21.11

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal zum Positiven in diesem Gesetzentwurf, weshalb wir auch unsere Zustimmung geben werden – das ist ja auch keine Überraschung –: Es ist positiv, dass es, wie wir gerade gehört haben, nun eben auch eine Zusatzförderung für jene Haushalte gibt, in denen mehr als drei Personen hauptgemeldet sind, und auch für jene, die ihren Strom aus Verträgen beziehen, die in gewerblichen beziehungsweise landwirtschaftlichen Lastprofilen eingestuft sind. Sie sollen jetzt auch einbezogen werden.

So weit, so gut, da sind wir d’accord, da gehen wir selbstverständlich auch mit. Ich muss die Jubelstimmung aber ein bisschen trüben.

Abgesehen davon, dass man schon sagen muss, dass es sich dabei um einen eher aufgeblähten Administrationsapparat handelt – immerhin haben sieben verschiedene Stellen damit zu tun: fünf Ministerien, das Bundesrechenzentrum und die Buchhaltungsagentur des Bundes sind damit befasst –, muss man auch dazusagen: Ja, okay, besser spät als nie.

Dass man aber Monate braucht, um draufzukommen, dass es laut den eigenen Recherchen 700 000 Haushalte gibt, die das eben konkret betrifft, die also klarerweise mehr Strom brauchen als Haushalte mit weniger Personen: Na, das ist eine Leistung. Man muss aber leider sagen, das zieht sich ja eh durch die gesamte Regierungsperiode durch. Also treffsicher und zielgerichtet schaut für mich halt dann doch anders aus.

Dazu kommt noch, dass seitens der Regierungsfraktion ja auch immer wieder betont werden muss, wie sehr inflationsdämpfend diese Maßnahme doch sei. Hurra, kann man da nur sagen – oder auch nicht –, denn diese Maßnahme kann die Inflation laut Statistik Austria – wohlgemerkt im besten Fall – tatsächlich um 0,6 Prozent dämpfen.

Bei einer aktuellen Inflationsrate von über 11 Prozent, wie wir heute schon mehrfach gehört haben, und bei wirklich horrenden Preissteigerungen, vor allem zum Beispiel bei den Lebensmitteln, ist das leider – das muss man sagen – mehr ein Tropfen auf den heißen Stein und den Jubel, den Sie an den Tag legen, glaube ich, nicht wirklich wert.

Erinnern wir uns an die Preissteigerungen gerade erst im Jänner: Zum Beispiel ist das Sonnenblumenöl im Vergleich zum Vorjahr um satte 167 Prozent teurer geworden (Bundesrat Preineder: Wie viel braucht man da davon?), Weizenmehl um 111 Prozent, Kristallzucker um 81 Prozent, WC-Papier – das war ja in der Pandemie durchaus oft vergriffen – um 54 Prozent. Die Liste könnte man jetzt noch unendlich fortsetzen.

Da muss ich mich dann schon fragen: Können Sie sich seitens der Regierung auch nur im Ansatz vorstellen, wie sich da so manche Pensionistin, mancher Pensionist oder auch so manche Alleinerziehenden oder Menschen aus den unteren Einkommensbereichen das tägliche Leben noch leisten können sollen? (Bundesrat Schreuder: Ja! – Präsident Kovacs gibt das Glockenzeichen.)

Da freut man sich im besten Falle über 0,6 Prozent an Erleichterung bei der Inflation. Ich frage mich ganz ehrlich: Will die Regierung da nicht mehr zusammenbringen oder kann sie es schlicht und einfach nicht? – Ich weiß es nicht.

Noch einmal aber ganz konkret zurück zum Strompreis und zur Strompreisbremse: Jetzt wird also seit unserem Beschluss im Oktober alles, was den unteren Schwellenwert von 10 Cent pro Kilowattstunde übersteigt, bezuschusst – aber eben nicht alles, weil man ja von einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 2 900 Kilowattstunden pro Jahr als Grenzwert ausgeht.

