18.15

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und Zuseher, wenn es welche gibt (Ruf bei der ÖVP: Ich hoffe nicht!) und sie nicht schon abgedreht haben! (Ruf bei der FPÖ: Nein, die drehen jetzt ab! – Ruf bei der ÖVP: Na, jetzt können sie wieder aufdrehen!)

Wir reden über eine Dringliche Anfrage über die Zukunft von Bundeskanzler Karl Nehammer. Nach allem, was ich bis jetzt von den Freiheitlichen gehört habe, müsste der Titel eigentlich sein: Dringliche Anfrage zur Vernaderung und Wadlbeißerei gegenüber Bundeskanzler Karl Nehammer. – Das würde es mehr treffen, würde ich sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Danke aber für die Möglichkeit, dass wir über diese Kanzlerrede hier sprechen können. Es ist sicherlich gut und aktuell, dass wir das tun können. Wir haben schon gehört: Der Kanzler hat die Kanzlerschaft in einer Zeit angetreten, die doch sehr bewegt war, in der immer wieder neue Herausforderungen auf die Regierung zugekommen sind und in der es letzten Endes darum gegangen ist, Sicherheit zu vermitteln, Halt zu geben und Entscheidungen zu treffen.

Natürlich kann man Entscheidungen immer kritisieren, und hinterher kann man auch alles besser wissen (Ruf bei der FPÖ: Wir haben es vorher schon besser gewusst!), aber im Grunde genommen ist diese Regierungsarbeit von der ganzen Regierung gut gemacht worden, und wir haben es gut geschafft, durch diese Krise zu kommen. Dazu kann man die verschiedensten Statistiken heranziehen. Ich nenne Ihnen nur eine, weil ja in dieser Dringlichen Anfrage auch die Rede von Arbeitsplätzevernichtung ist: Wir haben derzeit die höchste Zahl an unselbstständig Erwerbstätigen seit jeher! (Beifall bei der ÖVP.)

Das muss man nach drei Jahren Krisen einmal zusammenbringen. Das ist doch eine wahnsinnig gute Arbeit. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Steiner-Wieser: Wir haben aber die meisten Insolvenzen auch dazu!)

Wir haben die Abgabenquote gesenkt. Das ist keine Statistik von mir, sondern die Arbeiterkammer hat sie veröffentlicht. In den letzten fünf Jahren wurde die Abgabenquote von 43,6 auf 42,3 Prozent gesenkt (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder. – Ruf bei der FPÖ: Das nützt nichts, wenn man ...!)  das alles im Lichte dieser Krisenbewältigung! (Ruf bei der FPÖ: Inflation!) Und dann noch die Hilfen, die den Menschen letzten Endes auch zur Verfügung gestellt wurden: Das muss man einmal schaffen. In dieser Kanzlerrede ist eben das Ziel verankert, diese Abgabenquote auf 40 Prozent zu senken. Das sind unsere Ziele.

Kollegin Schumann, in einem stimme ich dir ja zu, nämlich dass diese Dringliche doch etwas unpassend ist. Du hast hier sicherlich eine sehr beherzte Rede vorgetragen, die aber manchmal etwas unscharf war. Du hast gesagt: Wenn jetzt die Inflation wieder zurückgeht, muss man nicht glauben, dass die Preise sinken. – Also die Inflation kann nur zurückgehen, wenn die Preise sinken. (Bun­desrätin Schumann: Nein, sinken sie nicht! Nein, nein, das ist der Fehler im Denken!) Das geht eigentlich nicht anders. So ist halt manche Unschärfe in diesen Ausführungen gewesen.

Eines muss man aber schon verstehen: Wir wollen die Menschen unterstützen, die arbeiten gehen. Wir haben derzeit 294 000 Arbeitslose – das ist ein niedriger Wert für das letzte Jahrzehnt –, aber wir haben 111 000 offene Stellen. Es muss doch jedem klar werden, dass wir Maßnahmen ergreifen müssen, damit es da einen Austausch zwischen diesen Mengen gibt und damit diese 111 000 Mög­lich­keiten ergriffen werden, um sich das Leben zu verbessern. Das muss doch jedem klar sein, auch einem sozialistischen Politiker.

Weil man hier immer wieder über die verschiedensten Koalitionsmöglichkeiten oder -arten diskutiert: Ich kann mich noch gut an die Kickl-Drozda-Koalition erinnern. (Bundesrätin Schumann: Ihr macht’s das jetzt in Niederösterreich! Ablen­kung hilft da nicht!) Wir sehen es noch im Fernsehen, wie Kickl Drozda gewunken hat: Komm mit mir hinter den Vorhang! (Bundesrätin Schumann: Niederösterreich: ÖVP-FPÖ! Bravo!), und dann habt ihr innerhalb von drei Tagen eine Fülle von Gesetzen beschlossen – ohne Begutachtung, ohne Auflage: erste, zweite, dritte Lesung an einem Tag und durchgezogen. (Bundesrätin Schumann: ÖVP-Nieder­österreich koaliert mit der FPÖ! Bravo!) Ihr könnt es - - (Bundesrätin Hahn: Lieder­buchkoalition! – Bundesrätin Schumann: Liederbuchkoalition! Bravo!) – Ja, ja, genau, und deswegen, Frau Kollegin Schumann, kann es durchaus sein, dass du in zwei Jahren in einer Regierung mit Kickl und Doskozil bist. (Bundesrätin Schumann: Na!) Das kann möglich sein. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Anhaltende Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Das ist durchaus möglich.

