19.26
Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Andreas Lackner, auch von mir alles Gute und an dieser Stelle Danke für die Kollegialität! Ja, ich schließe mich den guten Wünschen an alle SchülerInnen, an alle PädagogInnen, an alle LehrerInnen, alle, die im Bildungssystem arbeiten, auch an die Eltern mit an. Alle haben sich jetzt einen erholsamen Sommer verdient. Es liegt eine nicht unturbulente Zeit hinter ihnen allen.
Einer meiner Söhne, mein jüngerer, hat gestern und heute mit seiner Schule in einer Papageienstation arbeiten dürfen. Manchmal werden diese letzten Schultage ein bisschen belächelt, aber wenn man sich selber erinnert, was die Dinge waren, an die man sich besonders gerne erinnert oder wo man besonders viel gelernt hat, dann waren das diese besonderen Exkursionen, durch die man ein bisschen über den Tellerrand hinausgeschaut hat. Ich gönne das allen Schülerinnen und Schülern und auch den LehrerInnen, wenn man so etwas macht.
Das Besondere an diesen letzten Schultagen, wenn man sie nicht nur mit: Wir schauen jetzt schnell einen Film an!, verbringt – viele machen da wirklich etwas Besonderes –, ist, dass es gelingen kann, Lernen mit Spaß zu verknüpfen. Wir wissen, dass dann besonders viel hängenbleibt. Das ist doch wunderbar.
Apropos Spaß beim Lernen: Ich bin froh, dass Sie jetzt auch gerade die Kindergärten erwähnt haben. Dieser Spaß beim Lernen ist das Geheimnis des Erfolgs im Kindergarten. Kinder lernen da tatsächlich, ohne es zu merken, ohne Leistungsdruck und ohne Angst vor dem Versagen. Das ist etwas Großartiges. Trotzdem ist es eine Glückssache, auch diesen Sommer wieder, ob Kindern in Österreich der Kindergarten zur Verfügung steht, den Eltern der Kindergarten zur Verfügung steht, weil die Schließwochen österreichweit so dermaßen unterschiedlich sind, von bis zu sechs Schließwochen in manchen Bundesländern und einer in Wien.
Ich möchte heute insbesondere von dieser Glückssache im Bildungssystem reden, weil das für mich in vielen Bereichen des Bildungssystems so eine Schlüsselfrage ist. Hat man das Glück oder hat man das Glück im Bildungssystem nicht? Es ist zum Beispiel eine Glückssache, ob man als Kind, als Schüler, als Schülerin, als Lernende PädagogInnen hat, die einen bestmöglich fördern können. Es ist eine Glückssache, ob man Eltern hat, die in der Lage sind, bei Aufgaben zu unterstützen. Es ist auch eine Glückssache, ob man eine Schule in der Nähe hat, die am Nachmittag begleiten kann.
Es ist eine Glückssache, ob man im Bildungssystem die Chance bekommt, den Bildungsweg anhand eines Talents oder anhand der vorgegebenen Möglichkeiten zu gehen. All das ist eine Glückssache und diese Glückssache ist der Punkt, warum wir uns mit dieser Gesetzesvorlage so schwer tun und nicht zustimmen können.
Wobei ich dazusagen muss – Kollegin Hahn hat es schon erwähnt –, wir hätten in Teilbereichen gerne zugestimmt, aber in diesem Strauß an Themen war das leider nicht möglich. Wir finden es aber durchaus notwendig und legitim, die Oberstufen zu reformieren und bestmöglich an den Bedürfnislagen der Schülerinnen und Schüler auszurichten.
Die Situation, so wie das mit der Freiwilligkeit und der Schulautonomie jetzt kommt, wird aber wieder eine Glückssache sein, nämlich ob man als Lernender in einer Schule ist, die sich das zutraut. Das werden höchstwahrscheinlich wieder die Schulen sein, die eh progressiv sind, die sich trauen, etwas Neues auszuprobieren, die auf Individualisierung setzen, aber wir wissen, nicht jeder Schüler, nicht jede Schülerin in Österreich wird davon profitieren können, und wahrscheinlich derweil nur wenige und nicht die Mehrheit. Wir finden einfach, das ist ein Grundsatz bei uns in der Sozialdemokratie: Die Qualität dieser Bildung und dieses Angebots soll kein Glücksfall sein. Beste Bildung soll jedem und jeder Lernenden zur Verfügung stehen und kein Zufall sein.
Der Beamte im Ausschuss hat es tatsächlich treffend gesagt: Es wird sich an der Möglichkeit der Schule orientieren und nicht an der Möglichkeit und dem Bedürfnis der Lernenden. Eigentlich sollten wir da hinkommen, dass man die Schulen dabei unterstützt und dafür Ressourcen schafft, dass die Schulen das anbieten können, egal wo sie sind, egal wie sie aufgestellt sind – das ist ein Ressourcenthema.
