15.59

Bundesrat David Egger-Kranzinger (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Staatssekre­tärin! Vor allem aber liebe Zuseherinnen und Zuseher via Livestream, falls Sie dabei sind! Vorweg einmal: Schade, dass der Bundeskanzler es nicht für wert befunden hat, in Zeiten der größten Teuerungswelle, die Österreich je erlebt hat, die Fragen zu beantworten. (Bundesrätin Schumann: Wieder einmal! – Bundesrätin Grimling: Das ist nicht neu!) Ich kenne ihn gar nicht mehr, wenn ich ganz ehrlich bin (Bundesrat Buchmann: Er dich auch nicht! – Heiterkeit bei der ÖVP), habe ihn schon lange nicht mehr hier herinnen gesehen.

Das ist keine Wertschätzung jenen gegenüber, die mit der Teuerung kämpfen. Wenn man mit Pensionistinnen und Pensionisten spricht, hört man, dass sie sich mittlerweile nicht einmal mehr die Lebensmittel leisten können. Das ist keine Wertschätzung jenen gegenüber, die jeden Tag arbeiten gehen und sich die Miete nicht mehr leisten können. – Als ob das so lustig wäre, liebe ÖVP!

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, ich schätze es aber, dass Sie heute hier sind, weil Sie so oft vom leistbaren Wohnen und vom vielleicht wieder leistba­ren Eigentum reden. Schauen wir uns einmal genau an, was Sie dafür tun und wie das in Wahrheit ausschaut! (Bundesrat Kornhäusl: Kannst noch was lernen!)

Österreich ist, bleibt und wird immer mehr zu einem Hochpreisland, insbeson­dere in Salzburg, überhaupt im Westen. Jeder, der dort zu Hause ist, viel­leicht eine Familie gründen möchte, kennt die Situation. Egal ob in Tirol oder auch in Vorarlberg, man kämpft besonders mit den explodierenden Wohnkosten. Gerade die Menschen, die dort zu Hause sind, leiden unter dieser extremen Teuerung, mehr als Menschen in vielen anderen Regionen.

Seit einem Jahr explodieren die Kosten in diesem Land, und die Bundesregierung hat es nicht geschafft, einen einzigen Preis zu senken! (Beifall bei der SPÖ.)

Im Gegenteil, mit der Erhöhung der Richtwertmieten treibt die Bundesregierung auch noch selbst die Preise in die Höhe, sie gießt Öl ins lodernde Feuer. Diese Bundesregierung wirft den Menschen, die jetzt schon hohe Mieten zahlen, die jetzt schon zu kämpfen haben, um die täglichen Lebenskosten zu stem­men, noch mehr Prügel zwischen die Füße. Sie treibt sehenden Auges die Infla­tion nach oben.

Die ÖVP hat einmal mehr gezeigt, dass sie nicht auf der Seite der ganz normalen Leute in diesem Land steht, sondern aufseiten der Immobilienlobby, die Pro­fite machen will; und nicht aufseiten jener, die Wohnen als Grundbe­dürfnis sehen. Die Grünen – ich weiß es zu schätzen! – wollten es anders ma­chen, haben es aber nicht geschafft, das nötige Gegengewicht in der Bun­desregierung zu bilden. Sie sind mitverantwortlich, gemeinsam mit der ÖVP, dass unzählige Mieterinnen und Mieter über den Tisch gezogen worden sind und seit diesem Monat 8,6 Prozent mehr fürs Wohnen zahlen müssen.

