10.41

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste aus den Bundesländern und aus den Schulen! Also ich hoffe, es gibt, wie Kollegin Grossmann schon angekündigt hat, eine lebendige Debatte, und ich werde hoffentlich meinen Beitrag leisten, damit es lebendig aussieht. (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Ebner, eine lebendige Bemerkung zu Ihren Ausführungen: Erstens, die kalte Progression wird nicht abgeschafft, sie wird gemildert. Sie wird natürlich nicht abgeschafft, sie wird gemildert, weil nur zwei Drittel der kalten Progres­sion, also zwei Drittel der inflationsbedingten Erhöhungen der Wertgrenzen für die Steuersätze, abgeschafft werden. Das letzte Drittel behält sich die Regierung vor, damit es ja viel Bürokratie gibt und damit jedes Jahr viel zu tun ist und jedes Jahr ein neues Gesetz zu machen ist. (Bundesrat Schreuder: Das machen wir nur, um Sie zu ärgern!) Ob es die Regierung ausgleicht, nicht ausgleicht, ob sie aus übergeordneten – ich weiß nicht, integrationspolitischen oder ÖVP-politischen – Gründen (Bundesrat Schennach: Oder niederösterreichpolitischen! – Bundesrätin Zwazl: Was, was, was?) einen Teilausgleich oder gar keinen gibt, behält sie sich vor. Wichtig ist jedenfalls, dass es für den steuerzahlenden Staatsbürger keine Rechtssicherheit und keine völlige Planbarkeit gibt, sondern dass er immer war­ten muss: Was wird denn das nächste Gesetz hinsichtlich des Drittels bringen? – Das ist einmal das eine.

Abgesehen davon zeigen uns die Gesetzgebung und die Erwähnung der ver­schie­denen Absetzfreibeträge, Ausnahmen und so weiter, in welchem Dschungel an Steuergesetzen wir bereits gefangen sind und wie schwierig es für den ein­zelnen Bürger ist, da noch den Durchblick zu bewahren.

Ein Beispiel, das zeigt, es reicht offenbar der Dschungel noch nicht, er muss noch weiter verdichtet werden: Es ist Ihnen, also der Regierung und dem Herrn Finanzminister, eingefallen, einen weiteren steuerfreien Betrag von 200 Euro im Jahr einzuführen, dafür, dass der Dienstgeber einen Zuschuss zu einem Car­sharingprogramm CO2-emissionsfrei betriebener Fahrzeuge gibt – 200 Euro im Jahr. Wenn man jetzt zum Beispiel 23 Prozent Steuersatz hat – das wird ein durchschnittlicher Mediandienstnehmer haben –, dann erspart man sich 40 Euro im Jahr – im Jahr! –, also umgerechnet 3,60 Euro im Monat. Dafür wird aber im Gesetz eine neue Position eingeführt.

Das Zweite ist, dass es natürlich nicht um einen echten Inflationsausgleich geht, sondern um eine Ex-post-Betrachtung, die völlig losgelöst ist von dem, was los ist. Das sehen Sie daran, dass Sie jetzt einen automatisierten Ausgleich für das Jahr 2023 von 3,46 Prozent haben, bei einer aktuellen Inflation von 10,5 Pro­zent. Das heißt, im nächsten Jahr kriegen Sie nicht einmal das, was heuer an inflationärem Geschehen passiert, abgebildet, sondern Sie kriegen einen histo­rischen 3,46-Prozent-Anteil für Ihre zwei Drittel. Pauschal kriegen Sie jetzt schon etwas dazu, damit es kein neues Gesetz geben muss, sodass wir dann bei 5,2 Prozent landen. Also immerhin die Hälfte der tatsächlichen Progression durch die Inflation wird abgegolten, und das ist natürlich kein – aber nicht in Ansätzen! – voller Ausgleich der kalten Progression. (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenruf der Bundesrätin Zwazl.)

Es ist aber – zumindest da muss ich dem Finanzminister recht geben – ein Schritt in die richtige Richtung, und ich glaube, Kollegin Grossmann, auch ohne dass wir das jetzt durch Genderbudgeting völlig unadministrierbar machen und zerreden (Bundesrätin Schumann: Geh, geh, geh!), völlig unakzeptierbar machen und zer­reden (Bundesrätin Grossmann: Sollen wir uns nicht die Verteilungs... anschauen? – Bundesrätin Schumann: Na ist doch völlig wurscht, was mit den Frauen ist, das interessiert die FPÖ nicht!), können wir hier unsere Zustimmung erteilen; aber wir würden dringend empfehlen, die von mir aufgezeigten Unregelmäßigkeiten, Systemwidrigkeiten und Halbherzigkeiten, die in diesem Gesetz sind, zu repa­rieren. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Wir als freiheitliche Bundesräte bringen daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Optimierungsbedarf bei den Maßnahmen zur Bekämpfung der ,kalten Progres­sion‘“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen wer­den aufgefordert, die Maßnahmen zur Abschaffung der ,kalten Progression‘ zu optimieren und unter anderem umgehend folgende Maßnahmen gesetzlich sicherzustellen:

1. Festlegung einer realistischen Inflationsrate, in die auch die Wirtschafts­entwicklung und Prognosen der jeweils kommenden 12 Monate Berücksich­tigung finden.

