16.14
Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren! In Vertretung unseres Bundeskanzlers Karl Nehammer darf ich die von Ihnen gestellten Fragen, die Dringliche Anfrage, heute beantworten. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Erlauben Sie mir zu Beginn, bevor ich auf die Fragen eingehe und diese beantworte, ein paar einleitende Worte von meiner Seite, insbesondere als Jugendstaatssekretärin!
Sie widmen sich in der Dringlichen Anfrage einem insbesondere für junge Menschen, für junge Familien sehr wichtigen Thema. Das Thema leistbares Wohnen, leistbares Eigentum ist drängender und aktueller denn je und eine der Hauptherausforderungen, mit denen wir nicht nur in Zeiten einer immensen Teuerung zu kämpfen haben. (Vizepräsidentin Hahn übernimmt den Vorsitz.)
Wie Sie wissen, verteilen sich die Kompetenzen insbesondere im Wohnbereich zwischen Bund und Ländern. Zum einen ist das deswegen gut, weil die Bundesländer sehr, sehr unterschiedlich aufgestellt sind. Es gibt auch große Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen in den Bundesländern.
In den Kompetenzbereichen, für die der Bund zuständig ist, ist in dieser Legislaturperiode bereits einiges passiert. Exemplarisch möchte ich da ganz kurz auf das Bestellerprinzip bei Maklergebühren eingehen: Ab 1. Juli des heurigen Jahres zahlt nur mehr jener Vertragspartner, der auch tatsächlich diese Dienstleistung beansprucht und angefragt hat. In den meisten Fällen ist dies der Vermieter, die Vermieterin, und das wird unglaublich viele Mieterinnen und Mieter entlasten. Das ist ein riesengroßer Sprung von mehreren Tausend Euro, die in Wahrheit ab 1. Juli an Entlastung passieren.
Als Jugendstaatssekretärin ist es mir auch sehr, sehr wichtig, dass wir jungen Menschen wieder eine Perspektive für leistbares Wohnen und insbesondere für leistbares Eigentum, für die eigenen vier Wände, geben können. Junge Menschen möchten sich etwas aufbauen, gleichzeitig auch Eigentum erwerben, weil es auch einen wesentlichen Beitrag dazu leistet, dass man im Alter abgesichert ist und Vorsorge treffen kann. Genau deswegen muss es auch wieder möglich werden, dass man sich mit Fleiß und harter Arbeit eigene vier Wände, Eigentum schafft.
Ich halte das für eine der zentralen Fragen, wenn wir gerade in Wochen wie diesen auch diskutieren, wie wir wieder Menschen motivieren können, arbeiten zu gehen: dass es einen Unterschied macht, ob ich Vollzeit oder Teilzeit arbeite. Die Aussicht darauf, dass man sich mit harter Arbeit und Fleiß etwas aufbauen kann, ist in meinen Augen in Zeiten wie diesen ein ganz zentraler Motivator. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Dieser Traum vom Eigenheim – und wir haben es von Ihnen, Herr Anfragesteller, gehört – ist für unglaublich viele Menschen in weite Ferne gerückt und für viele ist es auch nur der Traum geblieben. Die Gründe hierfür sind sehr, sehr vielfältig. Zum einen sind es die gestiegenen Zinsen, die gestiegenen Baukosten, insbesondere aber auch sehr, sehr streng umgesetzte Kreditrichtlinien der Finanzmarktaufsicht. Ich halte auch die letzte Nachbesserung dieser strengen Wohnbaukreditrichtlinien für weiterhin realitätsfremd. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Deswegen ist es wichtiger denn je, dass wir insbesondere jungen Menschen wieder eine Perspektive geben können, für die Zukunft vorzusorgen und etwas in diesem Land zu leisten.
Ganz konkret brauchen wir deswegen Erleichterungen beim Kauf des ersten Eigentums, beim Kauf der eigenen vier Wände. Ich möchte aber auch einen Wettbewerb der besten Ideen, wenn es darum geht, beispielsweise Mietkaufmodelle zu attraktivieren oder auch nachhaltiges Sanieren leichter zu ermöglichen. Da gibt es viele Bundesländer, die bereits Spitzenreiter sind. Ich denke, da kann man auch sehr, sehr viel voneinander lernen, nachdem sehr, sehr vieles in diesem Bereich in Länderkompetenz liegt.
Unser Bundeskanzler Karl Nehammer hat sich vor ziemlich genau einem Monat in seiner Rede zur Zukunft der Nation auch zum Thema Wohnen zu Wort gemeldet und ein klares Bekenntnis abgegeben: ein klares Bekenntnis für junge Menschen in diesem Land, ein klares Bekenntnis für Familien und auch für Leistungsbereitschaft. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)
Er hat neben Erleichterungen beim Kauf des ersten Eigenheims, die eine zentrale Motivation für junge Menschen wären, eine weitere wichtige Maßnahme – auch eine Maßnahme, die Wohnraum wieder erschwinglich machen könnte – vorgeschlagen, nämlich die Wiedereinführung der Zweckwidmung bei den Wohnbaufördermitteln. Das kann in meinen Augen nur in einem Schulterschluss mit den Bundesländern gelingen, weil nur damit wirklich viel am Wohnungsmarkt positiv verändert werden kann.
