthaler!) – Eder-Gitschthaler, Entschuldigung – ein bisschen betroffen geschaut haben, ganz gefallen hat Ihnen diese Rede nicht, nämlich herumzuschlagen und auf andere noch hinzuschlagen, obwohl man einen solchen Bundeskanzler in der Republik hatte, ihn jetzt als Klubobmann installiert hat und diesen manipulativen Vorgang in den letzten nicht Wochen, sondern Jahren noch guthieß. Es ist für mich unfassbar, dass man das noch machen kann: auf andere praktisch noch hinzuschütten und alle anderen Parteien hier praktisch noch schlechtzureden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Bader.)

Ich möchte auf Ihre Rede eingehen, Herr Bundeskanzler. Sie haben in Ihrer Rede ge­sagt, es ist wichtig, von diesen Turbulenzen, die wir jetzt in den vergangenen Wochen hatten – ich frage: Warum hatten wir Turbulenzen in den vergangenen Wochen?, Wer war der Auslöser? –, in ruhige Fahrwasser zu kommen. In ruhige Fahrwasser sollen wir jetzt kommen. Erstens einmal: Warum müssen wir in ruhige Fahrwasser kommen? Was ist eigentlich los? Glauben Sie wirklich, dass wir in einem ruhigen Fahrwasser sind? Glauben Sie das wirklich? Glauben Sie nicht, dass in den nächsten Wochen, in den nächsten Monaten noch einiges aufbrechen wird? Das ist jetzt nicht persönlich gemeint, Herr Bundeskanzler oder Herr Vizekanzler, wir werden uns wahrscheinlich in einigen Monaten hier wieder treffen, aber nicht mehr mit einer Regierung aus ÖVP und Grünen. (Bundesrat Bader: Oh?) Das wird es nicht mehr geben. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe es letztes Mal schon gesagt (Bundesrat Bader: Prophet! Prophet!), zwischen Grünen und ÖVP herrscht Eiszeit, auch hier im Bundesrat. Wenn man die Mandatare genau beobachtet, sieht man: Das schaut nicht gut aus. Hier werden intern nur noch wenige Worte gewechselt. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich glaube, die nächsten Wochen und Monate werden noch zeigen, wie schwierig das wird.

Ich sage Ihnen auch, Herr Bundeskanzler: Warum sollen wir, auch rückblickend ge­sehen, diese Regierung eigentlich großartig unterstützen? Sie erklären uns, dass die ökosoziale Steuerreform ein riesengroßer Wurf ist. Der Herr Vizekanzler hat das vorhin gemacht. Ich werde ein paar Zahlen, Daten und Fakten aufzählen. In der Vergangenheit haben Sie jedoch eigentlich gegen unsere Menschen gearbeitet. Ich vergesse das nicht. In wenigen Wochen, am 1. Jänner 2022, endet die Hacklerregelung, meine Damen und Herren! Millionen von Österreichern können sich bei Ihnen bedanken, dass sie in Zukunft 300 Euro, 400 Euro weniger Pension bekommen werden. (Zwischenruf der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.) Das vergesse ich nicht! Das vergessen wir nicht! (Beifall bei der SPÖ.) Da können Sie jetzt alle mit dem Kopf so runtertauchen, wir werden es der Bevölkerung weiterhin kundtun. (Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

Herr Vizekanzler, zu dieser Steuerreform, die Sie angesprochen haben, habe ich mir die Zahlen wirklich genau herausgeschrieben. Ich möchte Ihnen jetzt am Beispiel Burgen­land, meinem Heimatbundesland, sagen, was das für uns bedeutet. Die Steuerreform kostet das Land Burgenland in Zukunft Ertragsanteile von 30 bis 50 Millionen Euro im Jahr. So viel kostet uns diese Steuerreform.

Die Diskussion um 100 Euro auf oder ab beim Klimabonus spaltet bei uns bereits die Regionen und lenkt davon ab, dass die Steuersenkungen fast ausschließlich an die obere Einkommenshälfte und an Großbetriebe geht. Ich habe das das letzte Mal aufge­zählt. Da ist Red Bull dabei, die OMV. Wir streiten bei kleinen Pensionisten noch wegen 10, 20, 30 Euro im Monat herum. Das ist schon mehr als peinlich. (Zwischenruf des Bundesrates Bader.) – Herr Bader, hören Sie jetzt gut zu! Personen, mit einem Monats­ein­kommen von unter 1 200 Euro profitieren gar nicht von der Lohnsteuersenkung, über­haupt nicht, null! Personen mit einem Einkommen von 6 000 Euro und darüber profitie­ren am meisten. Was ist daran sozial, wenn die am meisten profitieren, und die, die es jetzt brauchen würden, nicht? Stichwort Gaspreise, Benzinpreise, Spritpreise: Das ist das Nächste, es hat mich auch sehr geärgert, Herr Vizekanzler, dass Sie sich herstellen und von einem riesengroßen Wurf sprechen. Was für ein großer Wurf? Für einen Pendler ist es ein großer Wurf? Fahren Sie einmal zur Tankstelle! (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Fahren Sie einmal zur Tankstelle, jetzt schon, und fahren Sie nächstes Jahr im Jänner wieder hin, dann sind die Preise nämlich noch einmal um 8 oder 10 Cent höher! (Bun­desrat Steiner: ... elektrisch!) Da kann ich locker reden, wenn ich öffentliche Verbin­dungen oder vielleicht eine Straßenbahn, eine U-Bahn in der Nähe habe. (Bundesrat Spanring: So ist es!) Das haben viele nicht, die meisten Österreicher haben das nicht. Wir haben genau die Menschen getroffen, die es eigentlich nicht treffen sollte, nämlich wirklich die ärmsten in den Regionen. Ich habe euch einige Beispiele mitgebracht.

