10.57

Bundesrat David Egger-Kranzinger (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher:innen auf der Galerie – schön, dass Sie uns heute wieder einmal im Parlament besuchen! Ich gebe Herrn Hübner selten recht, aber ja, das stimmt: Die Abschaffung der kalten Progression gibt es höchstens auf einem türkis-grünen Marketingpapierl und nicht in der Realität, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich weiß, dass die ÖVP in den letzten 48 Stunden wenig zu feiern gehabt hat (Bundesrätin Schumann: Das glaube ich!), aber noch viel weniger zu feiern hat man ehrlich gesagt, wenn man sich das 70-Jahres-Hoch der Inflation – 10,5 Pro­zent! – anschaut. Die Teuerung galoppiert davon, und die ÖVP und Sie, Herr Finanz­minister, weigern sich weiterhin, in diesen wild gewordenen, explodierenden Markt einzugreifen! (Beifall bei der SPÖ.)

Die ÖVP schaut zu, wie Energiepreise, Strompreise durch die Decke schießen. Fragen Sie einmal bei Ihren Branchenkollegen nach, beim Bäcker mit den vielen Öfen, beim Metzger mit den vielen Kühlgeräten, bei den Gärtnereien mit den Gewächshäusern, was die jetzt tun! Fragen Sie vor allem aber auch bei den Pendlerinnen und Pendlern nach, die in der Früh in der Straßenbahn stehen, was sie von Ihrer ÖVP-Marktlogik und von der sogenannten Abschaffung der kalten Progression halten! Die halten nämlich nichts davon, weil Ihre sogenannten Hilfen nicht ankommen.

Drei Punkte dazu: In der Traumwelt der ÖVP heißt es: Der Markt regelt alles! Wir müssen alles dem freien Markt unterordnen und das wird sich von selbst regeln! – Das stimmt so nicht! Das ist nicht wahr! Preisschwankungen von 1 000 Prozent von einem Tag auf den anderen sind nicht normal. Der freie Markt ist nur für die Großen da, aber nicht für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, nicht für die Pendler, nicht für die, die jeden Tag fleißig ihren Beitrag leisten. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder. – Ruf bei der ÖVP: Auch der Arbeitsmarkt ist ein Markt!)

Da schüttet man oben in einen Trichter ganz, ganz viel Geld, Milliarden vom Finanzminister hinein, nur kommt bei den Arbeitnehmern nichts von diesen Hilfen und dieser sogenannten Abschaffung an. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Zwazl: Geh, geh, geh!) Es kommt nichts bei den Schülern an, es kommt nichts bei den Schulen an, es kommt nichts bei den Arbeitnehmern und bei den Pensio­nisten an. (Bundesrat Bader: Wo lebst du? – Bundesrätin Kittl: Verdoppelt und vervierfacht! – Bundesrat Preineder: Hast du die Richtlinien schon einmal gelesen, Herr Kollege? Der Klimabonus kommt zu jedem!)

Und, Frau Kollegin Kittl, Sie machen es den Pendlerinnen und Pendlern, die auf das Auto angewiesen sind, mit der CO2-Steuer noch schwerer. Ich kann mir den Frust der Grünen in Wien gut vorstellen, dass man nicht mehr in der Stadtregie­rung ist. Da hat man anscheinend noch eine Rechnung offen. (Beifall bei der SPÖ.) Sie schauen aber seit Monaten zu, wie die Inflation steigt und die Hilfen nicht ankommen.

Punkt zwei: Wer sind denn die Gewinner der sogenannten Abschaffung der kalten Progression? – Es sind zum Beispiel wir, die wir da sitzen, Mitglieder im Bundesrat, Spitzenverdiener, die vielleicht im Neben- oder Hauptgewerbe Anwälte sind, bei der Partei angestellt sind, ein Unternehmen haben. Das sind die Gewinner dieser sogenannten Abschaffung, die Spitzenverdiener. (Bundesrat Himmer: Die Steuerzahler!) Die bekommen nämlich doppelt so viel wie das zweit­schwächste Einkommensfünftel. Das heißt, die, die wirklich ums Überleben kämpfen, bekommen viel weniger als die Spitzenverdiener in diesem Land.

Punkt drei: die Steuerzahler – weil das ein Kollege gerade gesagt hat. Richtig, das ist ja der Taschenspielertrick. Man nimmt es aus der einen Tasche und gibt es dann in kleinen Portiönchen in die andere gutmütig zurück (Bundesrat Preineder: Das wollt ihr aber ständig: umverteilen, oder? Will die SPÖ nicht umverteilen?) und sagt, das ist der große Wurf. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Köck: Der Unter­schied ist: Ihr gebt nichts mehr zurück! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das ist ganz, ganz wichtig zu sagen, denn die fleißigen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sind 80 Prozent. 80 Prozent der Steuerleistung zahlen die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer gemeinsam mit den Konsumenten. Es gibt keine Gegenfinanzierung. Das heißt, man gibt ihnen ein bisschen Geld, aber bei den Übergewinnen der Energiekonzerne greift man nicht hin. Auch bei den Super­reichen in diesem Land greift man nicht hin. (Bundesrat Preineder: 60 Prozent ist noch immer zu wenig? 60 Prozent Einkommensteuer ist zu wenig, Herr Kollege? Kennen Sie das Steuersystem?) Nein, das tut man nicht. Schauen Sie auf die europäische Landkarte rundherum! Das ist ganz leicht zu googeln, liebe Kolle­ginnen und Kollegen von der ÖVP! Überall um Österreich herum wird Reichtum in irgendeiner Form besteuert. Italien, Frankreich, Deutschland: Fliehen dort die Unternehmer? Flieht dort die Industrie? – Nein! Aber bei uns greifen wir diese heilige Kuh natürlich nicht an.

Man geht bei der ÖVP sogar noch einen Schritt weiter: Sie reden über die KESt-Abschaffung. Wer sind denn die Profiteure? – Die Großaktionäre! Die werden sich wieder freuen. Wir senken die KöSt, die Körperschaftsteuer – da werden sich die großen Unternehmerinnen und Unternehmer, die Riesenkonzerne wieder freuen. Wir sind Europameister im Geldausgeben für die großen Kon­zerne, bei den Leuten kommt nichts an und wir sind Schlusslicht beim Wirt­schaftswachstum. Das ist zum Schämen! (Beifall bei der SPÖ.)

Die ÖVP mit den Grünen macht in diesem Land Politik nur für die Superreichen und nicht für die Arbeitenden, nicht für die Schüler, nicht für die Pensionisten und nicht für die normalen Menschen in diesem Land! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Kittl: Bin ja froh, dass ihr das alles gemacht habt! – Bundesrätin Schumann: Geh, hör auf! – Zwischenruf des Bundesrates Buchmann.)

11.04

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Vielen Dank, Herr Bundesrat.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. – Bitte, Herr Bundesrat.