15.21
Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Wenn ich mir meinen Vorredner von der FPÖ so anhöre, wie er von Aktionen spricht, die die FPÖ kritisieren, kann ich nur betonen: Da halte ich es wie meine Kollegin Sibylle Hamann aus dem Nationalrat und kann nur sagen, ich bin froh, dass ich nicht im Niederösterreichischen Landtag sitze und wir nicht allen Ernstes über Unsinnigkeiten wie eine Deutschpflicht am Pausenhof diskutieren müssen. Da bin ich schon recht froh, dass wir im Bundesrat sind. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
Ja, die vorliegenden Regierungsvorlagen umfassen viele Bereiche, und es geht um einige sehr sinnvolle Änderungen im Schulrecht. Ich möchte im Speziellen auf zwei eingehen, die mir besonders wichtig erscheinen.
Das sind einerseits die Deutschförderklassen und sonstige Deutschfördermaßnahmen. Ich denke, es wird nicht verwundern, wenn ich sage, dass weder die Deutschförderklassen noch die genannten Mika-D-Tests unser Ansatz wären.
Wir arbeiten in diesem Bereich, wie Marco Schreuder bei einem anderen Bereich schon erwähnt hat, mit dem, was möglich ist. Insofern kann ich sagen, dass wir da schon einige Verbesserungen vorgesehen haben. Ich glaube, uns allen sollte es das wesentlichste Anliegen sein, dass alle Kinder in Österreich die gleichen Bildungschancen haben. Dafür ist nun einmal die Basis, dass Kinder und Jugendliche dem Unterricht folgen können – und das so früh und so schnell wie möglich – und dafür die bestmögliche Förderung erhalten.
Wie gesagt, es sind uns da einige Verbesserungen gelungen. Wir haben vorgesehen, dass die Förderung nicht nach dem Ende des außerordentlichen Status endet, sondern weitergeht. Um diese bestmögliche Förderung der Kinder zu ermöglichen, haben wir 4,5 Millionen Euro jährlich zur Verfügung gestellt.
Gewisse Anpassungen in der Deutschförderung sind immer wieder notwendig. Die Lehrerinnen und Lehrer beziehungsweise die Schulen sollen die Deutschförderung flexibler gestalten können, wofür wir zusätzlich 10 Millionen Euro bereitstellen. Da geht es zum Beispiel um die Möglichkeit des Teamteachings, wenn es notwendig ist, um individuelle Förderung, um die Verringerung der Gruppengrößen.
Wir haben auch Änderungen und zumindest eine Flexibilisierung in der Sprachstandsfeststellung, bei den sogenannten Mika-D-Tests, vorgenommen. Eine Testung und damit ein Übertritt in die Regelklassen ist jetzt auch unterjährig möglich. Das ist besonders sinnvoll im Hinblick darauf, dass wir Laufbahnverluste möglichst vermeiden müssen. Wie gesagt, auch da haben wir versucht, wirklich Verbesserungen vorzunehmen.
Der zweite Bereich, der mir auch ganz wichtig ist, ist der auch schon genannte häusliche Unterricht. Wir wissen, dass sich zu Zeiten der Coronapandemie die Zahl der zum häuslichen Unterricht gemeldeten Kinder verdoppelt hat. Dieser Trend ist zwar wieder rückläufig, dennoch war die Entwicklung relativ alarmierend.
Auch wenn es gute Gründe dafür gibt, dass Kinder in Bildungseinrichtungen unterrichtet werden – dazu zählen natürlich das Erlernen sozialer Kompetenzen durch den Umgang in der sozialen Gruppe und auch der Umstand, dass die Kinder von ausgebildetem Fachpersonal unterrichtet werden –, sollen diese Änderungen nicht dazu führen, dass es den Eltern möglichst schwer gemacht wird, ihre Kinder zu Hause zu unterrichten, wenn sie das möchten, und dass die Kinder quasi in die Schulen gezwungen werden, sondern es geht einfach darum, dass wir kein Kind zurücklassen dürfen.
Lassen Sie mich das vielleicht ein bisschen genauer ausführen! Durch meine Arbeit als Pädagogin und auch als Mutter, die aus dem alternativpädagogischen Bereich kommt, habe ich gerade in den letzten Jahren vermehrt mit Eltern, mit Familien zu tun gehabt, die ihre Kinder tatsächlich zum häuslichen Unterricht angemeldet haben. Da ist meine Wahrnehmung eine ganz andere gewesen, als sie oft von FPÖ-Seite gezeichnet wird.
Die Eltern, die ich kennengelernt habe, haben ihre Kinder einfach deswegen zu Hause unterrichten wollen, weil sie die Kinder vor Ansteckung schützen wollten, und nicht, weil ihnen der Gedanke von Masken vor dem Mund die Schweißperlen auf die Stirn getrieben hat – nur so viel dazu, am Rande. (Beifall bei den Grünen.)
Ich konnte jedenfalls bei den Eltern, mit denen ich zu tun habe, beobachten, dass viele dieser Eltern die Herausforderungen des häuslichen Unterrichts gravierend unterschätzt haben und einige nach kurzer Zeit wirklich massiv überfordert waren.
Mit den Änderungen, die wir vornehmen, sichern wir in erster Linie die Eltern ab und schützen damit auch die Kinder. Eltern müssen in Zukunft genauer bekannt geben, wo und von wem die Kinder unterrichtet werden, sie müssen ein pädagogisches Konzept vorlegen, sie müssen bekannt geben, nach welchem Lehrplan sie unterrichten wollen. Allein diese Überlegungen im Vorfeld anzustellen gibt den Eltern schon eine Vorstellung davon, was es heißt, die Kinder zu Hause zu unterrichten, und es hilft ihnen auch, hoffe ich, sich selbst und ihre Fähigkeiten besser einzuschätzen.
Bei der letzten Novellierung des Schulpflichtgesetzes haben wir mit den Reflexionsgesprächen zu Beginn des Sommersemesters schon ein Sicherheitsnetz eingezogen. Es ist nur eine logische Konsequenz oder eine logische Folge, dass wir das jetzt auch auf die Vorschulstufen ausweiten.
Eine weitere wichtige Änderung ist, finde ich, auch, dass die Möglichkeit besteht, die Externistenprüfung nachzuholen. Da geht es wieder um diesen Lernbahnverlauf, darum, dass die Lernbahnunterbrechung möglichst vermieden wird.
Wie ich schon erwähnt habe: Alle Kinder in Österreich sollten die gleichen Bildungschancen haben – alle Kinder in Österreich sind gleich viel wert –, und dafür haben wir, glaube ich, einige wichtige Schritte gesetzt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
15.28
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Daniela Gruber-Pruner. – Bitte, Frau Kollegin.