10.55

Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr ge­ehrter Herr Finanzminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ingo Appé! Es gehört dazu, dass dieses sehr bewährte Besteuerungssystem in der Land- und Forstwirtschaft von der sozialdemokratischen Seite kritisiert wird.

Das ist ein System, das, glaube ich, die Einkommenssituation der österreichischen Land- und Forstwirtschaft – und die ist wirklich nicht beneidenswert – sehr gut abbildet und auch verhindert, dass wirklich eine überbordende Demokratie für die Einkommensfest­stellung notwendig ist. Bitte sehen Sie sich die Auswertungen im Grünen Bericht genau an, dann werden Sie erkennen, dass da einfach in ganz wenigen Fällen Einkommen­steuer anfällt! Dann braucht man auch keine Einkommensermittlung, wie sie vielleicht in sonstigen wirtschaftlichen Bereichen üblich ist.

Ich darf aber jetzt, bevor ich ein paar Worte zu dem Gesetz sage, noch einen kurzen Abriss machen. Wie geht es der österreichischen Landwirtschaft in gegebenen Krisen­zeiten? – Du hast es selber zuerst angesprochen: Wir haben nicht nur eine Krise. Wir haben nicht nur eine Ukrainekrise, die uns alle, glaube ich, sehr zum Nachdenken bringt, wir haben auch eine Pandemiekrise, und wir haben auch eine Klimakrise. Von der Kli­makrise ist gerade die Landwirtschaft besonders betroffen. Die Landwirtschaft ist eigent­lich immer der erste Bereich, der die Auswirkungen der Klimakrise sehr schnell und sehr unmittelbar zu spüren bekommt.

Aber noch einmal zurück zur Krise der Pandemie: Der 13. März 2020 hat für uns alle, vor allem aber für die Konsumentinnen und Konsumenten, eine Zäsur gebracht. Die vollen Regale waren plötzlich keine Selbstverständlichkeit mehr. Nicht nur das Klopapier, sondern viele Produkte, die man rund um die halbe Welt zu uns in die Regale importiert hat, ohne dass da viele darüber nachgedacht hätten, waren plötzlich nicht mehr zu finden. Der Konsument in Österreich und auch in anderen europäischen Ländern hat plötzlich gespürt: Das ist keine Selbstverständlichkeit, dass die Produkte zu jeder Zeit verfügbar sind. Es gab Gott sei Dank eine Rückbesinnung auf die Wichtigkeit der Selbstversorgung und der Ernährungssouveränität. Die heimische Landwirtschaft ist Ga­rant für die Absicherung dieser Souveränität. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrä­tInnen der Grünen.)

Aber auch die Landwirtschaft selbst leidet unter der Knappheit der Rohstoffe. Diese Knappheit macht auch vor der Landwirtschaft nicht halt – mit vielen negativen Folgen, insbesondere beim Preis. Bereits vor der Ukrainekrise kam es zu Steigerungen bei Preisen für Saatgut, Betriebsmittel, Düngemittel und Treibstoffe. Wir reden dabei nicht von ein paar Prozent. Es kam zu Verteuerungen im Bereich von Verdoppelungen und Verdreifachungen der Preise.

Wir bekommen auch bei uns in der Interessenvertretung viele Anrufe von besorgten Landwirtinnen und Landwirten, die uns sagen: Wir wissen nicht, wie wir diese Betriebs­mittel bezahlen sollen. Vor allem wissen wir auch nicht, ob wir für das Produkt dann irgendwann auch einen entsprechenden Mehrerlös bekommen. – Also da herrscht ziem­lich viel Verzweiflung vor.

Trotzdem haben wir einen großen öffentlichen Auftrag in der österreichischen Landwirt­schaft: Wir haben dafür zu sorgen, dass wir die Ernährungssouveränität sicherstellen. Wenn alle Rahmenbedingungen passen, kann die österreichische Landwirtschaft rund zehn Millionen Personen ernähren. Damit haben wir auch wirklich eine gewisse Sicher­heit. Wenn man aber weiß, dass die ukrainische Landwirtschaft 600 Millionen Menschen ernähren kann und dass die zum Teil ausfällt, dann wissen wir, wie wichtig es ist, dass wir auch entsprechend auf unsere Landwirtschaft schauen und darauf schauen, dass unsere Landwirte auch das Auskommen finden.

In diesem Zusammenhang darf ich mich auch bei Bundesminister Brunner recht herzlich dafür bedanken, dass beim bisherigen Teuerungsausgleichspaket auch die Landwirt­schaft mitberücksichtigt wurde. Ich glaube, das ist sehr, sehr wichtig. Ich wäre aber kein guter Interessenvertreter, wenn ich nicht gleich anmerken würde: Lieber Magnus, die Landwirtschaft wird aufgrund der massiven Teuerungen weitere Entlastungen brauchen, um die extrem gestiegenen Preise abzufedern, da wir sonst ja wirklich befürchten müs­sen, dass viele Betriebsaufgaben ins Haus stehen – und das nicht irgendwann, sondern sehr bald.

Also bei der Landwirtschaft zu sparen wäre absolut der falsche Weg. Das wäre so, als würden wir den Ast abschneiden, auf dem wir alle sitzen.

Zu den gegenständlichen Gesetzesnovellen: Nach der geltenden Rechtslage wäre mit 1.1.2023 eine Hauptfeststellung durchzuführen. Das wäre ein großer bürokratischer Auf­wand, ich habe ihn angesprochen: 550 000 wirtschaftliche Einheiten müssten ange­schrieben und es müsste wieder nachgefragt werden: Hat sich irgendetwas bei dir verän­dert, vor allem auch in der Bodenbewertung? – Dabei muss man wissen, dass unsere Landwirte erst vor drei bis vier Jahren neue, aktuelle Einheitswerte zugestellt bekommen haben. Also da hat sich in der Bewertung im Bereich der Böden nichts geändert – sehr wohl aber im klimatischen Bereich.

Dabei muss man wissen, die derzeit zugrunde liegenden klimatischen Verhältnisse be­ruhen auf dem Zeitraum von 1960 bis 1990, und wir alle spüren es: Das Klima hat sich massiv geändert. Es wird jetzt ein neuer Bemessungszeitraum, ein 30-jähriger Bemes­sungszeitraum, von 1990 bis 2020, zugrunde gelegt, der auch Einfluss auf die neuen Einheitswerte haben muss.

In den Gesetzesnovellen ist auch vorgesehen, dass die Digitalisierung natürlich auch bei der Feststellung der Einheitswerte noch stärker Einzug halten soll. Damit erreichen wir eine Entbürokratisierung, eine Beschleunigung der Verfahren und vor allem eine Verein­fachung der Verfahren, was auch unbedingt notwendig und sehr zu begrüßen ist.

Wir steigen ab 2032 auf eine rollierende Bewertung um. Kollege Appé hat es beschrie­ben. Das ist sehr, sehr wichtig, weil wir nicht wieder pauschal 550 000 Einheiten fest­stellen müssen, sondern nur in solchen Bereichen, wo die Schwellenwerte überschritten und objektive Indizes angepasst werden.

Gut, das sind grob die Inhalte. Du hast sie sehr gut beschrieben. Ich darf sagen: Die Novelle, die wir heute beschließen, ist richtig und wichtig. Ich lade daher alle ein, diese Maßnahmen im Sinne der Bauern, im Sinne der Absicherung der so notwendigen Ernährungssouveränität und im Sinne einer Entbürokratisierung und der Sparsamkeit des Staates mitzutragen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

11.02

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Johannes Hübner. Ich erteile ihm das Wort.