11.13
Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte mich vorab bei den Kollegen Schwindsackl und Reisinger bedanken, die die heute zu beschließende Vorlage auf einer sachlichen Ebene beleuchtet haben.
Ich möchte dazu trotzdem noch einmal etwas ausführen, weil man das nicht oft genug sagen kann: Es ist inzwischen ein Jahr vergangen, seit uns die Nachricht von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine erreicht hat. Wahrscheinlich haben sich vor einem Jahr nur wenige von uns gedacht, dass in Europa jemals wieder Krieg in einer solchen Form ausbrechen kann. Frauen und Kinder – hauptsächlich Frauen und Kinder – sind aus der Ukraine geflohen, um in Europa – und auch bei uns in Österreich – Schutz und Zuflucht zu finden. In einer großartigen Welle der Hilfsbereitschaft haben sehr viele Österreicherinnen und Österreicher ihre Türen geöffnet und diesen Menschen Unterkünfte zur Verfügung gestellt. Zu diesem Zeitpunkt wusste niemand – und wir wissen es immer noch nicht –, wie lange dieser Krieg dauern wird. Was wir jetzt aber schon sehen, ist die Auswirkung, die dieser Krieg auf uns alle hat, insbesondere – das merken wir jeden Tag – auf unsere Energieversorgung als Beispiel.
Wenn ich in meine Region, die Ferienregion am Attersee, schaue, dann sehe ich, dass dort für viele Vertriebene Unterkünfte angeboten worden sind: unbewohnte Häuser, Ferienwohnungen (Bundesrat Steiner: Bei dir zu Hause auch? In deinem Haus auch?), die in Bezug auf Heizung und Infrastruktur mitunter keine optimalen Bedingungen bieten. Oftmals wurden mit den Geflüchteten sogenannte Prekariumsverträge abgeschlossen, die nur die Betriebskosten ersetzen, und diese wurden sehr gering angesetzt, weil die Teuerung erst später erfolgt ist.
Im Rahmen der Grundversorgung für Schutzbedürftige erhalten die Geflüchteten notwendigerweise natürlich auch Unterstützung wie Krankenversicherung und Verpflegungsgeld. Wir reden da von circa 53 000 Vertriebenen, die, ebenso wie die 19 600 Asylwerber:innen, mit geringen finanziellen Mitteln – das ist hoffentlich unbestritten – ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen. Sie alle sind, genau wie jeder andere Mensch, der in Österreich lebt, von der Teuerung betroffen, haben aber zumeist keinen Anspruch auf andere staatliche Unterstützung und finden erst nach und nach in Beschäftigungsverhältnisse.
Aus diesem Grund wurde seitens des Bundes ein temporärer Teuerungsausgleich geschaffen, über den wir heute unter diesem Tagesordnungspunkt abstimmen. Es wurde schon gesagt, dass es sich um einen temporären Teuerungsausgleich für 1. Oktober bis 31. März handelt. Dieser Aufwandersatz – ich nenne ihn jetzt einmal so, denn das ist er in der Realität – soll insbesondere privaten Unterkunftgeber:innen zugutekommen, um die Kosten für den Wohnraum abzufedern. Wir reden da – wir haben es heute schon gehört – von 50 Euro pro Monat für Einzelpersonen und 100 Euro für Familien in privater Unterbringung.
Für Menschen in organisierten Quartieren wird der Tagsatz ebenfalls temporär erhöht, um 2 Euro, bei minderjährigen Flüchtlingen um 4 Euro. Das kommt insbesondere NGOs und gewerblichen Quartiergeber:innen zugute.
Ich bin ja schon sehr lange in diesem Bereich tätig und ich kann mich erinnern, dass es in der Vergangenheit – noch bevor 2004 die Grundversorgung eingeführt wurde – im Winter auch immer einen Heizkostenzuschuss vonseiten des Bundes gegeben hat – das waren noch Schillingbeträge, ich kann mich aber nicht mehr an die Höhe erinnern. Das war auch damals schon sinnvoll und wird auch jetzt einen Teil der Kosten abfedern.
Wir erfinden das Rad also gar nicht neu, sondern machen etwas durchaus Bekanntes. Im Gegensatz zu früher – das ist jetzt schon interessant und dieser Aspekt wurde heute noch nicht eingebracht – liegt es nun aber an den Ländern, diese Gelder auszubezahlen; das Geld wird von Bundesseite zur Verfügung gestellt. Ich möchte an dieser Stelle nachdrücklich an die Länder und an Sie alle hier im Saal als Ländervertreter:innen appellieren, dass das auch wirklich passiert, dass diese Gelder auch wirklich bei den Menschen ankommen, die sie so dringend benötigen.
Ich bin eine Frau der Praxis und ich weiß natürlich, dass das sehr viel Aufwand bedeutet. Es lässt sich aber lösen – es ist eben bitter notwendig, dass diese Gelder ausbezahlt werden –, daher an dieser Stelle noch einmal mein Appell an Sie alle: Wirken Sie auf Ihre Landesregierungen ein, damit das Geld möglichst schnell zu den Menschen kommt!
Eine Sache möchte ich hier auch nicht so im Raum stehen lassen, und zwar geht es dabei um den Entschließungsantrag der Kollegen von der FPÖ. Ich möchte noch einmal ganz klar darauf hinweisen – den meisten, außer der FPÖ, wird es sowieso bekannt sein –, es gibt die Europäische Menschenrechtskonvention, dieser sind wir 1958 beigetreten, 1964 haben wir sie in Österreich in den Verfassungsrang gehoben. Ich zitiere daraus Artikel 3, und der ist in Bezug auf Abschiebungen in kriegsführende Länder, insbesondere Afghanistan und Syrien, so wichtig: „Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“
Wenn hier heute ein Entschließungsantrag aufschlägt, der fordert, Menschen nach Syrien oder Afghanistan abzuschieben, dann möchte ich behaupten, dass damit der Artikel 3 der EMRK verletzt würde, und das ist ja quasi eine Aufforderung zum Gesetzesbruch. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Das kann und will ich hier nicht so stehen lassen. Ich bitte um die Zustimmung zur Grundversorgungsvereinbarung, über diesen Antrag möchte ich eigentlich gar nicht mehr reden. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
11.19
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Otto Auer zu Wort. – Bitte.