16.52

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Herr Vizekanzler! Herr Kanzler! Liebe Kollegen! Herr Bundeskanzler Schallenberg hat uns heute gleich zu Beginn dieser Sitzung nochmals mitgeteilt, dass er für eine sachliche oder eine sachgerechte Politik – ich glaube, so hat er das formuliert: sachlich und sachgerecht – die Hand ausgestreckt hat.

Dazu darf ich ihm, um vielleicht die Diktion unserer grünen Kollegin zu verwenden, von altem weißem Mann zu altem weißem Mann ein paar Überlegungen mitteilen. Eigentlich müsste ich es politisch korrekt noch vergrößern: von altem heterosexuellem weißem Mann zu altem heterosexuellem weißem Mann. Zwischen uns herrscht also zumindest aus grüner Sicht eine Gesprächsebene, die ich für einige Vorschläge nützen darf. (Bundesrätin Schumann: Aber es amüsiert den Kanzler ...!)

Herr Bundeskanzler, das ist aber nicht lustig gemeint, sondern ich wollte nur politisch korrekt sein, damit bei den Grünen vielleicht ein bisschen Überraschung über meine - - (Vizekanzler Kogler: ... die Pointe überfordert nur die eigene Fraktion! – Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und Grünen sowie Beifall bei der SPÖ.) – Ja, ja, ja! Danke jedenfalls für den Applaus! Danke, Herr Vizekanzler, für den Einwand! (Rufe: Hochmut kommt vor dem Fall! Der Applaus war aber für den Vizekanzler! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

Jetzt wollen wir also – vereinfacht: von Mann zu Mann – zu sachlichen Fragen kommen. (Rufe bei der SPÖ: „Von Mann zu Mann“? Dann können wir gehen ...!) Starten wir viel­leicht mit all den Dingen, die der Herr Bundeskanzler als sachlich oder sachgerecht erwähnt hat. Natürlich hat er die Klimapolitik, den Zusammenhalt, die europäische Dimension erwähnt, der Herr Außenminister hat auch die transatlantische Partner­schaft – interessant! – beziehungsweise die transatlantische Dimension genannt und natürlich die gute Einwanderungspolitik, die die Regierung gemacht hat und macht.

Fangen wir vielleicht mit der Einwanderungspolitik an, schauen wir einmal die Einwan­derungspolitik näher an: Einwanderung ist bei uns mittlerweile hauptsächlich Asylpolitik, denn der Großteil der Einwanderung nach Österreich erfolgt unter Gebrauch oder, fachlich ausgedrückt, Missbrauch des sogenannten Asylrechts. Bis jetzt – die letzte Statistik, die erhältlich ist, ist inklusive August – haben wir ein Plus an Asylanträgen in Österreich von 121 Prozent. Das heißt, der Missbrauch des Asyls zur Masseneinwan­derung aus der Dritten Welt erreicht neue Höhen. Bis jetzt haben wir etwa 20 000 An­träge, bis Jahresende ist mit etwa 30 000 zu rechnen.

Wenn ich auf die erste Anfragebeantwortung des Außenministers zur Evakuierung von – unter Anführungszeichen – „Österreichern“ aus Afghanistan zurückkommen darf: Da hat der Herr Außenminister über den Vorgang, den noch der jetzige Bundeskanzler und frühere Außenminister zu verantworten hat, mitgeteilt, dass wir – ich habe mir das aufgeschrieben – 346 Leute aus Afghanistan evakuiert haben, davon waren 94 öster­reichische Staatsbürger – wahrscheinlich Alpintouristen, Wanderer und so weiter, die am Höhepunkt des afghanischen Bürgerkrieges dorthin gereist sind.

Interessant ist aber: Wer waren die 252 anderen Geretteten? – Die haben angeblich über gültige österreichische Aufenthaltstitel verfügt. Wer verfügt in Afghanistan am Höhepunkt des Bürgerkrieges über gültige österreichische Titel – der Minister hat es in der Anfragebeantwortung auch erwähnt –: Leute, die einen gültigen Asylbescheid oder ein humanitäres Bleiberecht haben oder aus sonstigen Gründen nicht abgeschoben wer­den können! Das heißt, allein diese Auskunft zeigt uns ja, was von unserem Asylsystem zu halten ist. Die Leute, die zu uns gekommen sind, weil sie vor Krieg, Verfolgung, Diskriminierung und so weiter geflüchtet sind, machen Familienbesuch, Urlaub oder was immer in ihrem Herkunftsland. Das Gleiche gibt es übrigens bei den tschetschenischen Asylwerbern, die fast zu einem Drittel zu Hause Urlaub machen.

Was wäre eine sachgerechte Politik, wenn Sie die Hand nicht nur zu uns, sondern zur österreichischen Bevölkerung ausstrecken, Herr Bundeskanzler, Herr Außenminister? – Dass Sie diese Wahrheiten auf den Tisch legen (Beifall bei der FPÖ) und sagen: Da ist ein eklatanter Missstand! Da wird auf unserem Recht herumgetrampelt, da werden wir für blöd verkauft! Da muss auf europäischer Ebene, aber vor allem auf dieser Ebene, hier, etwas geschehen. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Kommen wir vielleicht gleich zur transatlantischen Partnerschaft, wie der Herr Außen­minister interessanterweise jetzt gesagt hat. Ich habe immer noch gedacht, wir sind neutral und nicht Teil der Nato. Unter transatlantischer Partnerschaft versteht man vulgo die Nato, also die sogenannte Partnerschaft mit den USA unter dem Deckmantel oder Überbegriff der Nato – ein Relikt der europäischen Nachkriegsordnung, der Besatzungs­zeit, mit dem die USA den Verbleib eines großen Teils ihrer Armee als Postbesatzungs­truppe in Europa rechtfertigen.

