19.48

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es heute schon gehört – ich weiß nicht, wer das gebracht hat –: Liebe Elisabeth, es gibt offenbar keine Rede mehr von dir, in der du nicht auf die Wiener Landesregierung haust und im Kontrast dazu die hervorragenden Ideen der Bundesregierung präsentierst. Das ist jetzt deine Rolle, aber es ist ein bisschen durchschaubar.

Zum Thema Kleinkinderbetreuung, Kleinkinderbildung: In den ersten Lebensjahren entwickeln Kinder jene Kompetenzen, Eigenschaften und Einstellungen, die für die Lernmotivation und den Lernerfolg in der weiteren Bildungslaufbahn prägend sind. In dieser Zeit entstehen die Grundlagen für ein gelingendes, selbstbestimmtes Leben. Entsprechend dem Prinzip Use it or lose it hält das menschliche Gehirn im Kleinkindalter ein enormes Potenzial bereit, das umso mehr ausgeschöpft wird, je vielseitigere Anregungen das Kind auf der Basis stabiler Bindungen erfährt.

Die große Bedeutung flächendeckender Angebote einer qualitätsvollen Elementarbildung ist heute allgemein anerkannt. Von der pädagogischen Begleitung und sozialen Interaktion im Kindergarten und in der Kleinkindbetreuung, die je nach Bundesland unter der Bezeichnung Krippe, Krabbelstube, Spielgruppe oder Kindertagesstätte sowie in Kleingruppen bei Tagesmüttern oder Tagesvätern firmiert, profitieren alle Kinder, und ganz besonders jene, die zu Hause ein weniger förderliches Umfeld vorfinden. Dies gilt jedoch nur, wenn die Qualität dieses elementarpädagogischen Angebotes stimmt, denn je jünger die Kinder sind, desto mehr stellen beispielsweise große Gruppen, in denen Ruhe und individuelle Zuwendung zu kurz kommen, einen Stressfaktor dar, der die gedeihliche Entwicklung hemmt und stört.

Auch für die Eltern ist ein solches flächendeckendes, mit Vollzeitjobs vereinbares qualitätsvolles Kinderbetreuungsangebot von entscheidender Bedeutung. Dass dieses in Österreich noch immer große Lücken aufweist, trägt wesentlich dazu bei, dass hierzulande fast drei Viertel der erwerbstätigen Frauen mit Kindern unter 15 Jahren nur teilzeitbeschäftigt sind, und die Hälfte dies auch bleibt, wenn die Kinder älter sind. Die persönlichen Folgen dieses Mangels, von der Abhängigkeit von besser verdienenden Ehepartnern bis hin zur Altersarmut durch niedrigere Pensionen, sind ebenfalls seit Langem bekannt.

Wenn in der Dringlichen Anfrage insbesondere auf die Gratiskindergärten in drei Bundesländern hingewiesen wird, muss ich natürlich auch darauf hinweisen, dass es in Salzburg ab 1. April einen Gratiskindergarten ab drei Jahren gibt – der Vorschlag dazu wurde erfreulicherweise parteiübergreifend von fünf Parteien angenommen –, auf Initiative unserer zuständigen Landesrätin Andrea Klambauer.

Vor diesem Hintergrund ist es höchste Zeit, einen Aufholprozess in die Wege zu leiten beziehungsweise ernsthaft zu beschleunigen, mit dem Österreich zu skandinavischen Vorbildländern in Sachen Kinderbildung und -betreuung aufschließen kann. Wie weit wir zurückliegen, zeigt beispielsweise der Vergleich der verfügbaren Bildungs- und Betreuungsplätze für unter Dreijährige – Österreich 23 Prozent, Dänemark zum Beispiel 66 Prozent – oder der Ausgaben für Elementarpädagogik in Prozent des BIP – Österreich 0,7 Prozent, Norwegen zum Beispiel 2 Prozent. Dieser Prozess wird sowohl finanziell als auch personell herausfordernd – Stichwort Pädagoginnen- und Pädagogenmangel –, ihn weiter aufzuschieben kommt uns aber wesentlich teurer und ist bildungs-, gesellschafts- und wirtschaftspolitisch unverantwortlich.

Deswegen ist die Bundesregierung, insbesondere Sie, Herr Bildungsminister, die Familienministerin und der Finanzminister, gefragt, gemeinsam mit den Bundesländern einen verbindlichen Stufenplan zu entwickeln, der erstens bundesweite Qualitätsstandards, zweitens einen Rechtsanspruch auf einen Bildungs- und Betreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag, drittens kleinere Gruppen zum Ziel hat – und damit auch die Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen verbessert – sowie viertens den Neueintritt und die Rückkehr ausgebildeter Elementarpädagoginnen und -pädagogen in den Beruf attraktiver macht. – Vielen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

19.53

Vizepräsidentin Andrea Kahofer: Als Nächste ist Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.