13.15
Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Besucher! Wir diskutieren heute über Gerechtigkeit in den Lieferketten. Ich denke, es ist ein sehr, sehr wichtiges Thema. Die Gesetzesinitiative wurde von meiner Kollegin sehr gut vorgestellt.
Es ist wichtig, dass wir da zu Gerechtigkeit kommen und vor allem Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den Lieferketten ausschließen können und auf diesem Gebiet Grundstandards auf der ganzen Welt schaffen. Wir müssen wissen, dass ein kleiner Teil unseres Lebensstandards wahrscheinlich auf derartigen Verbrechen basiert, weil viele Kleidungsstücke und Lebensmittel teilweise durch Kinderarbeit erzeugt werden. Darum ist es eben gut, dass ein derartiges Gesetz auf den Weg gebracht wird, damit das in Zukunft ausgeschlossen werden kann.
Wir müssen das aber mit Hausverstand angehen. Zum einen wird das Gesetz jetzt auf Großkonzerne begrenzt. Das ist auch gut so, denke ich, denn es wird ja auch eine Bürokratie damit geschaffen, und diese Konzerne haben eigene Abteilungen, die sich damit befassen können. Die kleineren Unternehmer würden da in der Konkurrenz möglicherweise ins Hintertreffen geraten und vielleicht auf der Strecke bleiben. Deshalb ist dieser Ansatz, dass man das jetzt einmal nur auf die Großkonzerne beschränkt, sicherlich ein sehr, sehr guter.
Auch auf einer zweiten Seite: Es gab ja auch eine Pressemeldung der Ministerin – vorgestern, glaube ich – bezüglich einer Initiative gegen Kinderarbeit, und das ist richtig, Kinderarbeit ist schrecklich. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass wir diese nicht wollen und dass wir natürlich alles versuchen müssen, damit es Kinderarbeit auf dieser Welt nicht mehr gibt.
Wir denken aber vielleicht etwas anders und deshalb müssen wir auch hier aufpassen bei der Umsetzung dieser Gesetze: Versetzen wir uns einmal in den Kopf von Jamal aus Bangladesch, der durch Industriearbeit Kleidung produziert, womöglich 10 Stunden am Tag, und gerade so viel verdient, dass er einen Schlafplatz hat und ein bisschen zu essen – nicht so viel, wie er sich wünscht, aber gerade so viel, dass er nicht verhungert. Wenn jetzt sein Chef zu ihm kommt und sagt: Du darfst nicht mehr kommen, sonst kann ich meine Produkte nicht nach Europa verkaufen!, dann ist das für Jamal eine Katastrophe.
Wir dürfen also nicht nur Gesetze schaffen, die Kinderarbeit verbieten, wir müssen Gesetze und Möglichkeiten schaffen, die es Jamals Eltern ermöglichen, ihm Essen zu geben, ohne dass er arbeitet. Es ist wichtig, dass wir das gleichzeitig machen, sonst kann womöglich eine Verwerfung passieren, die schlimm sein kann. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Kittl.)
Es muss uns auch klar sein, dass es dann um Verteuerungen im Produktionsprozess geht. Da braucht man kein großer Ökonom zu sein. Es gibt ja die Aktion Fairtrade. Meine Gemeinde ist eine der 400 Fairtrade-Gemeinden. Wir haben das so umgesetzt, dass wir bei uns im Nahversorger ein Regal nur mit Fairtrade-Produkten haben. Das ist eines der am besten gehenden Regale in ganz Österreich, ist mir von der Organisation gesagt worden. Unsere Menschen unterstützen also dieses Unterfangen freiwillig, aber natürlich sind diese Produkte doppelt oder dreimal so teuer wie die Produkte in den anderen Regalen.
Somit bringen derartige Regelungen natürlich Teuerungen mit sich, das müssen wir auch akzeptieren und den Menschen ehrlicherweise sagen. Ich denke aber, dass wir bereit sind, für die Dinge des täglichen Lebens etwas mehr zu bezahlen, wenn die Welt dadurch etwas gerechter wird. (Bundesrätin Grimling: ... etwas zum Essen haben!)
Natürlich müssen wir aufpassen, wie man da auch jene mitnimmt, die vielleicht nicht so gut mit finanziellen Mitteln ausgestattet sind, aber grundsätzlich wird es dazu kommen und wir können eben nicht immer von Teuerungsausgleich reden. Mir kommt es immer so vor, als würden sich die Menschen denken, da gibt es einen Sack voller Geld, der immer voll ist, man muss nur herausnehmen und kann alles ausgleichen. Diesen Sack gibt es so nicht. Man muss in diesen Sack vorher immer etwas hineintun, und das nimmt man den Menschen ja wieder weg, denen man es vielleicht danach gibt, oder man nimmt es unseren Kindern weg, und das sollten wir auch nicht tun. Es wird also nicht immer möglich sein, alles auszugleichen, das muss man auch einmal verstehen.