Wenn hier immer wieder von den Freiheitlichen die Macht angesprochen wird: In der Demokratie geht es eigentlich darum, dass man versucht, eine Mehrheit der Bevölkerung darzustellen (Bundesrätin Schumann: Koalition in Nieder­öster­reich!) und, wenn man diese Mehrheit hat, zu regieren – dass man die Verantwor­tung übernimmt. (Bundesrätin Schumann: Ja! Liederbuchkoalition in Nieder­öster­reich! – Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Die Grünen haben mit uns die Verant­wor­tung übernommen, ihr (in Richtung FPÖ) habt diese Verantwortung vor drei Jahren ausgeschlagen. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Wenn ich mir jetzt ansehe: In Niederösterreich schlägt Hergovich die Verant­wortung aus. Er sagt: Da hacke ich mir lieber eine Hand ab! (Bundesrätin Schumann – erheitert –: Geh, geh, geh! Da lacht er selber ...!) – So ist es eben mit diesen Koalitionsvereinbarungen, die immer wieder von dem einen oder anderen kritisiert werden (Bundesrätin Schumann: Na bitte! Das glaubt er nicht einmal selber ...!), aber es gibt sie in jede Richtung und in jeder Ausformung, und da ist, glaube ich, niemand irgendwie über einen anderen zu stellen.

Was mir doch auch bei diesen Formulierungen nicht gefällt: Kollege Spanring ist neben mir gesessen und hat gesagt: Wenn man ÖVP wählt, ist man dumm! – Das hat mich an etwas erinnert. Sein Kollege Waldhäusl hat einmal gesagt: Die Wähler der ÖVP sind Stimmvieh! – Das ist eine Missachtung von Wählern, von Bürgerinnen und Bürgern, die es bei keiner Partei gibt. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Das habe ich noch nie von der SPÖ gehört, das habe ich noch nie von den Grünen gehört, das habe ich noch nie von der ÖVP gehört (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser), dass man so abschätzig über jene spricht, die eben nicht hinter einem stehen, sondern eine andere Ideologie verfolgen. Das ist wirklich einzigartig (Beifall bei der ÖVP), und das ist auch nicht in Ordnung, das muss ich ganz ehrlich sagen. Eine Demokratie lebt nun einmal von der Vielfalt.

Da hier immer wieder auch die Immigration angesprochen wurde: Ihr (in Richtung FPÖ) bietet sicherlich immer wieder Lösungsvorschläge an, wie man illegale Migration eindämmen könnte. Nur – wir haben das beim letzten Mal schon besprochen – sind sie halt alle gesetzwidrig. Ich denke, das macht ihr durchaus bewusst. Ihr wollt ja nicht, dass die Migration weniger wird, ihr wollt ja ein Angstszenario aufbauen, damit ihr Angst schüren könnt. Das ist ja das, was ihr in den letzten drei Jahren gemacht habt. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Wir bringen aber Lösungen, die gesetzeskonform sind. Wir achten die Men­schen­rechte (Bundesrat Steiner – erheitert –: Ja!), wir wollen auch die Menschenrechte achten. Wir wollen nur nicht, dass sich ganz Europa an ein paar Ländern abputzt, und deshalb setzen wir diese neuen Regelungen, die der Kanzler vorgeschlagen hat. Immerhin hat er in Serbien die Visafreiheit zu Fall gebracht und damit einen großen Zustrom verhindert. Immerhin hat er mit Bulgarien ein Pilotprojekt vereinbart, durch das jetzt an der Grenze Asyl­verfahren abgehandelt werden. (Bundesrat Ofner: Funktioniert ja gut!) Immerhin wollen wir auf Sachleistungen umstellen, und dann kommt eben die Verpflichtung, fünf Jahre in Österreich zu sein, bevor man Sozialleistungen bezieht. Das sind Möglichkeiten, die dem Recht entsprechen und durch die wir ganz einfach die Ströme wieder mehr in ganz Europa verteilen und trotz­dem die Menschenrechte achten können.

Im Bereich der Ökoenergie ist eben in den Medien vor allem diese Aussage zu den Verbrennermotoren hochgespielt worden, damit man da vielleicht einen Streit in der Regierung konstruieren kann. Man muss aber schon verstehen: Wir sollten uns doch alle Technologien für die Zukunft offenhalten. Wir wollen ja keine CO2-Verbrenner, aber derzeit passiert so viel in der Forschung, da kann es noch so viele Lösungen geben, dass auch der Verbrennermotor eine zukünftige Lösung sein kann. Gerade gestern habe ich von einem Pilotprojekt erfahren, bei dem in der Zementindustrie das CO2 aus den Abgasen geholt wird und zu Borealis gebracht wird. Dort wird wieder Plastik daraus gemacht, das am Ende möglicherweise wieder in der Verbrennung in der Zementfabrik landet.

