10.48

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Staatssekretär! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Zuerst einmal herzliche Gratulation unserer neu gewählten Vizepräsidentin und viel Erfolg bei der Arbeit!

Jetzt gehen wir in die Sache ein. Der Bericht klingt ja so irgendwie unverdächtig, das Thema ist aber mehr als drückend: Es geht um die Frage der Miethöhen.

Wie wir schon lange gesagt haben: Wir bräuchten eine Mietpreisbremse! Diese Regierung hat sich aber anders entschieden, und vor allen Dingen die ÖVP war da in vorderster Reihe und hat gesagt: keine Mietpreisbremse! Und in dem Moment, als klar war, es gibt keine Mietpreisbremse, haben in der Immobi­lienindustrie, bei den Immobilienspekulanten die Sektkorken geknallt.

Das war ein großes, großes Geschenk für sie. Sie haben gewonnen – verloren haben die 400 000 Menschen (Beifall bei der SPÖ – Zwischenruf der Bun­desrätin Miesenberger), die in ihren Haushalten jetzt 8,6 Prozent mehr an Miete zahlen müssen. – Sie haben die wenigen bedient und die vielen im Stich gelassen, die in dieser Phase der Teuerung schon gar nicht mehr wissen, wie sie ihr Leben bezahlen sollen. Jetzt werden ihre Mieten noch einmal um 8,6 Pro­zent erhöht – vielleicht nicht jetzt im April, sondern es wird sich in den Mai verzögern, aber was das für die Menschen heißt, ist unglaublich.

Und: Die Kategoriemieten werden wahrscheinlich – davon ist jetzt auszugehen, denn Sie haben ja keine Bremse eingelegt – mit Juli zum vierten Mal erhöht! Das sind Belastungen, die unglaublich sind – und entlasten tun Sie mit Steuer­mitteln: 225 Millionen Euro an Steuermitteln, die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Pensionistinnen und Pensionisten zahlen, nehmen Sie in die Hand, um damit im Umkehrschluss ganz einfach die Vermieterinnen und Vermieter zu sponsern. So schaut es aus! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Vermieter haben in den letzten Jahren 400 Millionen Euro eingenommen. Dieses Geld wandert direkt auf die Konten der oberen 10 Prozent – und übrig bleiben all jene, die in der Mitte des Monats schon nicht mehr wissen, wie sie alles zahlen sollen. Das ist nicht gerecht und das ist nicht fair, und das haben Sie zu verantworten. (Beifall bei der SPÖ.)

Was dabei auch noch schlimm ist, ist, dass es zu keiner Inflationsdämpfung kommt. Sie haben viel, viel Geld in die Hand genommen, aber die Infla­tion in keiner Weise gedämpft, und diese Mieterhöhung wird die Inflation noch einmal mehr anheizen. Wir haben derzeit 9,1 Prozent Inflation, das ist eine unglaublich hohe Rate im europäischen Vergleich. Alle anderen oder fast alle anderen Staaten haben eine wesentlich geringere Inflation. Und dass wir überhaupt nur 9,1 Prozent haben, liegt daran, dass der Vergleichswert im Jahr davor, der Vergleichswert von März, bereits so hoch war, und damit ergeben sich jetzt die 9,1 Prozent. Das sind aber nur Zahlen. Es geht im­mer darum, dass die Menschen einfach nichts mehr im Geldbörsl haben, weil die Teuerung so unglaublich um sich greift.

Ganz ehrlich: Wie kann es sein, dass man die jungen Menschen so derartig vergisst? Die jungen Menschen können jetzt ganz schwer Mietverträ­ge eingehen, weil es für sie immer teurer wird. Und was machen wir denn im nächsten Jahr? – Jetzt erhöhen wir um 8,6 Prozent – und im nächsten Jahr noch einmal? Wohnen wird nicht mehr leistbar sein, und dafür tragen Sie die Verantwortung, das ist ganz klar. Es ist eindeutig, dass die ÖVP sagt: Na ja, was gehen mich die Menschen in den Städten an?, aber so kurzfristig kann man doch nicht denken, das ist doch viel zu eng gesehen! Wir müssen die Menschen jetzt entlasten (Ruf: ... was die Stadt Wien macht ...!) und wir müssen die Inflation senken, denn: Wir können auf jeden Fall, auch als Gewerk­schaften, für gute Lohnerhöhungen kämpfen, aber diese Inflation können wir nicht mehr abdecken – und Sie tragen die Schuld daran mit Ihren Ein­malzahlungen, die immer nur ein bisschen etwas waren, immer nur eine kurz­fristige Hilfe, aber nicht das, was die Menschen jetzt wirklich brauchen, nämlich ein Dämpfen der Inflation. Das ist mehr als dringend notwendig. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu den Mieten sei noch gesagt: Der Druck wird immer größer. Eigentum ist für normal verdienende Menschen derzeit nicht mehr leistbar. Da haben sie keine Chance, und damit sind sie auf Mietwohnungen angewiesen – denn es ist ja natürlich auch der Wohnbau zurückgegangen –, und wenn Sie jetzt die Mieten noch einmal erhöhen, ist der Druck noch einmal höher. Ich darf auch da­rauf hinweisen, dass jede zweite Miete in Österreich eine befristete Miete ist. Auch das greifen Sie nicht an. Befristung heißt immer, mit dem nächsten Ver­trag wird die Miete wieder höher, und das ist ein riesiges Problem.