Der Klimabonus ist für uns im Burgenland quasi ein Klimamalus, sage ich ganz offen. Die Mehrkosten ab 2022, durchschnittlich gerechnet, sind folgendermaßen: 392 Euro beträgt die jährliche Verteuerung des Sprits. Bei 392 Euro abzüglich 200 Euro Klima­bonus, den Sie ausschütten, bleiben 192 Euro Verlust. Da rede ich noch gar nicht von der Inflation, die uns hart trifft; sie liegt bei 3,4 Prozent, und die Metaller müssen jetzt bei 2,4 Prozent herumstreiten, das nur so nebenbei. Dazu kommen jährlich 180 Euro Mehr­kosten für die Ölheizung. Ein durchschnittlicher Haushalt in Österreich hat ab 2022 insgesamt 372 Euro Mehrkosten für Sprit plus Ölheizung pro Jahr – trotz Klimabonus. Das müssen Sie mir wirklich erklären!

Ich nehme das Beispiel einer alleinstehenden Pensionistin. Eine Pensionistin lebt allein in ihrem alten Haus im Südburgenland. Geheizt wird, wie bei vielen Pensionisten bei uns am Land, mit einer Gas- oder mit einer Ölheizung, in ihrem Fall mit einer Gasheizung. Seit ihr Mann verstorben ist, ist sie auf den Heizkostenzuschuss des Landes Burgenland angewiesen. Ein Umstieg auf eine klimafreundliche Heizung ist finanziell außer Reich­weite, meine Damen und Herren, außer Reichweite! Wir können locker über 10 000, 20 000 Euro reden – das ist für diese Menschen unerreichbar! Obwohl diese Frau im Winter nur dank des Heizkostenzuschusses ein warmes Zuhause hat, wird sie nun von Türkis-Grün mit Mehrkosten von rund 146 Euro im Jahr bestraft – 146 Euro! Von einer Befreiung für diese sozial schwächeren Menschen in unserer Gesellschaft ist nichts zu hören und nichts zu lesen!

Meine Damen und Herren, ich möchte noch eines anmerken, weil das heute noch nicht gefallen ist. Wir leben wirklich in einer schwierigen Zeit, auf der einen Seite die Pan­demie, auf der anderen Seite war gestern, 2. November, der Jahrestag des Terroran­schlags. Ich habe heute mit dem Herrn Bürgermeister von Wien, Michael Ludwig, sprechen können, der mir davon berichtet hat, wie er mit den Angehörigen der Opfer umgegangen ist: Er hat sie eingeladen – ich möchte an dieser Stelle auch noch den Herrn Vizekanzler und Herrn Bundespräsidenten Van der Bellen loben –, er hat die Opferangehörigen eingeladen, hat mit ihnen gesprochen, hat geantwortet. Der Einzige, der nicht einmal irgendetwas gemacht hat, war der verantwortliche Minister der Republik Österreich, Innenminister Karl Nehammer. Wenn Sie mir jetzt sagen, dass es in Ordnung ist, dass man in einem Jahr nicht einmal einen Rückruf macht, nicht einmal irgendwie mit einem Schreiben, mit irgendetwas antwortet, einlädt, dann muss ich fragen: Geht’s noch? Ich frage wirklich: Geht’s noch? Das ist für mich unfassbar! (Anhaltender Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Deshalb werden wir heute in aller Klarheit den Entschließungsantrag, der von der FPÖ noch eingebracht wird, unterstützen: „Der Bundeskanzler wird aufgefordert, dem Bun­des­präsidenten im Interesse Österreichs und seiner Bürger vorzuschlagen, den Bundes­minister für Inneres, Karl Nehammer, zu entlassen und durch eine geeignete Persönlich­keit“ – da muss ich anmerken, das wird bei der ÖVP schwer sein! (Ruf bei der FPÖ: Deswegen haben wir es ja so geschrieben! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ) – „zu ersetzen.“ – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit – danke schön.

14.59

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Josef Ofner. Ich erteile ihm dieses.