20.10
Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Zuhörer und Zuhörerinnen zu Hause vor den Monitoren! – Einer davon ist unser Bundesratskollege Horst Schachner, den ich heute hier vertreten darf und dem ich auf diesem Wege alles Gute für eine baldige Genesung wünsche. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.) Er ist unser Verkehrssprecher und hat sich auf diese Rede vorbereitet, kann sie leider nicht halten, deshalb bin ich für ihn heute eingesprungen.
Die 33. StVO-Novelle enthält einige wenige positive Veränderungen für RadfahrerInnen und FußgängerInnen, aber vieles davon ist leider wenig praktikabel und daher zu kritisieren. Es entspringt eher einer Koalitionslogik als jeder anderen Logik: Zum Beispiel das Befahren von Radfahranlagen durch landwirtschaftliche Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit von bis zu 25 km/h erhöht sicherlich nicht gerade die Verkehrssicherheit. (Zwischenruf des Bundesrates Krumböck.) Ich weiß nicht, was da dahintersteht, vielleicht dass die Autofahrer, Autofahrerinnen durch diese Fahrzeuge auf der Autostraße nicht belästigt werden, was auch immer, das ist zu hinterfragen. (Bundesrat Krumböck: Wie sollen die das machen?)
Auch der Mindestabstand beim Überholen von Radfahrern/-fahrerinnen von 1,5 Metern im Ortsgebiet und 2 Metern außerhalb des Ortsgebietes mag gut gemeint sein, ist aber doch ziemlich praxisfern. Wenn man sich das vorstellt, ich bin selbst begeisterte Radfahrerin, man fährt jetzt auf einer schmalen Straße oder, wie es in meiner Region, in den weststeirischen Bergen, halt üblich ist, auf einer schmalen Bergstraße, da ist dann praktisch gar kein Überholen möglich. Das heißt, da wird man dann den ganzen Weg von einem Auto verfolgt – also das ist alles andere als angenehm. (Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)
Was macht man dann? – Man bleibt stehen, man fährt auf die Seite, vielleicht in den Straßengraben hinein oder an den Waldrand oder tut irgendetwas, damit das Auto vorbeikommt, weil man nicht ständig ein Auto hinter sich haben will. Also ob das jetzt im Sinne der Radfahrerinnen und Radfahrer ist, das muss erst beantwortet werden. Die Expertin, die wirklich sehr fachkundige Expertin, die uns im Verkehrsausschuss zur Verfügung gestanden ist, hat auch gemeint, dass es eigentlich gar nicht festgestellt werden kann, also gar nicht exekutiert werden kann, ob dieser Abstand eingehalten wird oder nicht, das kann erst ex post bei einem Unfallgeschehen festgestellt werden. Das, muss ich sagen, ist wirklich reichlich spät. Da erwarte ich mir schon auch präventive Maßnahmen, die wirksam sind.
Wenn man so ein unpraktikables Gesetz auf Schiene bringt, dann besteht die Gefahr, dass das niemand ernst nimmt, dass sich niemand daran hält. Wir müssen das Bewusstsein schärfen, denn es ist schlimm, wenn man mit dem Rad unterwegs ist, wenn die Autos vorbeibrausen, es braucht aber praktikable Lösungen, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Was hier jetzt vorgelegt worden ist, das ist halt leider noch nicht praktikabel, wie gesagt, aber gut gemeint. Es gilt aber da noch weiterzuarbeiten, auch mit Präventivmaßnahmen, worum ich Sie auch ersuchen würde, Frau Ministerin.
In der Begutachtung wurde auch angemerkt, dass diese Regelung nicht exekutierbar ist, genauso wenig wie die Regelung, dass keine Fahrzeugteile in Radwege hineinragen dürfen, bis auf ein paar Ausnahmen. Dazu haben gerade die Bundesländer, die wir hier ja im Bundesrat vertreten sollen, ihre Besorgnis geäußert, wie sie mit dieser Regelung umgehen sollen, weil dann unter Umständen mit hohem Kostenaufwand bestehende Verkehrsflächen umgestaltet werden müssen. Deshalb wurde ja auch der Konsultationsmechanismus durch die Bundesländer eingeleitet. Also das wird sicherlich auch noch ein Thema sein, das Sie sehr beschäftigen wird, Frau Ministerin.
