15.56

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich zum Tagesordnungspunkt spreche, möchte ich all jenen Kolleginnen und Kollegen hier im Haus ganz herzlich danken, die heute dieses sichtbare Zeichen (auf den am Jackett befestigten Button mit der Aufschrift: „Stoppt Gewalt an Frauen“ weisend) gegen Gewalt an Frauen tragen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen.)

Es ist gerade in Zeiten wie diesen ein ganz, ganz wichtiges Thema – und schön, dass wir über die Fraktionen hinweg heute dieses Zeichen gemeinsam setzen.

Zum Tagesordnungspunkt: Sehr geehrte Frau Ministerin, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll ja die EU-Digitalisierungsrichtlinie umgesetzt werden. Dagegen wäre an und für sich nichts zu sagen, dass die Gründung einer GesmbH oder jetzt auch eines Einzelunternehmens online möglich sein soll oder auch die Eintragung von Zweigniederlassungen oder von Urkunden eben auch in On­lineform möglich sein soll. Auch die Teilnahme am Business Registers Interconnection System, wodurch also die Kompatibilität und die Kommunika­tionsfähigkeit der verschiedenen nationalen Firmenbücher Europas sozu­sagen erleichtert oder ermöglicht werden soll, ist nichts Aufregendes und wäre durchaus zustimmungswürdig.

Was aber aufregt, ist das, was mit diesem Gesetz miterledigt – eigentlich müsste man fast sagen: enderledigt – werden soll: Die traditionsreiche „Wiener Zeitung“ ist nämlich durch dieses Gesetz beziehungsweise durch das, was noch folgen soll, ernstlich in Gefahr. Die älteste noch erscheinende Tageszei­tung der Welt soll still und heimlich – ich sage es in aller Härte – gekillt werden.

Das steht jetzt natürlich nicht so im Gesetzestext drinnen, es wird aber ein bisschen aufschlussreicher, wenn man sich die Erläuterungen ansieht. Aus ihnen kann eben sehr wohl der Schluss gezogen werden, dass gerade der „Wiener Zeitung“ die finanzielle Basis entzogen werden soll, indem die Veröffentlichungs­pflicht im „Amtsblatt“ der Republik Österreich – der „Wiener Zeitung“ – schrittweise abgeschafft werden soll. Damit wird dieser Zeitung sozusagen die finanzielle Basis entzogen, was in Wahrheit einem Todesstoß gleichkommt. Es ist nicht so deutlich und klar im Gesetzestext verpackt, aber es ist daraus zu schließen, dass diese Veröffentlichungspflicht praktisch obsolet ist.

Da ist man fast heimlich vorgegangen, das sieht man an der Genese dieses Gesetzes. Es ist ein Initiativantrag kurz vor Beginn der Sitzung des Justizausschusses eingebracht worden, der dann wieder mit einem Abände­rungsantrag korrigiert wurde. Die Fehlerhäufigkeit bei dieser Bundesregie­rung zeigt schon, dass hier auch handwerklich offensichtlich einiges schiefläuft, denn es ist ja unfassbar, was da am laufenden Band passiert: Das Falsche wird auch noch falsch gemacht. Und das ist ein weiteres Indiz dafür, dass es die­se Regierung einfach nicht kann, weil ihr ja wirklich ununterbrochen Fehler passieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Initiativantrag ist ja dann federführend von einer ÖVP-Abgeordneten eingebracht worden. Die ÖVP versucht, jetzt noch im letzten Aufwaschen ihre To-do-Liste abzuarbeiten, zu der sie offensichtlich in der vorherigen Koalition mit der FPÖ nicht mehr gekommen ist.

Jetzt ist hier anscheinend das Aus der „Wiener Zeitung“ auf der Tagesordnung und am Tapet. Die „Wiener Zeitung“ – man kann es nicht oft genug betonen – ist weithin für ihre qualitätsvolle Arbeit bekannt, für ihre eingehenden Recher­chen (Beifall bei der SPÖ), für ihre für Politik und Wirtschaft unkäufliche Berichterstattung wird sie weithin geschätzt, jetzt nicht nur von mir und von meiner Fraktion, sondern von sehr vielen Persönlichkeiten des öffentli­chen Lebens aus den verschiedensten Bereichen. Nahezu von allen Religions­gemeinschaften in Österreich haben sich Proponenten für den Erhalt der „Wiener Zeitung“ ausgesprochen. Ich lese Ihnen einige Persönlichkeiten vor: Mi­chael Chalupka, Bischof der Evangelischen Kirche, Kardinal Schönborn, Oskar Deutsch, Sie wissen, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, und so weiter.

Sie können das auch in dem Entschließungsantrag nachlesen, den ich einbringe:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „,Wiener Zeitung‘ – Erhalt der ältesten Tageszeitung der Welt – für Medienvielfalt“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler, der Vizekanzler sowie die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bun­deskanzleramt wird aufgefordert, alle Maßnahmen für den Erhalt der Wiener Zeitung als Tageszeitung zu setzen, insbesondere aber in einem 18-mo­natigen Moratorium, in welchem die Wiener Zeitung weitergeführt wird, ein Zukunftskonzept in Zusammenarbeit mit anerkannten Medienexper­t:innen auszuarbeiten.“

*****

Das wäre ganz, ganz wichtig und ist unverzichtbar für die Medienvielfalt in Österreich, und daher würde ich Sie dringendst ersuchen: Lassen wir die „Wiener Zeitung“ nicht sterben! (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Es gibt zahllose Proponenten des öffentlichen Lebens, die diese Initiative auch unterstützen, die sich auch schon in der Vergangenheit für den Erhalt der „Wiener Zeitung“ starkgemacht haben.

Ich kann Ihnen noch weitere Namen vorlesen, aus den verschiedensten politi­schen Lagern, wenn ich hier die Liste aufschlage: Franz Fischler, EU-Kommissar außer Dienst, und Rudolf Anschober habe ich hier auch auf der Liste, auch bestens bekannt. Herbert Haupt ist – da ich hier auf die rechte (in Richtung FPÖ) Seite schaue – Ihnen sicherlich auch noch ein Begriff. (Bundesrat Steiner: Ist ein guter Sozialminister gewesen!) – Ja, er ist Sozialminister gewesen, aus Ihren Reihen, und auch Frauenminister, ein Tierarzt, der Frauenminister war, wir erinnern uns noch. Staatsanwalt außer Dienst Walter Geyer, Heinz Fischer, viele ehemalige Kanzler, auch Franz Vranitzky, der sich bester Gesundheit erfreut und erfreulicherweise wohlauf ist. (Bundesrat Steiner: Gott sei Dank!) – Ja, Gott sei Dank. (Bundesrat Steiner: Ihr habt ihn ja schon totgesagt!) Aber auch viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wie Irmgard Griss sprechen sich für den Erhalt der „Wiener Zeitung“ aus – das sollten wir alle gemeinsam tun. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

16.04

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Frau Bundesrätin.

Als Nächster ist Herr Bundesrat Marco Schreuder zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.