16.32

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Der Herr Außenminister ist leider nicht mehr hier. Zu meiner Vorrednerin: Die Menschen wollen vor allem in Sicherheit leben, auch am Arbeitsplatz (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Lackner), und dafür haben wir unseren Beitrag geleistet sowie dafür, dass sie für die notwendigen betrieblichen Tes­tungen nicht zahlen müssen (Zwischenruf des Bundesrates Steiner) – nur zur Erinne­rung.

Wir sind ja aber heute hier, um den Herrn Bundeskanzler und den Herrn Außenminister zu begrüßen.

Herr Bundeskanzler, Sie haben in Ihrem Kurzstatement heute zu Mittag eingangs ge­sagt, Sie wollen Ihre neue, unerwartete Rolle mit Kraft und Respekt ausfüllen. Sie haben immerhin das zweithöchste Amt der Republik inne und wollen dieses Amt mit Verant­wortungsbewusstsein ausfüllen. Herr Bundeskanzler, dann tun Sie das bitte auch, denn Österreich braucht eine handlungsfähige, glaubwürdige, integre Regierung, die auch international Ansehen genießt! Was aber machen Sie und Ihre ÖVP-Regierungs­kolle­ginnen und -kollegen? – Sie unterwerfen sich nach wie vor einem Mann beziehungs­weise einer Mannschaft, über die international Folgendes geschrieben wird:

Es schreibt beispielsweise die „Berliner Zeitung“: „Die jungen Männer aus der Kurz-Truppe haben im Machtrausch jedes Maß verloren.“

Oder die „Nürnberger Zeitung“ schreibt: „Das Schmierentheater in Wien sollte als Lehr­stück für die Gefährdung von Demokratien in die Annalen eingehen.“

Herr Bundeskanzler, in Kenntnis der schwerwiegenden Vorwürfe, die ja nicht von uns, dem politischen Mitbewerber, geäußert werden, dem ja immer alles Mögliche in die Schuhe geschoben wird – nein, diese Vorwürfe werden von der Staatsanwaltschaft geäußert und lauten auf Bestechung, Bestechlichkeit, Untreue, Amtsmissbrauch; es geht querbeet durch das Strafgesetzbuch, und diese Vorwürfe werden auch mit viel Substanz unterlegt –, in Kenntnis dieser Vorwürfe also sind Sie und offensichtlich Ihre Fraktion immer noch stolz auf den, der unser Land in diesen Sumpf hineinmanövriert hat, und wollen seinen Kurs fortsetzen!

Wir erinnern uns: Mit fiesesten Methoden, wirklich, mit Methoden, die man sich gar nicht vorstellen kann, wurde einer Ihrer Parteifreunde, nämlich Ex-Kanzler Mitterlehner, aus dem Amt gejagt, und mit ihm auch ein Regierungsteam, das wirklich für die Menschen gearbeitet hat und nicht nur für irgendwelche PR-Gags oder kurzfristige parteipolitische Vorteile. Ich denke dabei zum Beispiel an Finanzminister Schelling, der ein ganz klares Konzept hatte, die kalte Progression abzuschaffen. Das hätte pro Steuerzahlerin und Steuerzahler im Durchschnitt rund 2 000 Euro im Jahr gebracht. Das wäre eine große Steuerreform gewesen – statt jetzt hier Bonuszuckerln zu verteilen und mit Bonuszuckerln herumzuwerfen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Von den 1,2 Milliarden Euro für den Ausbau der Kinderbetreuung war heute und auch in der Vergangenheit schon mehrfach die Rede, da ging es aber um noch viel mehr: Da ging es um viele, viele Qualitätsverbesserungen im Bildungsbereich. Ich war ja früher im Nationalrat Bildungssprecherin meiner Fraktion und habe auch die Bildungsreform mitverhandelt, und ich kann Ihnen sagen, da wäre wirklich noch viel, viel mehr möglich gewesen, aber irgendetwas war da immer spürbar. Wenn wir in den Parteienver­hand­lungen etwas ausverhandelt hatten, auch unter Einbeziehung der damaligen Opposition, nämlich der Grünen, der FPÖ und der NEOS – die haben auch sehr wertvolle Beiträge dazu geleistet –, wenn wir mit Staatssekretär Mahrer etwas ausverhandelt hatten – der wurde auch immer wieder, wie wir festgestellt haben, brüskiert, sein Abgang aber wurde ihm ja dann, wie wir auch wissen, entsprechend versüßt –, wurde das dann immer in letzter Minute von ÖVP-Seite zu Fall gebracht. (Ruf bei der SPÖ: Hört! Hört!) Da hat es dann immer geheißen: Da müssen wir noch ein paar Schleifen ziehen! Das, was da wirklich schon ausverhandelt war, wurde dann immer aus den Reihen der ÖVP von irgendeiner Seite torpediert.

