20.00

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Okay, der Herr Bundeskanzler ist zurzeit nicht da (Bundesrat Novak: Ja wundert euch das? Wundert euch das, wenn immer die gleiche Platte kommt?), aber vielleicht wird es ihm jemand von der ÖVP ausrichten. Der Herr Bundeskanzler hat – und jetzt gehe ich 3 Stunden zurück zu dem Zeitpunkt, als er sein Statement vorgebracht hat, bevor er die 28 Fragen nicht beantwortet hat (Bundesrat Bader: Na geh, bitte!) – ein paar Behauptungen in den Raum gestellt, bei denen ich ihm jetzt leider widersprechen muss. (Bundesrat Bader: Wo lebst denn du, Frau Kol­legin?) Er hat ein Statement abgegeben, aber die 28 Fragen hat er in Wirk­lichkeit nicht beantwortet.

Er ist hergegangen, hat das Beispiel von meinem Kollegen Ofner aufgegriffen und gesagt, dass diese Regierung jemandem, der netto 1 800 Euro verdient und zwei Kinder unter 18 Jahren hat, 4 000 Euro im Monat, wie wunderbar, schenkt. – Das stimmt nicht. Erstens stimmt es nicht, weil jemand, der 1 800 Eu­ro netto verdient, ein Lohnsteueraufkommen von 262 Euro im Monat hat. Familienbonus: 166,66 Euro für ein Kind; es bleiben 96 Euro für das zweite Kind über. Also aus 4 000 Euro werden 3 152 Euro. Sollte man Kinder haben, die über 18 Jahre alt sind, dann schaut es ganz anders aus.

Dann wird gerufen – heute hat es eine Kollegin von der ÖVP gesagt –: Wir haben die kalte Progression abgeschafft! – Das stimmt nicht. Was habt ihr gemacht? – Ihr habt die Tarifstufen erhöht, das stimmt. (Bundesrat Bader: Gesenkt! Gesenkt!) Es wurden Steuersätze gesenkt, aber die Tarifstufen, bei denen eine Lohnsteuerbemessung sozusagen schlagend wird und nach de­nen sich die Lohnsteuer errechnet, wurden erhöht. Das ist eine Erhöhung, denn wenn man sie senkt, dann zahlt jemand mit 500 Euro auch Lohnsteuer. Das willst du doch nicht, oder doch? Eben, also. Das ist einmal das. (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des Bundesrates Steiner.)

Dazu passt natürlich, wie ich finde: Auch eine Inflationsanpassung wurde bei dieser – sozusagen – Erhöhung der Tarifstufen beschlossen, aber spannend finde ich nur – ich weiß nicht, wer das bei euch berechnet –: Ihr geht im Jahr 2023 von 3,25 Prozent aus, aber bereits jetzt beträgt die Inflation 12 Prozent. Gott sei Dank haben wir wieder eine Gewerkschaft, die ihre ursprünglichen Aufgaben wahrnimmt und in den meisten Branchen gute Kollektivverträge abschließt. (Bei­fall der Bundesrätinnen Grimling und Schumann.) Das heißt, es sind im Schnitt 6 Prozent. Davon frisst der Finanzminister schon wieder 50 Prozent.

Das sind all diese tollen Maßnahmen, die unseren Menschen in der jetzigen Situation helfen. (Beifall bei Bundesrät:innen der FPÖ.)

Das Nächste: Wir haben heute sehr viel dazu gehört, und es stimmt – egal, in welche Branche man hineinhorcht, ob man zum Frisör geht, zur Kosmetik oder ins Gasthaus –: Überall hört man, es ist sehr, sehr schwierig, wirklich gutes Fachpersonal zu finden. Die Lösung, die jetzt kommt: Na, wir müssen unbedingt mehr Zuwanderer hereinlassen, weil da wirklich die hoch qualifizierten Fuß­pfleger, die Gastronomieleute, die Fahrradmechaniker, die Elektrotechniker kom­men. – Wenn das aber wirklich so wäre, dann frage ich mich, warum jetzt in den AMS-Schulungsmaßnahmen bereits mehr als 50 Prozent Ausländer sind, wenn wir so viele Fachkräfte hereinholen müssen, weil die alle so super sind. Das ist echt eine interessante Geschichte. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb stellen wir auf alle Fälle zu dieser Thematik folgenden Entschließungs­antrag:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Arbeitslosenversicherungssystem und AMS-Schulungen dürfen nicht zum Ausländer-Arbeitsamt verkommen – Stopp der weiteren unqualifizierten Zuwanderung in den österreichischen Arbeitsmarkt und den Sozialstaat“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, die Regelungen für ein Maßnahmenpaket gegen die sektorale Arbeitslosigkeit in Österreich als Konsequenz der nachhaltig wirtschaftsschädlichen COVID-19-Maßnahmen und einer unsinnigen Sanktions­politik infolge der Ukraine-Krise beinhaltet. Dieses Maßnahmenpaket soll sektorale Zuzugsbeschränkungen auf dem Arbeitsmarkt für Nicht-EU-Bürger und EU-Bürger (befristet und unbefristet) nach Maßgabe von Alter, Ausbildungsniveau, besonderen Bedürfnissen und gesundheitlichen Einschrän­kungen, bisheriger Berufstätigkeit, angestrebter Berufstätigkeit und branchenspezifischer kurz-, mittel- und langfristiger Konjunktur- und Arbeits­marktprognose beinhalten. Insbesondere sollen im Zuge dieser Maßnahmen auch die negativen Auswirkungen der COVID-19-Krise und der Sanktionspolitik für den Arbeitsmarkt nachhaltig korrigiert werden.“

