15.45

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Frau Vorsitzende! Mit­glieder der Bundesregierung! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Vorweg: Es ist eine Respektlosigkeit Ihrerseits, Herr Kanzler, dass 61 Bundesräte aus ganz Österreich Ihretwegen zu einer Sondersitzung antanzen müs­sen, nur weil Sie es für wichtiger befunden haben, gleich nach Ihrer Angelobung zur Befehlsausgabe nach Brüssel zu fahren (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!), anstatt hier zu uns ins Parlament zu kommen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenbemerkung von Vizekanzler Kogler.) Es ändern sich zwar die Gesichter in der ÖVP, wie Politik gemacht wird und der Inhalt bleiben aber gleich, genauso wie die Tatsache, dass Ihnen – wie Ihrem Vor­gänger – das Parlament vollkommen egal ist.

Herr Vizekanzler Kogler, was sagen Sie als Grüner eigentlich dazu, wenn man extra 61 Abgeordnete aus allen neun Bundesländern für ein: Hallo, ich bin’s, der neue Kanzler!, anreisen lässt? Wie schaut es da mit dem CO2-Abdruck aus? – Ja, ich weiß, nicht so schlimm, wie wenn man mit 400 Privatjets zum Klimagipfel reist. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das Ganze wäre ja eh genau mein Humor, wenn es in Wahrheit nicht ein­fach nur sehr, sehr traurig wäre. Da sieht man dann, wie wir überall, bei vielen Themen – egal ob Klima, Corona oder viele andere Themen – von den Mächtigen und den Regie­renden verarscht werden; anders kann man das leider gar nicht zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Vizekanzler, auch lustig gefunden habe ich Ihren Dank an Sebastian Kurz für seinen Schritt zur Seite; also er ist einen Schritt zur Seite getreten. Ich sage Ihnen etwas anderes: Herr Ex-Kanzler Kurz wurde von den Landeshauptleuten und parteiintern zur Seite getreten, er ist da nicht freiwillig hingegangen. Und weil Sie gesagt haben, das sei ihm mit Sicherheit schwergefallen: Ja, das glaube ich auch; das ist aber nun einmal so: Wenn ein Straftäter verurteilt wird und ins Gefängnis muss, dann fällt es ihm auch schwer, dass er da hingeht. (Beifall bei der FPÖ. – He-Rufe bei der ÖVP.) Da muss man sich halt vorher überlegen, was man macht.

Herr Kanzler, in Wahrheit könnten Sie einem ja fast ein wenig leidtun, denn wenn man sich die bisherige Regierungsleistung anschaut, was alles schiefgegangen ist, dann muss man sagen: Das ist ja fast Unfähigkeit in Perfektion: von fehlerhaften Verord­nun­gen, Verfassungsbrüchen, Rücktritten über die Spaltung der Gesellschaft bis hin zur vermuteten Korruption. Und jetzt müssen Sie quasi als neuer Kanzler den Scherben­haufen übernehmen, als Primus inter Pares den Kopf hinhalten und Ihren klingenden Namen dafür hergeben oder vielmehr Ihren Namen mit Korruptionsvorwürfen beschmut­zen lassen. Sie, Herr Schallenberg, sind nun das neue Gesicht dieser Pleiten-Pech-und-Pannen-Regierung, obwohl viel besser passen würde: dieser verfassungs-, bürger- und staatsfeindlichen Regierung. (Beifall bei der FPÖ.)

Um es aber ganz ehrlich zu sagen: Herr Kanzler, Sie tun mir nicht leid, und ich sage Ihnen auch, warum: weil Sie von Anfang an dabei waren, als Mittäter und als Mitwisser in dieser Regierung. Sie haben alles mitgetragen, wirklich alles. Und was machen Sie jetzt, da Sie die Chance gehabt hätten, einen Neuanfang zu machen? – Sie stellen sich hin und machen in es in Wahrheit noch schlimmer.

In Ihrer ersten Rede untergraben Sie gleich die Unabhängigkeit der Justiz. Wissen Sie, was das war? – Das war in Wahrheit nichts anderes als eine öffentliche schallende Ohr­feige für Justizministerin Zadić. Dabei ist das Einzige, was Sie und die ÖVP an der Justiz so stört, die Tatsache, dass gegen die ÖVP ermittelt wird und – nicht zu vergessen – dass Ihr Zudecker der Nation, quasi der Schutzpatron der unehrlichen ÖVPler, näm­lich Sektionschef Pilnacek, suspendiert wurde. (Zwischenruf der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.) Und ja, ich weiß, er wurde heute in einem Gerichtsverfahren freige­sprochen (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja! Gut! – weiterer Zwischenruf bei der ÖVP) – nicht rechtskräftig, erstinstanzlich, und die Richterin hat im Urteil festgehalten, dass er sehr wohl Geheimnisse, also Ermittlungsstände, weitergegeben hat –, weitere Verfahren sind aber noch anhängig. Also tun Sie nicht so!