Ist das tatsächlich die österreichische Außenpolitik? Ist das der Weg, dass wir zu einer Union der Werte kommen? Sind das – die Kriege im Irak, in Afghanistan, die Freundschaft, die enge Partnerschaft mit Saudi-Arabien und seinem demokratischen König oder mit Herrn Präsidenten al-Sisi in Ägypten – unsere Partnerschaften? – Nein! Herr Bundes­kanzler, wenn Sie da sachlich und sachpolitisch agieren würden, würden Sie den Außen­minister zurechtweisen und sagen: Wir haben eine alte, verfassungsrechtlich gesicherte Tradition der Neutralität, mit der wir gut gefahren sind, und eine Partnerschaft – eine sogenannte Partnerschaft, die keine ist, sondern eine Unterwerfung unter das ameri­kanische Imperium für außenpolitische Abenteuer, teilweise zum Schutz von Potentaten und Diktatoren – ist das nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Gehen wir jetzt weiter zur europäischen Dimension: Was hat diese europäische Dimension hinsichtlich unserer Probleme gebracht? Vielleicht betreffend die ange­sprochenen: Was hat sie in der Asyl- und Einwanderungspolitik gebracht? – Die größte Schlepperorganisation in der europäischen Geschichte – Poseidon oder wie immer sie heißt –, in deren Rahmen Schiffe – Kriegsschiffe! –, die von Mitgliedsländern zur Verfügung gestellt werden, unter EU-Kommando bis jetzt etwa 600 000 Asylwerber – im Wesentlichen aus Afrika – nach Europa geschifft haben! Ist das die europäische Dimen­sion, die wir wollen, oder ist es die Zwangsverteilung dieser nach Österreich, nach Deutschland, nach Schweden geschifften Asylwerber über EU-Regeln? Ist es die Zwangs­festsetzung von Quoten, die Ausschaltung jedes nationalen Mitspracherechts bei der Einwanderung und beim Asylwesen und die Verlagerung dieser für uns so wichtigen Entscheidungen nach Brüssel? Herr Bundeskanzler, wenn es um Sachpolitik im Inter­esse der Österreicher ginge, dann würden Sie da ein klares Nein sagen und würden sagen: Wir werden uns auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass dieser Wahnsinn gestoppt wird! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, wenn Ihr Herr Außenminister sagt: Ja, man wird sich deutliche Schritte gegen Polen überlegen müssen, weil es die europäischen Werte verletzt! (Bun­desrat Schennach: Richtig!), dann hat er überhaupt nicht nachgesehen, worum es da geht. Da geht es jetzt in erster Linie natürlich um das Erkenntnis des polnischen Verfas­sungsgerichts, das gesagt hat: Polnisches Verfassungsrecht steht über dem EU-Recht, und dort, wo EU-Recht polnisches Verfassungsrecht bricht, ist es nicht anzuwenden! (Bundesrat Schennach: ... Unionsrecht ...!)

Das ist natürlich ein Angriff auf den Rechtsstaat, denn eine Entscheidung eines Gerichts, die der EU nicht passt, ist generell ein Angriff auf den Rechtsstaat. In der EU-Diktion ist das ein Rechtsstaat, was den eigenen Wünschen genügt. Wenn ein Gericht EU-konform urteilt, dann ist es immer rechtsstaatlich, wenn aber Entscheidungen gefasst werden, die der Kommission oder maßgeblichen Drahtziehern im Europäischen Parlament und im Rat nicht passen, dann gibt es Sanktionen; Sanktionen, die sich in Wirklichkeit gegen den Rechtsstaat und die Rechtsstaatlichkeit richten.

Wenn jetzt gesagt wird, die Polen müssen 1 Million Euro Strafe zahlen, bis sie klein beigeben und ihren eigenen Rechtsstaat begraben, dann müssen Sie, Herr Bundes­kanzler, sagen: Nein, Herr Außenminister, da stehen wir nicht auf der Seite des Un­rechts, da stehen wir auf der Seite des Nationalstaates und des Rechtsstaates! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich könnte diese Liste - - (Bundesrat Himmer: Dieses Problem hätte eine Regierung Rendi/Kickl gelöst!) – Nachher, jetzt bin ich am Wort. Was? (Bundesrat Himmer: Dieses Problem hätte eine Regierung Rendi/Kickl gelöst!) – Das können wir nachher disku­tieren. Rendi und Kickl hätten wahrscheinlich, unter uns gesagt, auch nicht viel weiter­gebracht, denn mit Rendi als Partnerin, na ja, also ich will meine persönliche Meinung dazu nicht äußern. (Bundesrätin Schumann: Na das ist aber gescheit!)

Herr Bundeskanzler und Herr Minister, wenn Sie wirklich die Hand ausstrecken möchten und wenn Sie von Ankündigungen, Propaganda, Wiederkäuen von EU-Sprech und dergleichen zur Sachpolitik im Interesse der Bevölkerung übergehen möchten, dann sind, davon bin ich überzeugt, sowohl meine Person als auch jedes alte weiße männ­liche, aber auch junge weiße männliche Mitglied unserer Gruppe ebenso wie die jungen weißen Damen unserer Gruppe bereit, aus dem Rucksack ihrer Erfahrung einige Spenden dazulassen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

17.02

Präsident Dr. Peter Raggl: Zur ersten Rede hier im Bundesrat zu Wort gemeldet ist Bundesrat Günter Pröller. Ich erteile es ihm.