Vorhin wurde auch die Konkurrenzfähigkeit unserer Landwirtschaft angesprochen. Da muss ich schon sagen: Es verwundert mich immer wieder, was herauskommt, wenn jemand über Landwirtschaft spricht, der davon keine Ahnung hat.
Also vielleicht ein paar Dinge aus der Realität (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling): Im vorigen Jahr hat die österreichische Landwirtschaft zum ersten Mal in der Geschichte überhaupt mehr exportiert als importiert – zum ersten Mal! Als wir der Europäischen Union beigetreten sind, hatten wir im Agrarbereich ein Handelsdefizit von 20 Prozent. Durch den EU-Beitritt, durch die Ostererweiterung und durch die internationalen Handelsabkommen haben wir, weil die österreichische Landwirtschaft so gut ist, es geschafft, das zu drehen, sodass wir im vorigen Jahr zum ersten Mal mehr exportiert als importiert haben.
Wir wollen eine klare Produktdeklaration nicht etwa, weil wir Angst haben. Wir wollen, dass unser guter Name nicht mit Produktionen aus anderen Gebieten vermengt wird. Das wollen wir nicht! Der Konsument soll erkennen, auch im Gasthaus, woher dieses Produkt stammt, und dann soll er wählen können; und dann sind wir sicher, dass wir auch dort wieder den Vorteil haben und noch einmal besser unterwegs sein werden. Also das vielleicht einmal zur Klarstellung, wie es unserer Landwirtschaft geht.
Da ich gerade von der Landwirtschaft spreche: Da gibt es auch in den Lieferketten sehr viele Unterschiede. Da muss man auf der ganzen Welt die Grundstandards anheben. Auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass wir uns selbst höhere Standards legen, und auch da müssen wir aufpassen. Gerade jetzt gibt es eine Initiative seitens der EU, die bedeuten würde, dass jeder Landwirt mit mehr als 150 GVE eine Umweltverträglichkeitsprüfung machen muss.
Das ist ein heftiger Ansatz. 150 GVE sind 150 Rinder beziehungsweise ungefähr 1 000 Schweine oder 40 000 Tiere im Geflügelbereich. Dann diskutieren wir auch noch das Verbot von Vollspaltenböden, das können wir auch noch umsetzen. Ich kann Ihnen eines sagen: Dann wird das Schweinefleisch in Zukunft aus China kommen. Von dort kommen ja jetzt auch schon die Eier her. Wir haben die Käfighennenhaltung verboten. Das ist schön, aber die Eier, die in der Verarbeitung sind, kommen alle aus China, weil es ganz einfach billiger ist, und beim Schweinefleisch wird es auch so sein. Diese Produktion werden sich in Österreich nicht alle leisten können. Das muss man ganz klar sagen.
Da muss man schon aufpassen, dass man hier Levels nicht überzieht. Wir laufen Gefahr, die Zuckerproduktion zu verlieren. Was heißt das? Der Wiener Zucker, den Hans Krankl bewirbt, wird vielleicht in Straubing produziert oder in Mato Grosso in Brasilien. Die Zuckerrübenproduktion ist derzeit sehr riskant, weil wir ein Herbizid nicht einsetzen können, das alle anderen einsetzen, und sie ganz einfach wirtschaftlich nicht mit den anderen Bereichen mithält. Da sehe ich eigentlich auch eine große Gefahr, dass wir hier Produktionseinheiten verlieren.
Auf der anderen Seite ist es auch so, dass vielleicht Umweltmaßnahmen das eine oder andere Mal überzogen sind. Da habe ich gerade in den letzten Wochen wieder ein Beispiel gesehen oder präsentiert bekommen. In Zwettl im Waldviertel gibt es vier Windräder – dort sind alte Windräder durch neue ersetzt worden, das sind die ganz großen –, und jedes Windrad produziert 5 Megawatt. Diese vier Windräder mussten jetzt im April und Mai untertags abgestellt werden, damit der Weißstorch dort brüten kann. Er ist nicht gekommen, er hat nicht gebrütet, trotzdem waren die Windräder abgestellt. Dem Betreiber und letzten Endes der Volkswirtschaft Österreich sind dadurch 2 Megawatt Strom entgangen beziehungsweise sind sie nicht entgangen, denn wir haben sie mit Gas aus Russland produziert.
Ich denke, auch da sollten wir das eine oder andere überdenken. Wir sollten darüber nachdenken, ob es wirklich die wichtigen und richtigen Maßnahmen sind, die gesetzt werden, damit wir auf der einen Seite diese nicht überziehen und auf der anderen Seite aber die Levels anheben, sodass Verbrechen – vor allem gegen die Menschlichkeit – nicht mehr möglich sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
13.24
Vizepräsidentin Sonja Zwazl: Als Nächste ist Frau Mag. Elisabeth Grossmann zu Wort gemeldet. – Bitte schön.