Bundesrätin Barbara Tausch (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Meine Frage bezieht sich auf den Integrationsbereich. Sie haben vorhin schon erwähnt: Frauen geben Werte und Rollenbilder weiter, und das ist vor allem auch im Integrationsbereich so, da üben sie einen großen Einfluss auf Integrationsverläufe aus.

Meine Frage ist: Was tun Sie für die Integration von Familien mit Migrationshintergrund? (Bundesrätin Schumann: Frauen! Nicht Familien!)

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 1935/M-BR/2023, hat folgenden Wortlaut:

„Was tun Sie für die Integration von Frauen mit Migrationshintergrund?“

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Präsident Günter Kovacs: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Vielen Dank für die Frage.

Ich will die Stärkung von Frauen in allen Lebensbereichen und unabhängig davon, ob sie Migrationshintergrund haben oder nicht. Im Integrationsbereich ist es mir aber besonders wichtig, auf die Frau zu setzen, weil ich davon überzeugt bin, dass Frauen für ihre Familien Integrationsmotoren sind und auch Vorbilder für ihre Kinder, dass sie vielfach ihre Werte und Rollenbilder weitergeben und einen Einfluss auf die Integrationsverläufe haben.

Wir setzen folgende Maßnahmen: Wir haben eigene Frauenzentren in den Zentren des Österreichischen Integrationsfonds gegründet – zuletzt durfte ich vor zwei Wochen das Frauenzentrum in Graz eröffnen; in Wien haben wir schon eines, jetzt haben wir auch eines in Graz –, in denen Frauen mit Migrations­hintergrund speziell auch zu Frauenthemen beraten werden – wenn es um Frauen­gesundheit geht, wenn es um den Eintritt in den Arbeitsmarkt geht, wenn es aber womöglich auch um Herausforderungen an der Schnittstelle zu innerfami­liärer Gewalt geht. All das wird dort konzentriert und von großartigen Berater:innen durchgeführt.

Wir haben außerdem spezielle Schwerpunkte zur Verhinderung von kulturell bedingter Gewalt gesetzt, die ja natürlich auch im Kontext von Migration nach Österreich kommt, wenn es um Mädchen geht, die zwangsverheiratet werden, wenn es um weibliche Genitalverstümmelung geht. Da haben wir eine eigene Koordinationsstelle gegen weibliche Genitalverstümmelung als zentrale Anlaufstelle eingerichtet. Es gibt Präventionsworkshops in den Schulen, in denen man auch über Ehrkultur spricht und darüber, wie es ist, aus ehrkulturellen Milieus sozusagen auszubrechen, oder welche Wertemuster es dahinter gibt.

Wir haben am 7. November die zweite Österreichische Integrationskonferenz mit dem Schwerpunkt Arbeitsmarktintegration von Frauen mit Migrations­hintergrund abgehalten. Das ist natürlich auch ein Thema, das wichtig ist, um auch die Selbstbestimmung von Frauen mit Migrationshintergrund sicher­zustellen.

Ein letzter Satz noch: Wir haben aktuell zwischen 80 000 und 90 000 Frauen und Kinder aus der Ukraine, die in Österreich Schutz gefunden haben, und bei einer so großen Anzahl von Frauen, die auf der Flucht sind, die als Vertriebene in unserem Land sind, ist es natürlich besonders wichtig, dass wir besonders auf Integrationsmaßnahmen abstellen, die Frauen stärken, wie beispielsweise durch Deutschkurse mit Kinderbetreuungsangebot. Da haben wir massiv ausgebaut.

Präsident Günter Kovacs: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Barbara Tausch (ÖVP, Oberösterreich): Ein bisschen hat es sich schon erübrigt, aber ich möchte die Frage trotzdem stellen, vielleicht gibt es noch ergänzende Auskünfte dazu. Es herrscht ja leider bereits ein Jahr Krieg in der Ukraine, und meine Zusatzfrage im Speziellen ist – vielleicht gibt es noch zusätzliche Informationen dazu –: Wie unterstützen Sie die vertriebenen ukrainischen Frauen und Kinder in Österreich?

