15.54

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um den Bericht der Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend EU-Jahresvorschau 2022. Der wesentliche Inhalt des Verhandlungsgegenstandes, das Arbeitsprogramm der Europäischen Kom­mission für das Jahr 2022, steht unter dem Titel „Europa gemeinsam stärker machen“. Ziel ist es, gestärkt aus der Covid-19-Pandemie hervorzugehen sowie den grünen und digitalen Wandel zu beschleunigen und eine gerechte, resiliente und kohäsive Gesell­schaft zu schaffen. So wird die Kommission auch im Jahr 2022 einen Fokus auf die Um­setzung der bereits 2020 vorgelegten Prioritäten legen.

Empfohlen wird die Reduktion des Einsatzes chemischer Pestizide um 50 Prozent, die Verringerung des Einsatzes von Düngemitteln um mindestens 20 Prozent, die Verringe­rung des Verkaufs von antimikrobiellen Mitteln für Nutztiere und Aquakultur um 50 Pro­zent sowie die Anhebung des Anteils der biologisch bewirtschafteten landwirtschaftli­chen Flächen auf 25 Prozent.

Ebenso debattiert werden sollen folgende Punkte: Festlegung von Nährwertprofilen zur Einschränkung der Bewerbung von Lebensmitteln mit hohem Salz-, Zucker- und/oder Fettgehalt im vierten Quartal; Vorschlag für eine Überarbeitung der EU-Rechtsvorschrif­ten über Lebensmittelkontaktmaterialien im vierten Quartal; Vorschlag für eine harmoni­sierte verpflichtende Nährwertkennzeichnung auf der Packungsvorderseite im vierten Quartal; Vorschlag für eine Herkunftskennzeichnung, das heißt Ursprungsangabe, für bestimmte Erzeugnisse im vierten Quartal.

Damit diese GAP-Strategiepläne in den Mitgliedstaaten der EU wie geplant ab 2023 in die nationale Umsetzung starten können, muss der Genehmigungsprozess bis spätes­tens Ende 2022 abgeschlossen sein.

In der neuen Periode sind für Österreich in der ersten Säule – Direktzahlungen – EU-Mittel in Höhe von rund 678 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen. In der zweiten Säule – ländliche Entwicklung – sieht der GAP-Strategieplan Mittel in der Höhe von rund 1 060 Mil­lionen Euro pro Jahr vor.

Der Bericht ist durch den Ukrainekonflikt meiner Meinung nach nicht mehr aktuell. Statt durch bürokratische Maßnahmen die Landwirtschaft überzuregulieren, muss diese nun entfesselt werden, um die Versorgungssicherheit sicherzustellen.

Die Folgen der jahrzehntelangen ÖVP-Landwirtschaftspolitik fallen jetzt der ganzen Be­völkerung auf den Kopf. Der Weg, den konventionellen Landwirten, die die benötigten Mengen für die Selbstversorgung produziert haben, systematisch den Garaus zu ma­chen, kostet uns jetzt doppelt. Aufgrund Ihrer jahrelangen verfehlten Landwirtschaftspoli­tik haben nicht nur in den letzten Jahren zwei Drittel der Landwirte ihren Betrieb verloren, sondern zusätzlich kommen jetzt viele Produkte und Rohstoffe für die Lebensmittelpro­duktion aus der Ukraine und aus Russland.

Was passiert, und zwar im Jahr 2020, durch laufende Verbote von Pflanzenschutzmit­teln, von Wirkstoffen, zum Beispiel aus der Gruppe der Neonikotinoide, und schließlich deren gänzliches Verbot? – Ich darf erinnern: Es hat der Rübenrüsselkäfer im Raum Stockerau, Tulln, Hollabrunn, Mistelbach und im Marchfeld gewütet. Das sind die Haupt­anbaugebiete für die Zuckerrübe. Da sind auf bis zu 10 000 Hektar die Rüben unmit­telbar nach dem Feldaufgang vernichtet worden. In den Regionen haben massenweise die Bauern mit dem Rübenanbau aufgehört. (Bundesrat Gfrerer: Wer hat die Zucker...?)

