16.43

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Keine Sorge, ich werde keine sehr lange Rede halten. Ich möchte mich nur für einen Akt lebendigen Parlamentarismus hier in unseren Reihen bedanken. In der Präsidiale habe ich den Kollegen, Kolleginnen einen Entschließungsantrag vorgelegt und gesagt, es wäre doch schön, wenn andere Fraktionen uns hier bei so einem wichtigen Antrag zur Achtung der Euro­päischen Menschenrechtskonvention unterstützen würden. Sehr schnell ist Karl Bader gekommen und hat gesagt, die ÖVP geht mit, dann sind Marco Schreuder und auch Karl Arlamovsky gekommen. Somit ist eingetreten, dass wir heute einen Entschließungsantrag präsentieren, der die Achtung der Europäischen Menschenrechtskonvention fordert und – ich hoffe sehr – einer unwürdigen Debatte ein Ende bereitet.

Als Mitglied des Europarates möchte ich nur einmal kurz daran erinnern, dass es 1950 in Rom war, dass die Europäische Menschenrechtskonvention beschlossen wurde. Man hat gleichzeitig aber gesagt: Wir brauchen noch einen Überwachungsmodus und eine Durchsetzung, und hat dazu den Europäi­schen Menschenrechtsgerichtshof installiert. Vor wenigen Jahren hat Papst Franziskus in einer Rede in Straßburg diesen Europäischen Menschen­rechtsgerichtshof als das Gewissen Europas bezeichnet.

Der Auslöser dieser Debatte war offensichtlich inhaltlich über die Men­schenrechtskonvention nicht informiert. Die Menschenrechtskonvention hat nämlich nichts mit Asyl zu tun, sondern die Menschenrechtskonvention schützt und garantiert unser aller Menschenrechte. Das ist die Großartigkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof arbeitet sieben Tage und sieben Nächte in der Woche, 365 Tage im Jahr. (Ruf bei der ÖVP: Wir auch!) Selbst um 3 Uhr in der Früh können Sie sich an ihn wenden. Ich kenne die Einreichungen. Wenn Sie in irgendeinem Gefängnis sitzen und nur eine Toilettenrolle haben, können Sie auch das Papier einer Toilettenrolle an den Menschenrechtsgerichtshof senden, es wird ernstgenommen. (Ruf bei der ÖVP: ... was draufschreiben?)

Es kann sein, dass, wenn Sie sich um 3 Uhr in der Früh an den Menschen­rechtsgerichtshof wenden, der sich schon um 7 Uhr in der Früh an die nationalen Behörden und die Regierung des betreffenden Landes wendet. Deshalb bitte ich Sie noch einmal: Stoppen Sie diese Diskussion über die Europäische Menschen­rechtskonvention! Sie ist im Verfassungsrang, sie ist nicht verhandelbar. (Bundesrat Spanring: Ah, darum darf man nicht ..., ah so!) Sie ist im Verfassungs­rang aller Staaten, die sie ratifiziert haben (Bundesrat Preineder: ... um Menschenpflichten ergänzt!) – und alle Staaten, die sie ratifiziert haben, haben sie in den Verfassungsrang gehoben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich kenne niemanden und kein Land unter den Mitgliedstaaten des Europarates, das auch nur einen Millimeter bereit wäre, eine solche Debatte zu tragen, denn diese Würde und diese Sicherheit gehört zu ungefähr 250 Konventionen, die unser Zusammenleben und unsere Sicherheit in Europa garantieren. Es gibt auch eine andere, mit einer solchen Konvention wurden die Todesstrafe in Europa beseitigt (Zwischenruf bei der FPÖ) und zum Zweiten auch der Schutz der Menschenwürde und die Ablehnung der Folter und unmenschlichen Behandlung festgeschrieben. (Bundesrätin Steiner-Wieser: ... Coronamaßnahmen?!)

Wie bei der Menschenrechtskonvention gibt es dazu ein Komitee, das auch regelmäßig Österreich besucht (Ruf bei der FPÖ: Was war dann mit den Coronamaßnahmen?) – und Sie sollten auch wissen (Bundesrätin Steiner-Wieser: Das Eingesperrtsein war Folter, als gesunder Mensch wirst du eingesperrt!), dass in solchen Berichten auch Österreich kritisiert wurde, das ist nämlich das Komitee gegen unmenschliche Behandlung und Folter. Da wurden zum Beispiel die Zustände in unseren Senioren- und Seniorinnenheimen und die Zustände in Untersuchungshaft in Österreich kritisiert. Die jeweilige Regierung, welche immer es war, hat dann die Möglichkeit, darauf zu reagieren. Sowohl beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof ist derzeit eine österreichische Rich­terin als auch beim Komitee zum Schutz vor Folter und unmenschlicher Behandlung ist eine Österreicherin beteiligt.

Das heißt, wir sollten diese Achtung, die wir auch hier mit diesem gemeinsamen Entschließungsantrag heute zum Ausdruck bringen, in dem Sinne auch in den künftigen Diskussionen einfließen lassen. Ich wundere mich, dass jene Ministe­rin, die kurzfristig in Straßburg tätig war, da nicht sofort eine parteiinterne Diskussion gestoppt hat. Frau Ministerin Edtstadler müsste das besser wissen, aber die ÖVP hätte auch bei unserer Justizministerin nachfragen können: Geht das überhaupt, eine Weiterentwicklung der Menschenrechtskonvention? Ich nehme an, unsere Justizministerin hätte dieselbe Antwort gegeben: Nein, das geht so nicht. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)

In diesem Sinne bedanke ich mich noch einmal für diesen Akt lebendiger Demokratie und dafür, dass wir hier beinahe eine einstimmige Entschließung zusammenbringen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.49

Vizepräsident Günther Novak: Abschließend zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desministerin Alma Zadić. – Bitte sehr, Frau Bundesministerin.