18.05

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsident! Herr Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Wir leben in einer auch für die Landwirtschaft schwierigen Zeit. Auf der einen Seite gibt es Kräfte im Land, die unter dem Titel Energiewende versuchen, zu erklären, dass jetzt Ackerflächen oder der ländliche Raum zur Produktion erneuerbarer Energie herhalten müssen – das war gestern auch eine Aussage von Frau Ministerin Gewessler –, Fotovoltaikanlagen als Schattenspender für Tiere dienen sollen, die dafür das entstehende Gras und Unkraut vernichten. Die Anmerkung meinerseits dazu ist: Ich sehe Fotovoltaikanlagen prinzipiell positiv, aber zuerst sollte man alle möglichen Dach­flächen nutzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Auf der anderen Seite wurde die Gemeinsame Agrarpolitik im letzten Jahr auf euro­päischer Ebene reformiert und der europäische Rechtsrahmen für die GAP für den Zeitraum 2023 bis 2027 geschaffen. Wie aber zu erwarten war, wurde, anstatt die Chance zu nutzen, wesentliche Verbesserungen oder nachhaltige außerordentliche Änderungen der GAP-Regeln zu erzielen, nach langem Getöse wieder einmal nur der Geldhahn für unsere vielen landwirtschaftlichen Familienbetriebe zugedreht – außer einer minimalen Erhöhung der Tranche bei den Bienen und bei den Ökoflächen, um bei dem Ganzen einen gewissen grünen Schein zu wahren –, und das alles in einer Zeit einer bevorstehenden weltweiten Nahrungsmittelknappheit.

Es wäre aber nicht die EU, wenn man nur den bürokratischen Aufwand erhöht hätte. Dies zeigt sich auch bei der angedachten Änderung der Industrieemissionen, wie wir es gestern auch im EU-Ausschuss gehört haben, bei der auf einmal Rinder, Schweine und so weiter bei der Bürokratie, bei der Nachweispflicht und anderem auf die gleiche Ebene wie Großindustriebetriebe gestellt werden.

In diesem Zusammenhang sollte man wieder einmal erklären, was die Aussage „das Beste aus beiden Welten“ von Türkis-Schwarz und Grün in der Praxis bedeutet. Im Jahr 2005 musste man unter dem damaligen ÖVP-Umweltminister Josef Pröll mit einem Gutachten nachweisen, wie viel – um der Würde des Hauses zu entsprechen – Kot ein Schwein täglich produziert, um ihn in einer Biogasanlage zusätzlich zum biogenen Abfall einzubringen. Im Jahr 2022 benötigt man unter einer grünen Umweltministerin ein Gutachten, wie viel CO2 Schweine oder neuerlich sogar Rinder produzieren, egal ob man die Fäkalien in einer Biogasanlage einleitet oder ob sie nur im Stall stehen.

Wenn man biogene Stoffe in die Biogasanlage einbringt, benötigt man ein weiteres Gutachten für den CO2-Ausstoß, der bei der Vergärung stattfindet, und ein weiteres CO2-Gutachten für die Vergärung von biogenen Stoffen. Da kann Dr. Adi des Bundesrates als Klimarumpelstilzchen hin und her springen – das verstehe ich nicht unter Klimapolitik mit Hausverstand. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn man glaubt, man kann unter diesen Bedingungen die Energiewende schaffen und sagen: Ja, wir machen zusätzliche Biogasanlagen!, und so weiter, wenn man zusätzliche Hürden schafft, oder wie auch immer schauen, dass man die Selbstversorgung an­kurbelt, wenn man für die Rinder und die Schweine und so weiter überall Gutachten braucht, um einen Stall zu bauen, dann sei das dahingestellt.

Interessanterweise ist es aber gestern auch so manchen Vertretern von ÖVP-Seite einmal zu viel geworden, nämlich im EU-Ausschuss, als wir es gehört haben. Ihr habt es aber in der Hand, ihr braucht ja nur diesen Wahnsinn, das Beste dieser zwei Welten, zu beenden. Treten Sie alle zurück! Nur Neuwahlen können Abhilfe schaffen. (Beifall bei der FPÖ.)

Nochmals zurück zur GAP: Natürlich werden gleichzeitig mit der neuen GAP die dafür vorgesehenen Mittel gekürzt, wie ich es eh vorhin schon erwähnt habe, abgesehen davon, dass es nicht zu einem Ausgleich der Inflation kommt, welche wie eine Jahr­hundertflut über die landwirtschaftlichen Betriebe hereingebrochen ist, und dass der Anteil der Landwirtschaft in Zeiten von ständig erhöhten Budgets prozentuell immer geringer wird.