Herr Kanzler Schallenberg, Sie wollen doch nicht behaupten, dass Sie von alledem bis­her gar nichts mitbekommen haben, oder? Das glaubt Ihnen doch niemand! Bei all den Verfehlungen, die sich diese Regierung in dieser kurzen Zeit schon geleistet hat, weiß ich ja gar nicht, wo ich mit dem Aufzählen anfangen soll. Es wurde heute schon sehr viel von meinen Vorrednern, besonders von jenen aus meiner Fraktion, gesagt. Ich setze meinen Schwerpunkt auf die Verfehlungen des Innenministers Nehammer – eines In­nenministers, der noch immer im Amt ist, obwohl er schon lange nicht mehr im Amt sein dürfte, zumindest wenn man jenen Maßstab anlegt, der von Ex-Bundeskanzler Kurz nach Ibiza an den besten Innenminister aller Zeiten, nämlich Herbert Kickl, angelegt wurde. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit und Zwischenruf des Bundesrates Kornhäusl.)

Herbert Kickl wurde damals mit dem scheinheiligen Argument abberufen, er könne nicht als Innenminister gegen seine eigenen Parteifreunde ermitteln. Und jetzt, meine Damen und Herren von der ÖVP, wo wir wissen, dass Ibiza im Vergleich zur ÖVP-Korruption lediglich eine ganz kleine Insel im Mittelmeer ist, gilt dieser Maßstab für die eigenen Türkisen oder Schwarzen, oder welche Farbe auch immer sie jetzt haben – jetzt nennen sie sich wieder neue Volkspartei –, nicht mehr. Jetzt gilt das alles nicht mehr!

Daran erkennt man wieder, dass es manche Adelige der ÖVP ganz schön angetan haben müssen – und ich meine jetzt nicht Sie, Herr Schallenberg, sondern im Fall von Sebastian Kurz meine ich Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen, kurz Baron Münchhausen. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit der Bundesräte Ofner und Steiner.)

Aber ja, zurück zum Noch-immer-Innenminister Nehammer, einem Innenminister, der trotz aller Skandale im BVT an genau diesem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung festgehalten hat, obwohl klar war, dass es dort in den letzten zwei Jahrzehnten massive Verfehlungen gab und dass das eine ÖVP-Spielwiese war, wo bei Postenbesetzungen nicht die Qualifikation, sondern ausschließlich das ÖVP-Parteibuch ausschlaggebend war; einem Innenminister, der genau deshalb das Ver­sagen im Vorfeld des Terroranschlags vom 2. November 2020 nicht verhindert hat und auch ganz klar die politische Verantwortung für diesen Terroranschlag trägt. (Beifall bei der FPÖ.)

Sollten Sie heute zuschauen, Herr Innenminister Nehammer, dann sage ich Ihnen: An Ihren Händen klebt Blut! (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist dies ein Innenminister Nehammer, der gleich nach dem Anschlag die Schuld in Richtung eigener Beamter, politischer Mitbewerber, auf das Justizministerium und an­dere Behörden und Institutionen abgeschoben hat – und nicht einmal da hat bei Minister Nehammer das Abschieben funktioniert –, ein Innenminister Nehammer, der sich bei der Durchsetzung der oftmals gesetzwidrigen Coronamaßnahmen durch unverhältnismäßi­ges Vorgehen gegen die eigenen Bürger ausgezeichnet hat, ein Innenminister Nehammer, der die eigenen Bürger, die friedlich gegen die die Grund- und Freiheitsrechte einschrän­kenden Maßnahmen demonstriert haben, einkesseln und anzeigen hat lassen, ein Innenminister Nehammer, der zwar medial den harten Asylrambo spielt, in Wahrheit aber ein Asylteddybär ist, denn wenn es darauf ankommt, bringt er keine Abschiebungen zusammen, und auch beim Grenzschutz, wenn es gegen illegale Migration geht, versagt er auf voller Linie.

Aus diesen genannten und unzähligen Gründen mehr bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Entlassung des Bundesministers für Inneres Karl Nehammer (MSc)“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundeskanzler wird aufgefordert dem Bundespräsidenten im Interesse Österreichs und seiner Bürger vorzuschlagen, den Bundesminister für Inneres, Karl Nehammer, zu entlassen und durch eine geeignete Persönlichkeit zu ersetzen.“

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Herr Bundesrat Kovacs hat es heute schon angesprochen: Ja, wir haben die Latte sehr hoch gelegt. (Heiterkeit des Bundesrates Kovacs.) Es wird wirklich schwer, eine solche Persönlichkeit in den Reihen der ÖVP zu finden – aber man kann es ja probieren. (Beifall bei der FPÖ.) Vielleicht – ich lade die Damen und Herren der Grünen dazu ein – geben sich ja die Grünen einen Ruck und gehen heute bei unserem Antrag mit.

Wissen Sie, Herr Kanzler, früher einmal war es eine Ehre, eine echte Ehre, wenn man Bundeskanzler in Österreich sein durfte. Im Moment ist es vielmehr so ein: Mmh, na ja, wenn sie sonst niemanden finden, dann mache es halt ich! (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Nein, nein!) – Zu verdanken ist dieser Wertewandel einzig und allein einer durch und durch unmoralisch-manipulativ-opportunistischen ÖVP, einer ÖVP, die uns international lächerlich gemacht sowie Österreichs Reputation nachhaltig geschädigt hat und auch weiterhin schädigt. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Auch wenn der heutige Entschließungsantrag der Abberu­fung des Innenministers dient: In Wahrheit ist diese gesamte Regierung rücktrittsreif. (Beifall bei der FPÖ.)

15.56

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Der von den Bundesräten Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Ent­las­sung des Bundesministers für Inneres Karl Nehammer (MSc)“ ist genügend unter­stützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Eduard Köck. Ich erteile dieses.