2. Automatische Anpassung von 100 % der auszugleichenden Inflation.

3. Anpassung sämtlicher Beträge des Einkommensteuergesetzes an die Infla­tion.“

*****

Die Begründung dafür habe ich bereits geliefert.

Jetzt aber zum zweiten Teil unserer Tagesordnung, nämlich zum Energie­kosten­ausgleichsgesetz. Dem haben wir ja schon bei seiner Einführung nicht zuge­stimmt, weil eine jährliche Bezahlung von 150 Euro, sprich also etwa 12 Euro im Monat, angesichts der derzeit laufenden Kostenlawine – unter uns gesagt – ein Witz ist. Ich sage nicht, dass 150 Euro ein Witz sind, aber einen solchen Aus­gleich zum Anlass zu nehmen, ein Gesetz zu verabschieden und sich als Energie­kostenausgleichsfinanzierer zu feiern, ist meiner Ansicht nach der Bevölkerung gegenüber zynisch. Deswegen haben wir das abgelehnt.

Es ist aber noch dazu nicht nur zynisch, sondern in hohem Maße auch gleich­heits­widrig, weil der Ansatz etwas skurril ist. Diesen Energiekostenausgleich kriegt nur derjenige, der einen Vertrag mit einem Energielieferanten hat. Das heißt, derjenige, der nicht direkt mit dem Energielieferanten kontrahiert, weil er etwa über einen Subzähler oder gemeinsame Energieabnahmeverträge mit dem Energielieferanten seinen Strom bezieht, kriegt nichts. Also wenn Sie in einem Studentenheim, in einer Anlage mit Subzählersystem oder bei Verwandten wohnen, wo Sie ein Stockwerk eines Hauses bewohnen und dergleichen, wenn Sie einen Pauschalmietzins haben, der die Energie beinhaltet, dann kriegen Sie nichts.

Sogar die Volksanwaltschaft – und nicht Volksanwalt Rosenkranz, sondern die schwarze Volksanwältin Schwarz, der Minister wird es wissen – hat Ihnen einen Brief geschrieben und Sie auf diesen unhaltbaren Zustand und diese vollkommen sachwidrige Ungleichbehandlung aufmerksam gemacht, die man nicht damit begründen kann, dass der bürokratische Aufwand sonst größer wäre – der bürokratische Aufwand, der bei den Gesetzesmaterien der Regierung noch nie irgendeine Rolle gespielt hat. Ich verweise nur auf die 200 Euro Steuerfreibetrag für die Förderung CO2-emissionsloser Carsharingmodelle und dergleichen, auch das muss alles administriert werden. In diesem Fall aber ist auf einmal der admi­nistrative Aufwand dahin gehend, dass man die gesetzliche Bestimmung so macht, dass jeder Haushalt wenigstens diese 150 Euro bekommt, für den Minis­ter nicht vertretbar.

Wir bringen daher auch dazu einen Entschließungsantrag ein, diesen Mangel im Gesetz wenigstens zu reparieren und im Sinne des von der schwarzen Volksan­wältin Schwarz Vorgeschlagenen Folgendes zu tun:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausweitung der Anspruchsberechtigten beim Energiekostenausgleich“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird entsprechend den Anregungen von Volksanwältin Gabriele Schwarz aufgefor­dert, den Kreis der Anspruchsberechtigten nach dem Energiekosten­ausgleichs­gesetz um jene Teile der Bevölkerung zu erweitern, die Stromkosten tragen aber keinen eigenen Stromliefervertrag haben.“

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Ich ersuche in beiden Fällen um Zustimmung zu diesen Anträgen.

Danke für die Aufmerksamkeit. Ich hoffe, dass der Beitrag lebendig genug war, und begebe mich wieder auf meinen Sitz. – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

10.49

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Vielen Dank, Herr Bundesrat.

Der von den Bundesräten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen ein­gebrachte Entschließungsantrag betreffend „Optimierungsbedarf bei den Maßnahmen zur Bekämpfung der ,kalten Progression‘“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu TOP 2: Der von den Bundesräten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Ausweitung der Anspruchsberechtigten beim Energiekostenausgleich“ ist genügend unterstützt und steht demnach ebenfalls mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl. – Bitte, Frau Bundesrätin.