Die Anforderungen an die Landwirtschaft werden aber immer wieder erhöht. Die ver­sprochene Förderobergrenze wird durch die anrechenbaren Lohnzahlungen ad absur­dum geführt. Es fehlt aber auch da der sogenannte Hausverstand in der Landwirt­schaftspolitik. Für uns Freiheitliche wäre das zum Beispiel: Obwohl unsere Betriebe seit annähernd zwei Jahrzehnten ihre Flächen digitalisiert haben, ist es nur mithilfe ausgewiesener Experten möglich, diese Daten auch in die modernen Traktoren ein­zuspielen. Leider findet man diese Experten nirgends, auch nicht in der Landwirt­schaftskammer. Generell beschweren sich mittlerweile viele Kollegen, dass die Kam­mern immer mehr ihre kompetente Hilfe für die Betriebsführer reduzieren und immer mehr als politische Wohlfühleinheit einer bestimmten Partei agieren. Wir würden unter Landwirtschaftspolitik mit Hausverstand zum Beispiel verstehen, ein einheitliches, funktionierendes Programm zu entwickeln, welches es einer ausgebildeten, geschulten Personengruppe ohne Probleme ermöglicht, diese Daten zu überspielen.

Den üblichen Floskeln nach soll die Gemeinsame Agrarpolitik zum Beispiel Planungs­sicherheit für die Bäuerinnen und Bauern innerhalb der Europäischen Union garantieren und zur Stabilisierung der agrarischen Märkte beitragen. Der Erfolg ist meiner Meinung nach sehr überschaubar und um den Preis eines permanenten Abhängigkeitsver­hältnisses der Landwirte sicher teuer erkauft.

Darüber hinaus soll die GAP Arbeitsplätze in der Landwirtschaft fördern, um die Wirt­schaft im ländlichen Raum zu stärken. Außerdem soll sie einen entscheidenden Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten. Österreich weist derzeit im Rahmen der GAP auf Basis der bisherigen Schwerpunktsetzungen bereits jetzt EU-weit – das ist schon sehr gut – den höchsten Anteil an biologischer Landwirtschaft auf.

Das Leben als Landwirt wird auf der einen Seite immer bürokratischer und teurer, während auf der anderen Seite die Einkünfte stagnieren. Von Ernährungssicherheit für Österreich kann schon lange keine Rede mehr sein. Vermeintliche Überschüsse gibt es nur auf dem Papier. Obwohl es schon längst Zeit für konkrete Maßnahmen wäre, wird von der Regierung nur Optimismus verbreitet. Es wird nicht genügen, wenn die Regie­rungsmitglieder im Ledersessel sitzend die internationalen Märkte mit Staunen beob­achten und dabei zusehen, wie Lebensmittel-, Betriebsmittel- und Energiepreise in ungeahnte Höhen schnellen. Die Landwirte wollen leben, die Bundesregierung muss sie, meiner Meinung nach, auch leben lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Unter der Devise „Landwirte leben lassen“ hat die FPÖ daher bereits ein umfangreiches Paket zugunsten der heimischen Landwirte vorgestellt, zum Beispiel betreffend Über­arbeitung der GAP: Es braucht weniger EU-Bürokratie. Statt Bauern zu verpflichten, weitere Flächen aus der Produktion zu nehmen, muss unserer Meinung nach die heimische Produktion unterstützt und gestärkt werden. Sozialversicherungsbeiträge sollten in der Krise erlassen werden: Als gerechte, rasche und unbürokratische Hilfe braucht es auch einen Rettungsschirm für die Landwirtschaft. Weiters gehören unserer Meinung nach die AMA-Marketing-Beiträge abgeschafft. Man muss sich vorstellen: Allein im Jahr 2020 hat die AMA-Marketing knapp 19 Millionen Euro an Beiträgen eingenommen, die sicher besser bei den bäuerlichen Familien geblieben wären. (Beifall bei der FPÖ.)

Kostenexplosion bremsen: Die Mehrwertsteuer und die Mineralölsteuer müssen für alle landwirtschaftlichen Betriebe während dieser Krise ausgesetzt werden, um die explodie­renden Produktionskosten einzudämmen.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ernährungs­souveränität: Flächen für die Produktion freigeben“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus wird aufgefordert, die GAP und deren Umsetzung dahingehend zu überarbeiten, dass vor dem Hintergrund aktueller Krisen die Pflicht, landwirtschaftliche Flächen aus der Produktion zu nehmen, aufgehoben wird.“

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(Beifall bei der FPÖ.)

18.14

Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Der von den Bundesräten Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Ernährungs­souveränität: Flächen für die Produktion freigeben“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Lackner. Ich erteile dieses.