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Ich ersuche um Annahme.

Zum Gesundheitssystem: Unser Gesundheitssystem ist trotzdem Gott sei Dank ein gutes. Wir alle wissen, wenn wir zum Arzt gehen müssen, haben wir Gott sei Dank die Möglichkeit, in Österreich, auch in jedem Bundesland, noch einen Arzt zu finden.

Was aber bedauerlicherweise zum Beispiel sehr wohl der Fall ist: Es gibt leider in Österreich nach wie vor eine Zweiklassenmedizin, die ist nach wie vor noch vorhanden. Warum sage ich das? – Weil es durch den selbst verursachten Ärzte­mangel sehr, sehr wenige Vertragsfachärzte gibt und man eigentlich nur dann, wenn man bereit ist, privat Geld in die Hand zu nehmen, zum Beispiel wichtige Untersuchungen wie Mammografie, CR, CT oder MR machen lassen kann. Es gibt aber eine besondere Gruppe in Österreich, die von vornherein all diese Dinge wie ein Privatpatient genießen kann. Das sind nämlich all jene Menschen, die strafrechtlich verurteilt worden sind und im Gefängnis sitzen, weil man es bis heute noch nicht geschafft hat, dass die auch in eine Pflichtversicherung einbezogen werden.

Das heißt, für jeden Menschen, den der österreichische Steuerzahler erhält, weil er im Gefängnis sitzt, sind unsere Regierung und das Gesundheitswesen bereit, immer brav Privathonorare hineinzupulvern, anstatt diese Menschen in eine Pflichtversicherung zu geben und das dadurch ersparte Geld wirklich ins Ge­sundheitssystem hineinzutun. (Beifall bei der FPÖ.)

Was ich aber in der jetzigen Zeit besonders traurig finde, ist, dass es sehr wohl eine sehr kleine Gruppe von Menschen gibt, die aus wirklich oft sehr schick­salhaften Umständen aus der Pflichtversicherung hinausfallen. Das ist die kleine Gruppe der Obdachlosen. Diesen Menschen verweigert man den Zugang zum Gesundheitssystem, zu Ärzten, und sie haben nur deshalb eine Notversor­gung, weil es freiwillige, engagierte Menschen in unserem Land gibt, die die­se Aufgaben erfüllen, bei denen die jetzige Regierung wieder einmal versagt, die sie nicht erfüllen kann oder will. Das ist auch ein wichtiger Punkt. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch wenn Sie der Meinung sind, dass diese Dringliche Anfrage von uns heute eine polemische Aktion war: Das war sie nicht. (Ruf bei der ÖVP: Nein, un­nötig!) Wäre man hergegangen und hätte einfach die Dinge, die die Geschäfts­ordnung des Bundesrates vorschreibt, ernst genommen und wahrgenom­men, dann hätte man sich das ersparen können. Wie gesagt: Bei elf Ministern muss es doch einen geben, der sich einer Aktuellen Stunde stellen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

20.08

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Der von den Bundesräten Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Entschädigungszahlung an Personen, die durch gesetzwidrige Verordnungen und verfassungswidrige Gesetze psychisch, physisch sowie auch finanziel­len Schaden genommen haben“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Ebenso ist der von den Bundesräten Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Arbeitslosenversi­cherungssystem und AMS-Schulungen dürfen nicht zum Ausländer-Arbeitsamt verkommen – Stopp der weiteren unqualifizierten Zuwanderung in den österreichischen Arbeitsmarkt und den Sozialstaat“ genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster und derzeit Letzter zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. – Bitte, Herr Bundesrat. (Ruf bei der ÖVP: Der Letzte!)