Es gibt sehr viele Möglichkeiten. Die Menschen sind sehr intelligent, deshalb sollten wir uns diese Möglichkeiten nicht verbauen, und dafür werden wir uns einsetzen. Natürlich sind das sehr viele Maßnahmen, die der Kanzler da vorgetragen hat: Visionen, die jetzt diskutiert werden, zu Maßnahmen gebracht werden. Natürlich müssen wir auch unserem Koalitionspartner die Möglichkeit geben, sich einzubringen, letzten Endes auch seine Wünsche einzubringen (Heiterkeit des Redners sowie des Bundesrates Schreuder), und dann werden es Maßnahmen werden, die umgesetzt werden und die für Österreich und für die Bevölkerung von Österreich eine gute Sache sein werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Auch für mich ist es heute die letzte Rede. Ich habe mich entschieden, nach zehn Jahren im Bundesrat nicht mehr zu kandidieren, weil ich daneben auch noch Bürgermeister bin, einige andere Funktionen habe und eben auch noch einen Betrieb habe, und es ist doch einigermaßen stressig, dass man, wenn gerade einmal Zeit ist, wieder zu Hause anpacken muss, weil schon sehr viel auf einen wartet. Ich denke, ich habe zehn Jahre meines Lebens der Bevölkerung unseres Bezirkes zur Verfügung gestellt, und es ist durchaus zu verstehen, dass das jetzt auch jemand anderer wahrnehmen kann. So habe ich mir gedacht, ich werde mich etwas zurücknehmen, um meine Batterien ein bisschen mehr füllen zu können, damit sie länger leben. (Heiterkeit des Redners sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen.)

Ich möchte mich dem Dank, der an die Mitarbeiter und an alle Kollegen ausgesprochen worden ist, anschließen. Ich möchte hier nicht alles wiederholen, aber was ich heute schon noch sagen möchte, ist, dass die Renovierung dieses Hauses wirklich toll gelungen ist. Ich war ja vorher schon hier, ich war im Übergangsquartier, und gerade wir haben wirklich einen sehr schönen Sitzungs­saal bekommen, in dem es vielleicht noch die eine oder andere Verbesserung geben könnte, aber insgesamt ist das Haus wirklich sehr schön renoviert worden. Ich war ja auch im Europarat aktiv und bin in sehr viele Parlamente gekommen, und ich kann sagen: Es ist nicht protzig, aber sehr elegant und sehr schön geworden, und dafür sollte man auch einmal Danke sagen. (Allgemeiner Beifall.)

Ansonsten, ich habe das einmal so salopp schon in einer anderen Gruppe gesagt: Ich hoffe, ihr schafft das ohne mich, aber da habe ich größtes Vertrauen. (Allgemeine Heiterkeit. – Bundesrat Schreuder: Schwierig – aber schon, ja!) Die Demo­kratie soll hier leben, es soll natürlich viel diskutiert werden, auch kontrovers diskutiert werden, aber diese persönlichen An- und Untergriffe haben mir nie gefallen, und ich denke, die müssen auch nicht sein, weil wie gesagt: In ein, zwei Jahren findet man sich gemeinsam in einer Koalition wieder und muss dann sehr viel vergessen. (Heiterkeit des Redners. – Bundesrat Steiner: Wir nehmen die Sozis auch! – Bundesrat Kornhäusl: Kärntner Punschkrapferl!)

So gesehen wünsche ich euch allen hier viel Erfolg, dass ihr eine schöne Zeit habt. Mir hat es auch immer gefallen. Es war eine große Aufgabe für mich und ich bin sehr dankbar, dass ich diese Aufgabe auch zehn Jahre lang ausüben konnte. Ich bin sehr dankbar und freue mich auch auf die Zukunft. – Danke. (Allgemeiner Beifall. – Bravoruf bei der ÖVP.)

18.28

Präsident Günter Kovacs: Herzlichen Dank, Herr Ing. Eduard Köck, herzlichen Dank auch für deine Arbeit, die du in den letzten zehn Jahren geleistet hast! Du hast es soeben erwähnt: Im Bundesrat warst du zehn Jahre, du warst vorher im Landtag, auch einige Jahre Bürgermeister von Thaya – also eine Politkarriere, die jener von vielen hier ähnelt. Ich möchte dir wirklich für deine Arbeit danken. Du warst ein leidenschaftlicher Bundesrat – ich habe dich in den letzten Jahren so kennengelernt. Man kann so sagen: hart in der Sache, aber ein herzlicher Mensch.

Herzlichen Dank noch einmal für deine Leistung! Danke, alles Liebe, alles Gute, und: dein Applaus. – Bitte sehr. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.