16.29

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Datenschutzbericht 2021: Ich war ganz erstaunt, dass zwei Aspekte, die ich in dem Bericht besonders prägend finde, von meinen Vorrednern gar nicht erwähnt worden sind. Was meine ich konkret? Erstens: Die Frau Ministerin ist recht schnell in die Bresche gesprungen und hat letztes Jahr die Datenschutzbehörde personell auf­gestockt. Das kann man ihr wirklich hoch anrechnen, ganz ernst gemeint. Die Datenschutzbehörde hat das Personal nämlich dringend gebraucht. Warum war das so? – Ganz viele Menschen haben Individualbeschwerden an die Datenschutzbehörde herangetragen. Das heißt, sie haben das Gefühl gehabt, sie sind in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf Datenschutz verletzt worden, und zwar vom Staat höchstselbst. Diese Personen haben ge­sagt, sie sind an eine Covid-Impfung erinnert worden, ohne dass es dafür eine gesetzliche Grundlage gibt. Nach allem, was wir bislang wissen, haben sie damit vermutlich recht. Die Datenschutzbehörde hat nämlich dem Gesund­heitsministerium ausgerichtet: Wir bezweifeln das tatsächlich auch! – Deshalb haben wir erst vor ein paar Minuten das Epidemiegesetz neu beschlossen. Im Epidemiegesetz haben wir jetzt nachträglich versucht, das zu sanieren und diese Gesetzesgrundlage herzustellen. (Vizepräsident Novak übernimmt den Vorsitz.)

Ich habe mir vorgenommen, das nicht negativ zu formulieren, deswegen habe ich überlegt, wie man so einen Vorgang positiv bezeichnen könnte, und habe es mit dem Wort Kompetenz versucht: Sagen wir, es ist die Inkompetenzkom­pensationskompetenz, und die ist, glaube ich, in der Bundesregierung durchaus vorhanden. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Da wird versucht, nachträg­lich diesen Fehler zu sanieren und herumzuschludern, und das ist alles in allem ein extrem unzufriedenstellender Zustand.

Zweiter Punkt, der mir aufgefallen ist: Die Datenschutzbehörde hat in wirk­lich vorzüglicher Art und Weise höchstgerichtliche Entscheidungen dargestellt und aufgeschlüsselt. Eine Sache wird dabei recht schnell klar: Es betrifft besonders oft die Post. Die Österreichische Post AG hat besonders oft gegen das Datenschutzgesetz verstoßen. Da ging es darum, dass sie anhand der Zusendungen der Österreicherinnen und Österreicher ein Profiling betrieben hat. Es wurden Schlüsse gezogen, wo die Österreicherinnen und Österrei­cher politisch stehen, wie sie einkaufen, und diese Daten wurden dann auch an Marketingunternehmen, mitunter auch an politische Parteien verkauft, ebenfalls ohne gesetzliche Grundlage. Das war natürlich auch ein klarer Verstoß, mittlerweile ist das auch höchstgerichtlich entschieden.

Der spannende Punkt dabei ist ja, dass es sich bei der Österreichischen Post AG nicht um ein privates Unternehmen im eigentlichen Sinn handelt. Die Österreichische Post AG steht im mehrheitlichen Eigentum der Republik Öster­reich, und Sie dürfen dreimal raten, welches Unternehmen die für Öster­reich verwaltet: Es ist die Öbag, die Österreichische Beteiligungs Aktiengesell­schaft – die Öbag, im Berichtszeitraum geleitet durch den Vorstand Thomas Schmid! Es scheint tatsächlich so, dass es für jedes Problem, das es in Österreich gibt, irgendwo einen ÖVP-Haberer gibt, der dafür verantwortlich ist. (Beifall bei der SPÖ sowie Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Ich will nun abschließend in meiner Rede zu einem weiteren Aspekt kommen. Der ÖVP-Klubobmann im Nationalrat hat in seiner wirklich unvergleichlichen Art die Europäische Menschenrechtskonvention ohne Not infrage gestellt, was uns hier veranlasst hat, in einer gemeinsamen Initiative, auch über die Partei­grenzen hinweg – fast alle beteiligen sich –, einen Entschließungsantrag zu formulieren, den ich jetzt einbringe:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Stefan Schennach, Karl Bader, Marco Schreuder, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Achtung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert sich vollumfassend zu der sich im Verfassungsrang befindlichen Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu bekennen und für die unveränderte Geltung ebendieser vehement einzutreten, denn Menschenrechte sind die Säule des Rechtsstaates und unver­handelbar.“

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Das ist der Text dieses Entschließungsantrages. Ich bitte Sie, da auch wirklich mitzugehen. Ich war auch überrascht, dass die ÖVP da mitgeht. Meine Überraschung war natürlich geringer, als ich mir angeschaut habe, was in dieser EMRK wirklich drinsteht.

Ich habe Ihnen Art. 6 Abs. 2 mitgebracht: „Bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld wird vermutet, daß der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist.“ In Art. 6 Abs. 2 EMRK steht das drinnen: die Unschuldsvermu­tung! Da ist es kein Wunder, dass die ÖVP das dann doch nicht so schnell aufheben will, denn eines ist klar: Die ÖVP braucht die Unschuldsvermutung wie einen Bissen Brot. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

16.34

Vizepräsident Günther Novak: Der von den Bundesräten Stefan Schennach, Karl Bader, Marco Schreuder, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Achtung der Europäi­schen Menschenrechtskonvention (EMRK)“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Andreas Arthur Spanring. – Bitte, Herr Bundesrat.