In diesem Sinne darf ich jetzt zur konkreten Beantwortung Ihrer Anfrage kommen. Sie wissen, glaube ich, selbst auch sehr, sehr gut, dass viele dieser genannten Bereiche nicht in die Zuständigkeit des Bundeskanzleramtes fallen; ich freue mich dennoch, Ihnen hier die Antworten darauf zu geben.
Zu den Fragen 1 bis 4 sowie zur Frage 6:
Im Regierungsprogramm ist keine explizite Einführung einer Leerstandsabgabe festgehalten. Eine solche ist daher auch nicht geplant.
Die Feststellung eines Leerstandes führt in der Praxis jedenfalls regelmäßig zu Beweisproblemen, da etwa der Stromverbrauch oder die Einsichtnahme in das Melderegister lediglich Indizienwirkung haben. Deshalb liegen auch keine exakten Daten vor und auch anerkannte Steuerrechts- und Wohnbauexperten bezweifeln den Lenkungseffekt der Abgabe. Zudem kann eine Leerstandsabgabe durchaus negative Auswirkungen auf die Mieterinnen und Mieter haben.
Die Bundesregierung hat sich im aktuellen Regierungsprogramm darauf geeinigt, Wohnraum leistbarer zu machen und die Bildung von Eigentum zu fördern. Derzeit finden sowohl auf politischer als auch auf technischer Ebene Verhandlungen statt, bei denen auf unterschiedlichste Vorschläge eingegangen wird, diese geprüft und diskutiert werden.
Zur Förderung von Eigentumsbildung zu Wohnzwecken und um die Abhängigkeit von Vermietern zu reduzieren, wurde mit der ökosozialen Steuerreform 2022 beispielsweise auch eine Verkürzung des Vorsteuerberichtigungszeitraumes von 20 auf zehn Jahre beim Erwerb von Mietwohnungen mit Kaufoption umgesetzt.
Zur Frage 5:
Die einzelnen Mitglieder der Bundesregierung sind in ständigem Kontakt mit den Bundesländern. Ich darf hierfür an den fachlich zuständigen Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft verweisen.
Die Frage der Leerstandsabgabe habe ich bereits gemeinsam mit den vorigen Fragen beantwortet.
Zu den Fragen 7 bis 9:
Diese Thematik ressortiert nicht im Bundeskanzleramt und deswegen liegen uns zu diesen drei Fragen auch keine Daten vor. Ich verweise in dieser Frage an die einzelnen Bundesländer beziehungsweise auch an die zuständigen Fachministerien.
Zur Frage 10:
Dem Bundeskanzleramt liegen derzeit vier Resolutionen zu diesem Thema vor: eine der Stadt Graz vom 5. Oktober 2021, zwei der Stadt Sankt Pölten vom 14. Dezember 2021 und vom 30. Mai 2022 und eine der Stadtgemeinde Bad Ischl vom 24. Mai 2022 an die oberösterreichische Landesregierung.
Zur Frage 11:
Dem Bundeskanzleramt liegen zu diesem Thema keine Resolutionen vor.
Zur Frage 12:
Die Bundesregierung pflegt sowohl mit dem Städte- als auch mit dem Gemeindebund einen guten Dialog. Wir sind insofern selbstverständlich in regelmäßigem Austausch mit den Vertreterinnen und Vertretern aller Gebietskörperschaften zu aktuellen Themen, auch zum Thema Wohnbau.
Zu den Fragen 13 und 14 sowie zur Frage 20:
Es gibt Lösungen, wo die Zuständigkeiten ressortieren, am Beispiel des Landes Salzburg, wo unter Landeshauptmann Wilfried Haslauer bereits Maßnahmen getroffen wurden, wodurch die Gemeinden in der Verzahnung von Grundverkehr und Raumordnung in diesem Bereich sehr enge Grenzen ziehen können. Die örtliche Raumordnung liegt aus gutem Grund im Wirkungsbereich der Gemeinden, da diese die örtlichen Umstände am besten kennen.
Das gilt auch, was den leistbaren Wohnraum in den jeweiligen Bundesländern betrifft. Ein erwähntes Gesetz auf Bundesebene oder eine Verschiebung der Kompetenzen sind derzeit nicht in Planung.
Dazu möchte ich auch festhalten, dass die Zuständigkeit nicht beim Bund liegt.
Zur Frage 15:
Im Bereich des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes wurden durch die Novelle im Juni 2022 die bereits verankerten Antispekulationsregeln auch auf den Bereich der sofortigen Wohnungseigentumsübertragung ausgeweitet.