Die ersatzlose Aufhebung der EU-Zuckermarktordnung führte damals zusätzlich zu ei­nem Preisrückgang, bedingt durch die Zuckerimporte aus Nicht-EU-Ländern und einen Verdrängungswettbewerb zwischen den Mitgliedsländern innerhalb der EU, um sich Marktanteile auf Kosten der anderen zu sichern. Der Preisverfall betrug damals bis zu 50 Prozent. Selbst bei vollen Erträgen war damals der Zuckerrübenanbau nicht mehr rentabel. Wenn dann der Rübenrüsselkäfer die Pflanzen bereits beim Aufgang vernich­tet, verursachen diese beiden Faktoren den Ausstieg der Bauern aus der Rübenproduk­tion. Das ist nur ein Beispiel. Die Biorübenbauern haben bis zu 90 Prozent Ausfall ge­habt.

In den Jahren 1970 bis 1995 – das Beispiel habe ich eh schon einmal gebracht – hat der Preis für Schweinefleisch, umgerechnet von Schilling auf Euro, 2 Euro bis 2,61 Euro ausgemacht, bei einem damaligen Dieselpreis von 0,52 bis 0,58 Euro. Der durchschnitt­lich um 50 Prozent gesunkene Basispreis des Produkts Schweinefleisch bei gleichzeiti­ger Verdoppelung der Treibstoffpreise ist ein Grund für die massiven Betriebsschlie­ßungswellen der viehhaltenden Betriebe. Dieselben massiven Einbußen – von im Schnitt umgerechnet 300 Euro pro Tonne auf 150 Euro pro Tonne – gab es in den letzten Jahren im Getreideanbau. Wir müssen meiner Meinung nach nun rasch nach Alternati­ven suchen, um die eigene Produktion zu stärken, sonst werden sich unsere Konsumen­ten die Grundnahrungsmittel nicht mehr leisten können.

Von der Landwirtschaftsministerin kommt nur Schweigen. – Ich habe kein Verständnis dafür, Frau Minister, dass Ihrerseits bis jetzt gar keine Vorschläge für Lösungen auf dem Tisch liegen.

Dabei bieten sich einige Möglichkeiten, dem Preistsunami entgegenzuwirken, an. Die GAP muss überarbeitet und dieser neuen Situation angepasst werden. Es ist ein Wahn­sinn, unsere Bauern zu verpflichten, in der jetzigen Situation ihre Flächen stillzulegen, aus der Nutzung zu nehmen. Wir müssen eine umfassende Selbstversorgung der eige­nen Bevölkerung sichern, vor allem durch die Stärkung der heimischen landwirtschaft­lichen Produktion. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben auch schon mehrmals über das Thema erneuerbare Energien gesprochen. Wenn man die Flächen für die Lebensmittelproduktion dazu verwendet, Fotovoltaikanla­gen aufzustellen, sei dahingestellt, ob das der richtige Weg ist, und anstatt Dünger aus der heimischen Produktion im Ausland zu verkaufen, sollte die Düngerproduktion für Ös­terreich sichergestellt werden.

Jetzt darf es kein Warten mehr geben. Die Lebensmittelproduktion braucht nämlich ihre Zeit. Jetzt kommt der Frühling, jetzt muss gesät werden. Raus aus dem Dornröschen­schlaf, Frau Minister! Es müssen auch die anderen Minister mitspielen, weil die Trans­portwege für die Waren weiter aufrechterhalten bleiben müssen. Meiner Meinung nach gehören die Stilllegung von Agrarflächen gekippt und der weitere Einstieg in den Bio­landbau einstweilen gestoppt. (Beifall bei der FPÖ.)

16.01

Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Martin Preineder. Ich erteile dieses.