Die Bundesregierung erhöht mitten in Zeiten der Megateuerung die Mieten für alle Ewigkeit, und als Trostpreis gibt es einen Einmalzuschuss. (Bundesrat Kornhäusl: So wie Wien!) Einen Ein-Mal-Zuschuss – jetzt einmal ehrlich, Einmalzu­schuss ist für mich der Kandidat für das Unwort des Jahres, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Menschen haben genug von dieser Rabattmarkerlregierung. Einmalzahlun­gen heizen die Inflation an, das weiß jeder. Mietpreissteigerungen picken und die gehen dann auch noch weiter. Und zu diesen Millionen – wir werden heute sicher noch von diesen Millionen Einmalzahlungen hören –: Was aber passiert dann weiter, nächstes Jahr, übernächstes Jahr? Was passiert denn dann? (Bundesrat Reisinger: Die nächsten Millionen!) Die Einmalgeschenke sind ein Witz, sehr geehrte Damen und Herren, und das Nichtstun der Regierung ist ein Skandal.

Ich sage es kurz und knapp: Was wir brauchen, ist zum Beispiel eine effektive Leerstandsabgabe. Da rede ich, ganz ehrlich, nicht von einer Häuslbauer­abgabe, weil man vielleicht das Haus der Eltern oder die Wohnung der Großel­tern erbt, die sie sich damals noch haben erarbeiten können (Bundesrat Kornhäusl: Die anderen haben es ja gestohlen!), sondern ich rede von denen, die es sich leisten können, zig Quadratmeter, ein Chalet nach dem anderen, einen Zweitwohnsitz nach dem anderen, ganze Zinshäuser leer stehen zu lassen. Die, die mit Leerstand spekulieren, muss eine Leerstandsabgabe treffen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Kittl. Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Salzburg hat das!)

Wir sind einer Meinung, wir haben zwar in Salzburg eine Abgabe eingeführt, das ist der erste Schritt, aber diesen Leerstand zu verharmlosen, das verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Zu sagen, der Leerstand sei jetzt nicht mehr so das Problem Nummer eins, es sei vielleicht nur ein Mosaiksteinchen: Also ernsthaft! Leerstand zu verharmlosen ist nicht mein Stil, dafür habe ich kein Verständnis. Leerstand darf sich einfach nicht auszahlen.

Je nach Berechnung haben wir 6 000, das sagen die einen, 7 000 oder 10 000, das sagen die anderen, Leerstände in Salzburg, und die gehören weg. Dazu kommen im ganzen Bundesland Salzburg insgesamt auch noch angeb­lich 40 000 illegale Zweitwohnsitze. Das sind Investmentobjekte! Das ist so­genanntes Betongold, mit dem sich die Anlegerinnen und Anleger eine goldene Nase verdienen, während sich Junge in unserem Bundes­land das Eigenheim schon überhaupt nicht mehr leisten können, geschweige denn die Miete.

Es geht sogar so weit – ich kenne viele in meinem persönlichen Bekannten- und Freundeskreis, die auch mit mir maturiert haben, die das betrifft –, dass die Menschen nach Oberösterreich ziehen müssen, weil sie sich das Familien­gründen in Salzburg nicht mehr leisten können. Das sind gut ausgebilde­te, gut verdienende Menschen, die sich allerdings das Wohnen in Salzburg nicht mehr leisten können, und das ist traurig. (Beifall bei der SPÖ.)

Nicht nur Tirol, nicht nur Vorarlberg: Salzburg gehört zum teuersten Pflaster und liegt beim Einkommen im Österreichvergleich tragischerweise immer noch im letzten Drittel. Wenn man einmal auf das Konto einer Salzburgerin, eines Salzburgers schaut, wenn man einmal deren Kontostand anschaut, dann sieht man, dass bei den meisten die Wohnkosten die Hälfte des Gehalts ausmachen. (Ruf bei der FPÖ: Oder mehr!) – Oder sogar mehr, da gebe ich Ihnen recht.

Für eine Garçonnière zahlt man in der Stadt Salzburg im Schnitt über 17 Euro Miete pro Quadratmeter, das sind fast 600 Euro im Monat. Für eine Drei­zimmerwohnung, das habe ich jetzt gerade noch auf einer Immobilienonlineplatt­form gegoogelt, fängt die Miete bei 1 000 Euro an, geht weiter bis 1 200, 1 400 Euro, Kaltmiete, ohne Betriebskosten.