Präsident Günter Kovacs: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Es ist über ein Jahr her, dass dieser brutale russische Angriffskrieg begonnen hat, und ich sehe auch eine Veränderung bei den Menschen, die zu uns gekommen sind. Jetzt sind sie über ein Jahr hier – viele der Menschen wollten rasch wieder in ihr Heimatland zurückgehen. Dadurch, dass der Krieg einfach immer noch massiv wütet und kein Ende in Sicht ist, geht es jetzt darum, dass wir nach einer ersten Phase des Ankommens – dass die Menschen ein Dach über dem Kopf haben, die Kinder auch in die Schule integriert werden –, auch des Deutschlernens, jetzt in Richtung Arbeitsmarkt­integration gehen.

Es gibt eine Arbeitsmarktsituation, die viele Chancen und Möglichkeiten bietet, besonders für Ukrainerinnen und Ukrainer, von denen viele ein gutes Qualifikationsniveau haben. Da investieren wir beispielsweise in Karriereplatt­formen, die Vertriebene auch direkt mit den Unternehmen matchen. Wir investieren natürlich massiv in Deutschkurse. Wir investieren auch in sogenannte mobile Servicepoints, die besonders am Anfang für die Menschen interessant waren. Sie sind gekommen und haben an einer Stelle in ihrer Region alles machen können: sich zum Deutschkurs anmelden, sich beim AMS anmelden, sich die E-Card holen, sich mit dem Innenministerium auseinander­setzen, wenn irgendetwas wegen der Aufenthaltsbewilligung nicht gepasst hat.

All das tun wir nach wie vor, zusätzlich zu ukrainischsprachigen Hotlines und einem Schwerpunkt Richtung Ehrenamtsförderung. Ich denke, Integration beginnt vor Ort, und wenn wir ehrenamtliche Initiativen unterstützen, dass sie auch Ukrainerinnen und Ukrainer im Rahmen des Ehrenamts mitdenken und ihnen dort auch Chancen geben, sich ehrenamtlich zu engagieren, dann ist das schon sehr viel wert.

Präsident Günter Kovacs: Danke schön.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Bürgermeister Dominik Reisinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Ihr Ressort hat doch schon vor geraumer Zeit unter Ihrer Verantwortung die sehr umstrittene Islamlandkarte veröffentlicht. Dazu meine Frage: Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um rassistische Übergriffe konkret zu vermeiden? Sind Ihnen seit dieser Veröffentlichung solche Übergriffe bekannt?

Präsident Günter Kovacs: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Vielen Dank für die Frage. Es ist ganz klar, dass Rassismus und Diskriminierung, egal welcher Art, in Österreich keinen Platz haben dürfen. Es darf keine Diskriminierung, Ausgrenzung oder Benachteiligung, egal ob es aufgrund des Geschlechts, der Herkunft oder der Religion, des Glaubens ist, geben. Daher gibt es in Österreich einen wesentlichen Rechts- und Diskriminierungsschutz. Es gibt mit den beiden Gleichbehandlungsgesetzen in der Privatwirtschaft und im Bund einen starken rechtlichen Rahmen. Jede und jeder Betroffene hat die Möglichkeit, das Diskriminierungsverbot auch vor Gericht geltend zu machen.

Es gibt in Österreich die Gleichbehandlungsanwaltschaft und auch die Regionalstellen der Gleichbehandlungskommissionen. Auch dort finden Sie – ich darf ja die Berichte laufend dem Parlament vorstellen – die konkreten Maßnahmen, die dort getroffen werden. Sie finden auch einen Überblick – weil Sie nach den Zahlen gefragt haben – über die Diskriminierungsgründe, wegen derer man sich bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft oder in den Gleichbehandlungskommissionen beschwert. Gerne sende ich diesen Bericht auch im Nachgang zu.

Wir haben auch eine Hotline gegen Diskriminierung und Intoleranz, um auf die jeweiligen Antidiskriminierungsstellen zu verweisen. In der Hotline, das ist sozu­sagen eine zentrale Anlaufstelle, wird man dann auch gefragt, um welche Art von Diskriminierung es sich handelt, um dann zum bestmöglichen Beratungs- und auch Rechtsschutzangebot zu gelangen.

Ich denke, am Ende ist es auch die Arbeit im Integrationsbereich – durch die man zeigt, dass es nicht um Herkunft geht, dass es nicht um Religion geht, dass es nicht um Hautfarbe geht, sondern dass es darum geht, was jemand bereit ist, in unserem Land beizutragen und auch zu leisten –, die gelebte Integration ist. Es gibt in unserem Land so viele Menschen mit Migrationshintergrund, die einen wertvollen Beitrag für unser Land leisten, und dass wir diese positiven Beispiele vor den Vorhang holen, ist auch ein wesentlicher Teil, um gegen Rassismus vorzugehen.