Zur Frage 16:
Die Punkte, die im Regierungsprogramm festgehalten sind, werden gemeinsam mit dem Koalitionspartner Schritt für Schritt abgearbeitet. Wir sind dazu in laufenden Verhandlungen. Deren Ergebnisse kann ich nicht vorwegnehmen.
Zur Frage 17:
In dieser Sache gibt es unterschiedliche Zugänge. Uns ist wichtig, sowohl den Mieterinnen und Mietern als auch den Vermieterinnen und Vermietern gerecht zu werden. Den dazu stattfindenden Gesprächen auf parlamentarischer Ebene kann und möchte ich nicht vorgreifen.
Zu den Fragen 18 und 24:
Gemäß Finanz-Verfassungsgesetz regelt die Bundesgesetzgebung die Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge zwischen Bund und Ländern beziehungsweise Gemeinden und kann diesen Gebietskörperschaften aus allgemeinen Bundesmitteln Finanzzuweisungen für ihren Verwaltungsaufwand und auch Zuschüsse für bestimmte Zwecke gewähren. Damit ist der verfassungsrechtliche Rahmen für Regelungen und Strukturierungen der Finanzierungsströme vorgegeben.
Seit Jänner 2023 finden sowohl auf politischer als auch auf technischer Ebene Verhandlungen statt, bei denen unterschiedlichste Vorschläge geprüft und diskutiert werden. Vor Abschluss der Verhandlungen können natürlich keine Aussagen über deren Ergebnisse getroffen werden.
Zur Frage 19 sowie zu den Fragen 25 bis 28:
In Österreich halten sich bezogen auf die Hauptwohnsitze die Mietverhältnisse mit dem Haus- und Wohnungseigentum die Waage. Sowohl die Mieterinnen und Mieter als auch jene, die in Eigentum wohnen, sind von der Teuerung betroffen, und deswegen haben wir mit dem Zweckzuschuss für Wohn- und Heizkosten eine Lösung geschaffen, die wirklich alle entlastet. Konkret wurden die bereits beschlossenen 450 Millionen Euro um weitere 250 Millionen Euro aufgestockt. Dieses Geld wird den Ländern zur Verfügung gestellt, damit auf die unterschiedlichen Bedürfnisse, auf die unterschiedlichen Mietverhältnisse und auf die unterschiedlichen Mehrkosten Rücksicht genommen werden kann.
Zur Verhinderung von Delogierungen wurde der bereits bestehende Wohnschirm um weitere 25 Millionen Euro aufgestockt.
Die besondere Herausforderung in der Wohnungspolitik ist, eine Ausgewogenheit in den Bedingungen sowohl für jene herzustellen, die den Wohnraum schaffen, als auch für jene, die ihn nutzen. Die von der Bundesregierung getroffenen Maßnahmen schaffen nicht nur diese Ausgewogenheit, sondern sind auch eine zielgerichtete und gerechte Förderung mit einer treffsicheren sozialen Ausgestaltung.
Zur Frage 21:
Sowohl Raum- als auch Bauordnung liegen in Österreich aus vorhin bereits erwähntem guten Grund bei den einzelnen Bundesländern. Entsprechende Maßnahmen müssen deshalb auch vor Ort getroffen werden.
Zur Frage 22:
Diese Fragestellung ist insofern nicht klar zu beantworten, da nicht ausgeführt wird, was genau die Definition eines Bundesgrundstücks ist. Eine entsprechende Maßnahme ist derzeit jedenfalls nicht in Planung.
Zur Frage 23:
Soziale Rechte sind in Österreich auf einfachgesetzlicher Ebene weitgehend gesichert und damit vor nationalen Gerichten durchsetzbar. Wir setzen laufend einfachgesetzliche Maßnahmen, um leistbares Wohnen sicherzustellen. Ein Beispiel dafür, das ich vorhin bereits genannt habe, ist die geltende Reform der Maklergebühren, die ab 1. Juli 2023 in Kraft tritt.
Zur Frage 29:
Hierzu darf ich anmerken, dass die Anhebung der Richtwertmieten im Zweijahresrhythmus erfolgt, weshalb es 2024 auch keine solche Anhebung geben wird.
Zur Frage 30:
Beim Prinzip der Kategoriemiete handelt es sich bereits um eine privilegierte Mietform und ein für die Mieterinnen und Mieter sehr faires Modell. Wie bereits erwähnt ist es uns wichtig, einen Ausgleich zwischen Mietern und Vermietern sicherzustellen. Die ebenfalls bereits erwähnten Maßnahmen zur Entlastung der Menschen wirken zielgerichtet und sozial treffsicher und schaffen dabei genau diesen Ausgleich.
Zur Frage 31:
Es obliegt den jeweiligen Städten und Gemeinden, angesprochene Maßnahmen zu treffen. Eine Kostenübernahme durch den Bund ist nicht vorgesehen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
16.27
Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Ich danke für die Beantwortung.
Als Nächster ist Herr Bundesrat Daniel Schmid zu Wort gemeldet. – Herr Bundesrat, Sie sind am Wort.