Zählt man diese dazu, geht bei einem Durchschnittslohn von 1 700 Euro eine Person von zwei allein für die Wohnkosten in Salzburg arbeiten. Da hat man aber noch kein Auto, um in die Arbeit zu kommen. Da hat man noch kein Klimaticket gekauft, da hat man noch nichts beim Lebensmittelhandel ge­kauft, da hat man sich noch nicht einmal eine Unterhose zum Anziehen gekauft.

Sie (in Richtung Staatssekretärin Plakolm) reden oft von Eigentum und darüber, was Sie machen wollen. Wir lassen die Daten sprechen, wir schauen uns das genau an. Ich möchte es kurz einmal vorrechnen: Die meisten, die ganz normal arbeiten, ganz normal fleißig sind, die das Rad am Laufen halten – die Pflegerin, der O-Busfahrer, die Lehrerin –, können sich Eigentum aus eigener Arbeit schon gar nicht mehr leisten.

Eine Dreizimmerwohnung in der Stadt Salzburg: 400 000, 500 000, 600 000, 700 000 Euro. Ich frage Sie: Wie soll man sich das erarbeiten, 700 000 Euro erarbeiten? Da kann man schon einmal die Kaufnebenkosten senken, da muss man schon erben, sonst geht das nicht.

Wenn ich das noch einmal vorrechnen darf – und ich habe von meiner Großmut­ter gelernt, vor der eigenen Haustür zu kehren –, wir machen ein kleines Rechenbeispiel: 400 Euro pro Quadratmeter, „Baulandsicherungsmodell“ – bitte unter Anführungszeichen. Für 600 Quadratmeter – 400 Euro der Quadrat­meter! – macht das 240 000 für das Grundstück. Wenn man ehrlich ist, hat man dann einmal ein Grundstück, sofern man es überhaupt kaufen kann, zum Rasenmähen oder um ein Zelt draufzustellen. Leider!

Die ÖVP – deswegen sage ich, vor der eigenen Haustüre kehren – in Neumarkt am Wallersee hat es geschafft, für 100 Euro mit öffentlichen Geldern, mit Steuergeldern von der sogenannten Land-Invest diesen Grund zu kaufen und aufzuschließen, spekuliert damit – gekauft für 100 Euro, sagen wir Auf­schließungskosten 80 Euro, dann ist man bei 180 Euro – und verkauft an Einhei­mische – ein Baulandsicherungsmodell – für über 400 Euro den Quadrat­meter. Die treiben durch die Spekulation die Preise weiter in die Höhe, und das gehört genauso verboten! (Beifall bei der SPÖ.)

Während die Wohnpreise weiter explodieren, sprießen an den unmöglichsten Stellen – nicht nur in Tirol, nicht nur in Vorarlberg, auch in Salzburg – die Chaletdörfer wie Schwammerln aus dem Boden, und wir schauen zu.

Mein Anspruch ist klar: Wohnen ist ein Grundrecht, Wohnen ist ein Menschen­recht. Wohnen darf bei einem durchschnittlichen Lohn nicht mehr als ein Drittel des Haushaltseinkommens auffressen. Das muss unser An­spruch, das muss unser Ziel sein.

Wie erreichen wir das? – (In Richtung Bundesrat Kornhäusl:) Herr Fraktionschef, vielleicht ein bissel zuhören! Wie könnten wir das erreichen? (Heiterkeit bei der SPÖ.) – Vielleicht mit aktivem Wohnbau auf der einen Seite und auf der anderen Seite mit einer Leerstandsabgabe, die den Spekulanten auch weh­tut! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Kornhäusl.)