Das klingt zunächst einmal nicht schlecht. Man muss aber genauer hinschauen, denn man vergisst da zum Beispiel gänzlich auf eine Gruppe von Haushalten, nämlich auf jene, die mit Strom heizen.

Ich habe dazu wirklich noch in keiner Diskussion auch nur in irgendeiner Form auch nur ein Wort gehört. In Wahrheit ist es so, dass man genau jene Personen und jene Haushalte auch noch dafür bestraft, dass sie unter Umständen schon seit Jahren oder Jahrzehnten umweltfreundlich und emissionsfrei heizen.

Der Einzige, von dem ich dazu dankenswerterweise ein Wort gehört habe, war heute Herr Landeshauptmann Doskozil, der auch in seiner heutigen Stellungnahme darauf Bezug genommen hat. Man muss aber schon ganz klar sagen: Mit Strom zu heizen geht sich mit 2 900 Kilowattstunden nicht einmal in einer kleinen Wohnung aus.

Es ist oftmals wirklich ein Vielfaches, was da an Strom verbraucht wird. Das bekomme ich quasi auch täglich und immer wieder durch Hilferufe von Familien zu hören und zu lösen. Gerade aktuell, da sich die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Energieanbieter ja quasi schon frei nach Gutdünken ändern können, schaut es noch dramatischer aus.

Ganz konkret einmal ein Blick nach Niederösterreich zur EVN: Da werden zum Beispiel beim Tarif Optima Garant ab dem 20. Jänner 59,02 Cent pro Kilowattstunde fällig. Sie sehen, dass sich das mit dem Schwellenwert von 40 Cent, der ja im Gesetz drinnen steht, nicht einmal mehr ansatzweise ausgeht.

Das heißt, in Wahrheit ist das Stromkostenzuschussgesetz, also die Strompreisbremse, quasi auch nur ein kleines Pflaster auf einem offenen Bruch, wenn man so will: besser als nichts, das stimmt schon, aber aus meiner Sicht immer noch viel zu wenig, denn die Wohnkosten und Mietpreise steigen oftmals unverhältnismäßig hoch.

Die Energiekosten gehen durch die Decke, Darlehenszinsen steigen, auch Versicherungen passen ihre Verträge an die Inflation an, wie es ja so schön heißt. Die Lebensmittelpreise – das habe ich schon genannt – machen das Leben für viele einfach nicht mehr leistbar.

Das heißt, es braucht da ganz, ganz dringend noch viel mehr, noch viel stärker zielgerichtete und treffsichere Maßnahmen, um die Menschen auch tatsächlich aus der Armutsfalle zu bringen.

Wir wissen – und das ist leider erschreckend –, wir haben aufgrund all dieser Teuerungswellen aktuell eineinhalb Millionen Menschen in Österreich, die akut armutsgefährdet sind. Das heißt, da braucht es ganz konkrete Maßnahmen. Die Meritorder muss endlich der Vergangenheit angehören, es braucht eine Gaspreisbremse. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir brauchen eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, und es muss endlich Zeit sein, um über eine gescheite Vermögenssteuer zu diskutieren, gerade heute: Jetzt in diesen Minuten gehen wahrscheinlich die ersten Gäste die Stufen der Oper zum Opernball hinauf. Wir haben es heute, glaube ich, auch schon mehrfach in der Presse zu lesen und auch zu hören bekommen: Ein Logenplatz kostet heuer 23 600 Euro. Dafür müssen die Österreicherinnen und Österreicher durchschnittlich 244 Tage arbeiten gehen. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling. – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Wenn einer das will!)

Dann gibt es auch noch – das muss man dazusagen – die 100 reichsten Personen in Österreich, die so viel Geld besitzen wie 5,5 Millionen Österreicherinnen und Österreicher zusammen. Also, nicht böse sein, aber wann, wenn nicht jetzt, ist die richtige Zeit für eine Vermögensteuer? – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

21.18

Präsident Günter Kovacs: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Steinmaurer. Ich erteile ihm dieses. – Bitte, Herr Bundesrat.