Weil wir gerade über die StVO reden, möchte ich ein anderes Thema gerne ansprechen, nämlich die Lkw-Mautflucht, und bei dieser Gelegenheit eine Änderung des § 43 StVO anregen, weil gerade durch den Lkw-Schwerverkehr, durch den mautvermeidenden Lkw-Schwerverkehr extreme Belastungen in vielen Regionen entstehen. Gerade in der Steiermark – aber auch in anderen Bundesländern, das wird ja immer wieder auch von vielen Kolleginnen und Kollegen hier thematisiert – gibt es extreme Probleme für die Anrainerinnen und Anrainer, aber auch für die regionale Wirtschaft; ich brauche da nur die Gaberl Straße, die Triebener Tauernstraße, die Ennstal Straße und so weiter zu nennen. Da sind ja auch schon Petitionen und Unterschriftenlisten von Angehörigen aller Fraktionen, muss ich sagen, gestartet worden, also das ist wirklich ein großes Problem.
Die derzeitige Fassung des § 43 StVO lässt nur in Ausnahmefällen per Verordnung Verkehrsbeschränkungen zu, das heißt, da muss das schon mit entsprechenden Gutachten, die natürlich aufwendig sind, die teuer sind, dokumentiert werden, ermittelt werden, ob so eine Verordnung erlassen werden kann. Also hier schwebt das Damoklesschwert der Aufhebung einer solchen Verordnung aufgrund dieser gesetzlichen Regelung über jeder Verordnung, die erlassen wird, die eine Lösung im Sinne der AnrainerInnen herbeiführen möchte. Deshalb muss diese gesetzliche Grundlage dringend verändert werden. Dafür gibt es auch schon sehr viele Anregungen von verschiedensten politischen Seiten.
Wir waren ja vor einiger Zeit, das hat der ehemalige Bundesratspräsident, Kollege Raggl, organisiert, in Tirol, Bundesrat im Bundesland, wir waren auch im Landtag in Innsbruck zu Gast, auch da wurde das angesprochen und auch von der Verkehrs- und Umweltlandesrätin Felipe thematisiert, dass das eben tatsächlich ein großes Problem ist. Also mit diesem Problem stehen wir nicht alleine da, sondern das zieht sich wirklich durch alle Bundesländer.
Aus diesem Grund stellen wir folgenden Entschließungsantrag:
Entschließungsantrag
der BundesrätInnen Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „LKW-Mautflucht beenden und § 43 StVo reformieren!“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wird aufgefordert, umgehend eine Novelle der Straßenverkehrsordnung auszuarbeiten, mit der die Entlastung von stark belasteten Straßen, Siedlungsgebieten und Naturräumen, durch die Verhängung dauernder oder zeitweiser Verkehrsbeschränkungen oder von Verkehrsverboten ermöglicht wird und in weiterer Folge dem Nationalrat sowie dem Bundesrat zum Beschluss vorzulegen.
Dabei sind Möglichkeiten zur Einführung einer Schwerverkehrsabgabe für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen und einer flächendeckenden Maut auf Landes- und Gemeindestraßen unter der Voraussetzung, dass die eingehobenen Mittel direkt in die Erhaltung von Landes- und Gemeindestraßen fließen, sowie eine gesetzliche Verankerung der Benützungspflicht des hochrangigen Straßennetzes explizit mitzudenken.“
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Ich bitte Sie, das aufzunehmen, und danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
20.19
Vizepräsident Bernhard Hirczy: Der von den Bundesräten Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „LKW-Mautflucht beenden und § 43 StVo reformieren!“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte, Herr Bundesrat.