Liebe ÖVP! Warum sich weigern gegen eine Leerstandsabgabe, die den Spe­kulanten auch wirklich wehtut? Ich weiß, die Grünen wären auch dabei, NEOS vielleicht sogar auch. Ich weiß, dass Markus Wallner das auch schon ge­sagt hat, dass der ehemalige Tiroler Landeshauptmann Günther Platter das auch schon gesagt hat und auch erkannt hat, dass sich wahrscheinlich die Tirolerinnen und Tiroler in Zukunft bald nichts mehr leisten können – aber die Investoren aus dem Ausland schon. Man hat auch schon aus der mäch­tigen ÖVP Niederösterreich gehört, dass man da endlich einmal einen Rie­gel vorschieben muss. Und ich gebe jetzt einen Gratistipp mit: Jetzt wäre der richtige Moment, um zum Beispiel solch eine Leerstandsabgabe, die den Spekulanten wehtut, endlich einzuführen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenruf des Bundesrates Tiefnig.)

Der Status quo aber, also das, was wir jetzt haben, ist, liebe ÖVP, nicht mehr tragbar. Ich glaube, wenn man mit allen Funktionären in den Gemeinden redet, wenn man mit allen Mitgliedern in den Gemeinden redet – ich komme ja selber aus der Gemeindepolitik, bin immer noch Vizebürgermeister –, dann hört man, die können sich das auch nicht mehr leisten, die können sich diese Grundstücke und diese Wohnungen auch nicht mehr leisten und ziehen aus ihrer Heimat weg: weg von der Musikkapelle, weg von der Feuer­wehr, weg von ihren Familien, weil sie sich das Leben zu Hause nicht mehr leisten können. Eure Kinder, Enkelkinder, Geschwister, Neffen, Tanten trifft das genauso.

Vielleicht fangen wir einmal an, zu überlegen! Es ist schade und es ist schon bemerkenswert, dass der Kanzler, obwohl er gern in den Lungau fährt – vielleicht auf einen Skiurlaub, das ist ja gut, das ist richtig, das ist schön, das passt –, erstens in seiner Wirtschaftsansprache betreffend ein touris­musgeprägtes Bundesland oder überhaupt das ganze Land Österreich nicht einmal ein Wort, glaube ich, über den Tourismus verloren hat. Und zwei­tens, wenn er schon einmal nach Salzburg kommt – nicht nur zum Skifahren, vielleicht auch für einen Wahlendspurt –, soll er sich einmal diese Chalet­dörfer anschauen! Da reden wir nämlich teilweise von Geisterdörfern. Die sind leer, sind Betonstädte – teilweise mitten im Grünen errichtet (Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig), und das dient nur einem: Es dient nur der Profitgier der Investoren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ja, Gott sei Dank, das Grundverkehrsgesetz ist erneuert worden. Ich habe gesagt, wenn man das alte ordentlich umgesetzt hätte, wären diese Chaletdörfer wahrscheinlich nicht entstanden, weil es nur einer geholfen hat: der schwar­zen Seilschaft, die alles im Recht verbogen hat, was nur gegangen ist, damit viel­leicht irgendein Pferdebauer aus Norddeutschland an Grund und Boden kommt. Ich weiß sogar, dass viele Landwirte nicht begeistert davon waren, wer sich da den Grund und Boden, das Grünland von uns Salzburgerinnen und Salzburgern unter den Nagel gerissen hat. Das, sehr geehrte Damen und Herren, ist traurig, das darf nicht passieren. Gott sei Dank haben wir das aufgezeigt.

Ich möchte an dieser Stelle noch einen Aufruf für die Demokratie machen. Sie wissen, am 23.4. ist Landtagswahl in Salzburg. Wenn Sie jetzt gerade zu­schauen: Bitte gehen Sie hin! Machen Sie von Ihrem Stimmrecht Gebrauch! Entscheiden Sie darüber, wer in Zukunft die Weichen stellen soll und in der Verantwortung sein soll, denn ich glaube an ein modernes und vor allem leistbares Salzburg! (Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Tiefnig: Wahlkampf ist!)

Sehr geehrte Damen und Herren, worauf es ankommt: Salzburg kann mehr, Ös­terreich kann mehr. – Danke vielmals. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

16.14

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich die Frau Staatssekretärin zu Wort gemeldet. – Bitte.