Es ist gut, wenn Sie jetzt sagen, Sie entlasten ein bisschen und die Länder sollen auszahlen, aber: Das alles ist antragsbedingt, die Menschen müssen wieder Anträge stellen. – Man muss in das System eingreifen, und, ganz ehrlich, das sagt jetzt nicht nur die Sozialdemokratie, sondern das sagen die renommiertes­ten Wirtschaftsforscher in Österreich, von Badelt bis zu Felbermayr. Jetzt wäre die Gelegenheit gewesen, dass Sie eingreifen und den Mietpreisdeckel einziehen. Jetzt wäre sie gewesen – und Sie haben es nicht gemacht. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Inflation steigt und steigt. Ich darf Sie darauf hinweisen: Wenn man die Le­bensmittelpreise für die billigsten Lebensmittel – da gibt es einen Korb, der von der Arbeiterkammer jährlich verglichen wird, das sind die Billiglebens­mittel und Billigreinigungsmittel, die die Supermärkte anbieten, ihre Eigen­marken – vergleicht, dann stellt man fest, dass diese von März 2022 bis März 2023 um 29,9 Prozent gestiegen sind. Das heißt, der gleiche Waren­korb, die gleichen Produkte haben vor einem Jahr 58,33 Euro gekostet und kosten jetzt 76 Euro. Da zu sagen, wir hätten kein Teuerungsproblem, das ist wirklich unanständig!

Wir haben immer gefordert: Setzen Sie bitte – so wie es Portugal jetzt macht – die Mehrwertsteuer auf die lebensnotwendigen Lebensmittel und Reini­gungsmittel herab, setzen Sie diese aus! Das brauchen die Menschen jetzt. – Nichts haben Sie getan. Wir haben gesagt: Machen Sie eine Preiskom­mission, denn es kann nicht sein, dass sich einige jetzt eine goldene Nase daran verdienen, dass die Menschen jetzt in dem Gesamtsog der Teuerung mit­gerissen werden. – Sie haben nichts gemacht. Die Kommission ist gekommen, aber sie ist zahnlos. Es ist ein Diskutierklub, und das haben die Menschen nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

Was mich besonders ärgert: Wir haben im Arbeits- und Sozialausschuss zwei Anträge betreffend die Mogelpackungen eingebracht, weil wir von den Menschen so oft hören, dass renommierte, eingeführte Produkte plötzlich we­niger Füllmenge haben – und das ist eine versteckte Inflation – und dass renommierte, eingeführte Produkte plötzlich andere Rezepturen haben, die für die Industrie billiger sind, und Sie haben gesagt: Nein, also diese Anträge, bitte, die vertagen wir!, Sie haben daraus ein Begräbnis erster Klasse gemacht. All das ist aber ein Teil der Inflation, und Sie waren nicht bereit, zu sagen: Okay, wir fordern die Industrie auf, wir verlangen, dass es gekennzeichnet wird, wenn diese Produkte weniger befüllt werden! In der Begründung, warum dieser Antrag vertagt wird, wurde sogar gesagt: Nein, das können wir nicht ma­chen, nein, das können wir der Industrie nicht zumuten, dass sich die Packungen ständig verändern! – Ja bitte, aber den Konsumentinnen und Konsu­menten, denen können wir es zumuten?! – Also so können wir nicht vorge­hen. Es ist für die Menschen zu schwierig. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf hier auch einen Begriff einbringen, weil immer unterschwellig so ein bisschen der Appell mitschwingt, bei den Lohnforderungen zurückhaltend zu sein und dass man jetzt die Lohn-Preis-Spirale nicht anheizen soll: Es wäre wichtiger, über den Begriff der Gierflation zu reden, nämlich darüber, dass manche sich unglaubliche – unglaubliche! – Summen aus der Teuerung he­rausholen, und dies auf Kosten der Menschen. Wir müssen schon ganz klar sehen, dass im vierten Quartal 2022 bei der Vermögensteuer im EU-Raum die Gewinnquote noch um 42 Prozent gestiegen ist. Es werden Gewinne gemacht, dass die Tür nicht zugeht! 70 Prozent aller Menschen in Österreich sa­gen: Wir wollen eine Vermögensteuer, eine Millionärsteuer muss her, denn es geht um Gerechtigkeit und es geht um eine gerechte Verteilung! (Beifall bei der SPÖ.) – Was aber machen Sie? – Gar nichts.

Dass Sie keine Mietpreisbremse eingeführt haben, ist ein unglaublicher Schaden, eine unglaubliche Belastung für die Menschen. Mir ist klar, dass die Grü­nen das gerne gehabt hätten, aber auch die Grünen sind Teil einer Regierung, und wir haben jetzt die Situation, dass die Menschen ab April, spätestens ab Mai, und die nächsten mit den Kategoriemieten ab Juni noch mehr dafür zah­len müssen, dass sie ihr Grundrecht, nämlich das des Wohnens, wahrneh­men. Also da kann man sich wirklich, ganz ehrlich, genieren. Das ist ein neuerli­ches Scheitern der Regierung in der Inflationsbekämpfung, und ausbaden müssen es die Leute, und das ist absolut nicht gut. – Vielen Dank. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

10.58

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Klara Neurauter. – Bitte, Frau Kollegin.