Dieses Ressourcenthema betrifft auch den LehrerInnenmangel, den wir tatsächlich akut haben. In den meisten Bundesländern wird attestiert, dass LehrerInnen in verschiedenen Bereichen fehlen. Wir wissen das schon länger, das hat wieder mit der Demografie und mit anderen Dingen zu tun. Da in größerem Stil entgegenzuwirken, das wäre dringend notwendig.
Im Herbst werden uns auch wieder die Menschen fehlen, die direkt bei den Kindern stehen. Es wird oft im System ein bisschen justiert, aber wir brauchen die Personen, die bei den Kindern sind und mit ihnen die Zeit verbringen, denn – dazu ist gerade vorhin schon viel gesagt worden – genau jetzt, nach zwei Jahren Pandemie, brauchen manche Kinder verstärkt Aufmerksamkeit, um Versäumtes nachzuholen. Dieses Förderstundenpaket, das es jetzt im Zusammenhang mit Covid schon einmal gab, diese Covid-Förderstunden, die sind dringend notwendig, damit man tatsächlich gegensteuern und die Kinder in dieser schwierigen Zeit auffangen kann.
Aus den Bildungsdirektionen hört man, dass man diesem Lehrermangel und Lehrerinnenmangel teilweise begegnet, indem bestehendes Personal mehr Überstunden bekommt. Es wird auch mit Supplierstunden gearbeitet, was immer so eine Sache ist. Was macht man mit solchen Supplierstunden? Teilweise wird tatsächlich auch auf pensionierte LehrerInnen zurückgegriffen. Wenn man sozusagen Menschen aus der Pension wieder ins System zurückholt, heißt das schon: Die Not ist groß. Das heißt, da ist auch nachhaltig im größeren Stil entgegenzuwirken. Ich vermisse irgendwie diese großen Maßnahmen, die diesem LehrerInnenmangel begegnen.
Noch ein weiteres Thema, bei dem es um Ressourcen geht, ist mir ein Anliegen, nämlich die Förderstunden für die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Es ist einfach nicht in Ordnung, wenn es da eine Deckelung gibt. Alle Kinder, die einen besonderen Bedarf haben, müssen den bekommen, sie müssen das bekommen, was sie brauchen, das ist einfach ein Gebot der Inklusion. Wir sind für eine inklusive Bildung, und da muss man sozusagen die Ressourcen entsprechend adaptieren.
Es gibt ein weiteres Ressourcenthema, wenn wir Richtung Herbst blicken. Alle fragen sich natürlich, wie der Herbst werden wird. Wir haben keine Glaskugel, aber wir haben nach den zwei Jahren Pandemie gelernt, dass man in Szenarien denken kann. Ich höre, dass mittlerweile in vier Szenarien gedacht wird. Das ist auch unterstützenswert, nur wären diese Informationen jetzt, sozusagen am Ende des Schuljahres, wenn alle versuchen, mit einer gewissen Sicherheit in den Sommer zu gehen, sehr hilfreich.
Sie sagen aber, die Informationen werden jetzt noch nicht kommen. Wir teilen ganz sicher das Ziel von sicheren und offenen Schulen im Herbst. Je früher diese Informationen bei den Betroffenen ankämen, desto hilfreicher wäre es für alle, sich auf diesen Herbst einstellen zu können.
Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der BundesrätInnen Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Dringend notwendige Vorbereitungen für den Schulstart im Herbst 2022“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird aufgefordert, dem Nationalrat sowie dem Bundesrat umgehend ein umfassendes Schulpaket vorzulegen, das sicherstellt, dass ab Herbst ein qualitativ hochwertiger Unterricht und nicht nur ein Minimalbetrieb an Österreichs Schulen möglich ist. Insbesondere wird er aufgefordert, die benötigten Planstellen zur Unterstützung der Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine und zum Aufholen von Lernrückständen aufgrund der Coronapandemie zur Verfügung zu stellen. Zusätzliche Planstellen sind auch zur Doppeltbesetzung des Lehrpersonals in den ersten beiden Volkschulklassen nötig. Nach wie vor braucht es auch Sicherheitskonzepte, die sicherstellen, dass Schulen trotz Covid-19 im Normalbetrieb bleiben können.“
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Herr Minister! Sie haben im Nationalrat oft gesagt, man müsse noch evaluieren, man sei in Gesprächen, man sei am Beobachten. – Ich habe das Gefühl, man müsste jetzt in die Umsetzung kommen, damit man garantieren kann, dass der Herbst und das nächste Semester für alle – für die Kindergärten und für die Schulen – ein guter, qualitativ hochwertiger Lernort wird.
Wir SozialdemokratInnen wollen eine gute Bildung und eine hohe Qualität für alle Kinder, für jedes einzelne Kind. Es soll keine Glückssache sein. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
19.37
Vizepräsident Günther Novak: Der von den BundesrätInnen Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Dringend notwendige Vorbereitungen für den Schulstart im Herbst 2022“ ist genügend unterstützt und steht demnach in Verhandlung.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Kollege MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm das Wort.