17.28
Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Ich darf auch die beiden Gäste auf der Galerie begrüßen, das sind der ehemalige und der amtierende Schulsprecher der HTBLVA Spengergasse im 5. Wiener Gemeindebezirk. Herzlich willkommen! Ihr schaut euch das gleich ein bisschen für die Zukunft an. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)
Ich hoffe, ihr habt dem Finanzminister ganz deutlich zugehört. Ich versuche das immer, ich versuche auch mitzunehmen, was er gesagt hat. Eine Sache, die schon hängen geblieben ist, ist, dass er die Opposition gemahnt hat, sie solle redlich mit Zahlen umgehen, sie solle redlich mit Fakten umgehen. – Herr Minister, dann müssten Sie selber auch ein wenig vor Ihrer eigenen Haustür kehren. Ich präsentiere die fünf Unwahrheiten des Finanzministers Magnus Brunner, die in dieser Sitzung bereits geäußert wurden.
Die erste, mit der er begonnen hat, war, dass die Mehrwertsteuersenkung europarechtswidrig sei. Das könnte im ersten Moment für einen Juristen ja durchaus einleuchtend sein, wenn man sich aber konkret anschaut, was Spanien gemacht hat, dann weiß man, dass das Spanien nicht genug war. Die sind zur Europäischen Kommission gefahren, haben verhandelt und natürlich diese Mehrwertsteuersenkung bekommen. Diese ist von 21 Prozent auf 10 Prozent reduziert worden. Das könnte ich mir vom österreichischen Finanzminister auch erwarten, dass er einmal nach Brüssel fährt und zumindest versucht, diese Maßnahme zu verhandeln. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)
Nummer zwei: Österreich sei das Land, das in der Europäischen Union als erstes Maßnahmen gegen die Teuerung gesetzt habe. Ja, wenn man die sozialdemokratisch geführten Länder außer Acht lässt, dann stimmt das, aber Portugal und Spanien waren natürlich wesentlich zeitiger dran.
Spanien war es bereits im Herbst letzten Jahres – eben durch die Mehrwertsteuersenkung –, und jetzt hat man in Spanien und Portugal auch noch einmal einen Deckel für die Energiepreise gesetzt, einen Deckel, den wir auch in Österreich wirklich gut gebrauchen könnten. In Spanien hilft er 40 Prozent aller Haushalte. Dort halbiert er die Kosten mit einem Schlag, mit einem Gesetz. Das wäre eine Sache, die ich mir für Österreich wünschen würde.
Dritte Sache: Sie haben gemeint, die Maßnahmen der Bundesregierung funktionieren. Das ist schon auf technischer Ebene falsch. Was meine ich damit? – Der Teuerungsausgleich, die 150 bis 300 Euro, wird in den Ländern mit der Sozialhilfe gegengerechnet. Es gibt mitunter Fälle in Oberösterreich, bei denen dann diese 150 Euro an Teuerungsausgleich wieder von der Sozialhilfe abgezogen werden, wenn jemand unter 1 030 Euro verdient – also wirklich dort, wo es notwendig wäre –, und es bleibt ein Nullsummenspiel. Die Leute profitieren gar nicht davon.
Das ist entweder schlechte Legistik oder wirklich bewusste Politik. Beides ist wirklich ablehnenswert.
Vierter Punkt: Die Maßnahmen, die die Bundesregierung setzt, sind sozial treffsicher. Das ist ja, finde ich, die beste Sache, die vorgekommen ist. Bei der Körperschaftsteuer, glaube ich, hat man nämlich nicht daran gedacht. Was ist der Punkt?
Das, was Arbeitnehmer an Lohnsteuer zahlen, das zahlen Unternehmen für ihren Gewinn an Körperschaftsteuer. Sie liegt bei 25 Prozent und soll jetzt schrittweise auf 21 Prozent sinken, in der ersten Etappe auf 23 Prozent. Das sind 800 Millionen Euro an Geschenken.
Wenn das Klein- und Mittelbetriebe wären, dann könnten wir darüber reden. Man hat es sich aber angeschaut. Das Momentum Institut hat das ausgerechnet und sich genau überlegt, wen das trifft und wer von dieser Steuer, von diesem Steuergeschenk – und nichts anderes ist es – profitiert: rund 3 000 Unternehmen. Das sind 1,9 Prozent der Betriebe in Österreich.
1,9 Prozent der Betriebe in Österreich profitieren zu drei Vierteln von dieser Steuersenkung. Das andere Viertel dürfen sich alle anderen aufteilen. (Beifall bei der SPÖ.)
Der fünfte Punkt, der heute erwähnt wurde – das ist vermutlich die dreisteste Unwahrheit –: Diese Regierung sei handlungsfähig. Das glaube ich nicht. Die letzten zwei Jahre haben wir 14 Regierungsumbildungen gesehen. Ich allein – ich bin erst seit Dezember hier – habe neun gesehen, neun an der Zahl. Jetzt haben wir als Letztes sogar den Arbeitsminister, den unsäglichen, zusätzlich zum Wirtschaftsminister gemacht. Wir haben damit eine Situation, in der 150 000 Bäuerinnen und Bauern ein eigenes Ministerium haben, 4,2 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aber nicht. Vielen Dank dafür!
Abschließend darf ich Ihnen noch eine Sache sagen: Nachdem ich jetzt also die fünf Punkte aufgezählt habe – der Finanzminister sieht das sicher anders, ich habe es schon von der Seite gehört, das mag so sein, die Zahlen sind dennoch valide –, mag ich vielleicht mit Seiler und Speer enden, die ein Lied geschrieben haben, das ungefähr so geht: „Der Pforrer hoit Messen, / Da Pilot der muas fliang / Da Gärtner pflückt Bleaml / Da Minister duat liang!“ (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Bundesrat Spanring: ... tut lüg’n! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Was war das für ein Zitat?)
17.32
Vizepräsidentin Sonja Zwazl: Herr Kollege, wenn man das Wort Lüge in einen Vers verpackt, ist es deshalb nicht besser. (Bundesrat Spanring: Das war ein Zitat!)
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Marlies Steiner-Wieser. – Bitte schön.