Präsident Günter Kovacs: Vielen Dank, Frau Ministerin.

Bei uns eingelangt ist die neue Mittelschule Neuhofen an der Krems. Herzlich willkommen bei uns im Bundesrat, schön, dass ihr da seid, danke! (Allgemeiner Beifall.)

Zu einer weiteren Zusatzfrage ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Frau Bundesminister, die Worte hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube, hätte Goethe wahrscheinlich dazu gesagt. Sie sprechen von Integrationsmaßnahmen, gelungenen Inte­grationsmaßnahmen. Auf der anderen Seite schaffen Sie aber zum Beispiel das Kopftuchverbot an Kindergärten wieder ab, nämlich jenes äußere Zeichen von Unterdrückung, das ganz Österreich und die ganze Welt kennt, und da frage ich mich schon: Wie passen Ihre Worte mit den tatsächlichen Taten zusammen, Frau Bundesminister? (Beifall bei der FPÖ.)

Präsident Günter Kovacs: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Wir leben in Österreich in einem Rechtsstaat, so ist das, und daher haben sich die gesetzgebenden Organe und auch die Bundes­regierung an höchstgerichtliche Urteile und Erkenntnisse zu halten, insbeson­dere wenn es um diese Bereiche geht, die Sie jetzt genannt haben, wie das Kopf­tuchverbot et cetera. Da gibt es höchstgerichtliche Urteile, die sich darauf beziehen. So ist das eben in einem Rechtsstaat. An diese Gerichtserkenntnisse – wie vom Verfassungsgerichtshof – und -urteile muss man sich auch halten. (Bundesrat Steiner: Das war die letzten zweieinhalb Jahre ja anders!)

Präsident Günter Kovacs: Danke, Frau Ministerin.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesrätin.

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Meine Frage geht etwas in Richtung der Frage von Kollegen Reisinger: Am 21. März ist der Internationale Tag gegen Rassismus, und gestern war der Internationale Tag gegen Islamfeindlichkeit. NGOs, aber auch die Europäische Kommission weisen in ihren Berichten auf die steigende Zahl von Fällen der Diskriminierung von Migrant:innen und Muslim:innen hin. Mehrheitlich davon betroffen sind Frauen. Welche Maßnahmen setzen Sie, um Migrant:innen, insbesondere Muslim:innen, zu unterstützen, die bei ihrer Arbeitssuche, am Arbeits- und Ausbildungsplatz oder generell im Alltag Diskriminierung erfahren?

Präsident Günter Kovacs: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Vielen Dank. Es wurde vorhin schon einiges genannt, was es an Rechtsschutzmöglichkeiten gibt, auch im Arbeitskontext, nämlich die Gleichbehandlungsgesetze, die Gleichbehandlungsanwaltschaft, die Regional­stellen und die Gleichbehandlungskommission.

Vielleicht darf ich darüber hinaus noch erwähnen, dass besonders auch bei den Integrationsmaßnahmen – wie unseren verpflichtenden Werte- und Orien­tierungskursen – über diese Themen gesprochen wird, nämlich welche Rechte man in Österreich hat, insbesondere welche Rechte Frauen in Österreich haben, vielfach auch im Vergleich zu ihrem Herkunftsland, und auch wie man zu seinen Rechten kommt.

Gleichzeitig besprechen wir natürlich auch, welche Pflichten man in Österreich hat – es ist ganz wichtig, diese Ausgewogenheit herzustellen. Auch in unseren Frauenzentren des Österreichischen Integrationsfonds beraten wir Migran­tinnen: Wir haben da auch unterschiedliche Förderprogramme, Sprechstunden, auch Dolmetsch- und Unterstützungsangebote. Das heißt, es gibt vielfache Möglichkeiten für die Stärkung von Frauen zusätzlich zum Rechtsschutz der Institutionen, der in Österreich meines Erachtens gut, richtig und wichtig ausgebaut ist.

Präsident Günter Kovacs: Herzlichen Dank, Frau Ministerin.

Wir gelangen nun bereits zur 9. Anfrage, 1941/M-BR/2023. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Mag. Doris Hahn, um die Verlesung der Anfrage. – Bitte.