Da ging es nicht, wie das heute schon von Herrn Fraktionsobmann Bader geäußert wurde, um eine verpflichtende Ganztagsschule – ganz im Gegenteil, es ging um echte Wahlfreiheit, darum, dass Eltern wählen können, auch am Land, zwischen einer echten Ganztagsschule in verschränkter Form und eben einer Halbtagsschule mit Nachmittags­betreuung. Es ging auch darum, den Mittelschulen mehr Ressourcen zu geben, um ihre großen Herausforderungen erfüllen zu können. Da ging es um viel, viel mehr. Das alles wurde jedoch torpediert – von nicht festzumachenden Kräften. Wir haben gespürt: Da gibt es irgendwelche Kräfte, die dagegenarbeiten, und jetzt wissen wir, wer das war. Jetzt können wir diese Kräfte auch benennen, die alles daran gesetzt haben, dass nichts weitergeht, solange nicht gewisse Personen als Erste sozusagen durchs Ziel rennen. Jetzt wissen wir es, jetzt können wir diese Personen auch ad personam benennen.

Sie, Herr Bundeskanzler, sollen immer noch jeden Montag, wie es zum Beispiel über die „Kleine Zeitung“ kolportiert wurde, zur Befehlsausgabe durch diese destruktiven Kräfte in die Lichtenfelsgasse pilgern. Das ist kein Neuanfang, wie man sich einen vorstellt, und das bedeutet auch nicht eine Politik, wie Sie sie angekündigt haben, nämlich mit Kraft und Respekt für Österreich zu arbeiten.

Da muss man natürlich auch die Frage stellen, wie das die Grünen im Wahlkampf getan haben: Was „würde der Anstand wählen“? – Sicherlich nicht das, was derzeit von den Grünen unterstützt wird!

Ich muss auch den Herrn Vizekanzler fragen, wie da seine Sichtweise ist. Ich weiß nicht, wie schwer oder leicht es Ihnen fällt, die Augen und Ohren zu verschließen und sehr oft auch den Mund, denn die Kritik, die man von den Grünen gewohnt war, gegen Miss­stände aufzutreten, diese Kritik ist verstummt und sie fehlt auch in der politischen De­batte.

Herr Bundeskanzler, wenn Sie diesen ehrenvollen Titel Bundeskanzler zu Recht tragen wollen und Österreich und nicht nur Ihrer Partei dienen wollen, dann fordere ich Sie zu Folgendem auf: Legen Sie unverzüglich eine Regierungsvorlage vor, die die Empfeh­lungen des Antikorruptionsvolksbegehrens umsetzt! Betreiben Sie Schadensabwehr, indem sämtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, gegen die ermittelt wird, suspendiert werden, so wie das auch bei kleinen Beamtinnen und Beamten üblich ist! Stellen Sie vor allem sämtliche Angriffe und Misstrauensbekundungen gegen die Justiz ein! Machen Sie den Schaden gut, der der Republik zum Beispiel durch die Übernahme von Kosten für gefälschte Umfragen und Inserate entstanden ist! Beauftragen Sie – vielleicht ist das schon geschehen; vielleicht können Sie uns dazu etwas sagen – die Finanzprokuratur damit! Sie könnte sich ja als Geschädigte dem Strafverfahren anschließen. Machen Sie auch gegenüber der Bevölkerung eine Schadensgutmachung, indem sofort die kalte Progression abgeschafft wird! Und her mit den 1,2 Milliarden für Kinderbetreuung und Bildungsagenden, die so wichtig und so dringend notwendig sind! (Beifall bei der SPÖ.)

Der Herr Außenminister hat uns einen Überblick über seinen Reisekalender gegeben. – Vielen Dank dafür. Ich ersuche Sie aber, auch die außenpolitischen Perspektiven darzu­legen. Vor allem: Treten Sie unverbrüchlich für die Menschenrechte in Europa ein, auch gegenüber Staaten und Staatsvertretern, die Frauenrechte missachten und der Verlet­zung von Frauenrechten nicht entschieden entgegentreten, die die Istanbulkonvention infrage stellen! Da können Sie Profil zeigen, und darum ersuche ich Sie auch. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

16.42

Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Michael Bernard. Ich erteile dieses.