18.57

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Außenminister! Liebe Kolleginnen und Kol­legen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten zum Arbeitsprogramm der Europäischen Union für das laufende Jahr stellt aus meiner Sicht die Ziele, den Status und die Positionen Österreichs zu diesem Vor­habensbericht hervorragend dar.

Ich möchte einleitend die Gelegenheit wahrnehmen, dir, geschätzter Herr Außenminister, für deinen Einsatz im Allgemeinen und im Besonderen für deine klare Kante in Fragen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, für deinen besonderen Einsatz bezüglich der Erweiterung der Europäischen Union, insbesondere am Westbalkan, und auch im Kampf gegen die illegale Migration meinen Dank auszusprechen. Ich glaube, es tut Österreich und den Österreicherinnen und Österreichern gut, dass wir eine kompetente Außenpolitik haben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch ich möchte meine Ausführungen mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine beginnen. Dieser Angriffskrieg mar­kiert in der Tat eine Zeitenwende. Wenn die Zahlen stimmen – und ich zweifle nicht daran –, so haben bis dato seit Kriegsbeginn rund 300 000 Menschen ihr Leben verloren, damit für Familien und Angehörige unermessliches Leid gebracht und einmal mehr aufgezeigt, welch bö­se Folgen ein Krieg für die Menschen insgesamt haben kann.

Damit verbunden ist auch eine Zerstörung der Infrastruktur in Milliardenhöhe. Milliarden werden notwendig sein, um diese Schäden wieder zu beseiti­gen. Damit verbunden ist auch eine weltweite Ernährungskrise, die nur schwer in den Griff zu bekommen ist.

Österreich hat immer klargemacht, dass wir militärisch neutral sind, allerdings politisch und humanitär klar Position und Partei ergreifen. Es war daher auch richtig und gut, dass von der österreichischen Staatskasse bis dato in etwa 130 Millionen Euro an humanitärer Hilfe an die Ukraine geleistet worden sind.

Ich möchte auch die ganz besondere Hilfsbereitschaft der österreichischen Be­völkerung erwähnen. Ich habe sie selbst erlebt. Manche von Ihnen wissen, dass ich beim Europäischen Jugendforum in Neumarkt aktiv bin. Neu­markt in der Steiermark ist eine Gemeinde, die zu Beginn des Krieges über 100 Menschen aus der Ukraine aufgenommen hat. Wir haben das im Rahmen des Europäischen Jugendforums Neumarkt begleitet und es war schön zu sehen, dass die Menschen in einer sehr schwierigen Lebenssituation und persönlich sehr herausfordernden Zeit ein Stück Heimat, ein Stück Frieden und ein Stück Ruhe finden konnten.

Für die ÖVP-Fraktion ist klar, dass das Recht des Stärkeren nicht über die Stärke des Rechts obsiegen darf, und ich glaube, wir sollten gemeinsam danach trachten, dass der Krieg in der Ukraine möglichst rasch zu einem Ende kommt. Kollege Hübner (Bundesrat Schreuder: Er ist nicht da!) kennt meine Posi­tion eh auch aus dem Europaausschuss und aus vielen Treffen. (Bundesrat Schreuder: Reden und gehen!) Es ist ja nichts Neues, dass sich die FPÖ als Putin-Versteher und als Versteher des Putin-Regimes geriert (Bundesrätin Steiner-Wieser: Und ihr macht für die Chinesen ...! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), aber seien Sie sich sicher: Unsere Solidarität gilt dem Freiheitskampf der Ukrainerinnen und Ukrainer. Ihre Solidarität gilt dem Putin-Regime und das ist der wesentliche Unterschied. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bericht ist sehr umfangreich und die Zeit erlaubt es nicht, auf jede Position im Einzelnen einzugehen. Zur Migra­tion möchte ich nur sagen, dass die Bewältigung der Herausforderungen im Migrationsbereich umfassend und gesamtheitlich gesehen werden müs­sen. Das umfasst einen effektiven Außengrenzschutz genauso wie die Imple­mentierung eines effizienten europäischen Asyl- und Migrationssystems. Dass dabei die Mühe in der Ebene liegt, ist allen klar, die sich in diesem Bereich engagieren. Ich möchte aber auch sagen – Kollege Hübner hat es ange­sprochen –, dass die Rückführungspolitik gestern im EU-Ausschuss Thema war und dass sich die Mehrheit der Fraktionen ganz klar gegen den Vorschlag der Freiheitlichen Partei ausgesprochen hat.

Der enorme Anstieg der Asylantragszahlen in den Mitgliedstaaten hat ein Bewusstsein dafür geschaffen, dass ein gemeinsames Vorgehen notwendig ist. Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, mich besonders beim Bundes­kanzler und auch beim Innenminister dafür zu bedanken, dass Sie da auch auf europäischer Ebene zwar nicht immer populär, aber doch im Interesse der österreichischen Bevölkerung agiert haben. Ich glaube, wenn wir bei der Migra­tion zu einer guten, gesamtheitlichen Lösung im EU-Raum kommen wollen, dann ist das der richtige Ansatz.

Gestern hatten wir die schwedische Botschafterin zu Gast, um mit ihr auch über die Vorhaben während der schwedischen Ratspräsidentschaft zu diskutie­ren. Wir sind zu der Ansicht gelangt, dass Schweden und Österreich in vielen Fragen Like-minded Staaten sind, es gibt aber auch Punkte, in denen wir uns nicht einig sind. Nicht einig sind wir uns insbesondere in Fragen der Nuklearenergie. Österreich hat in dieser Frage immer artikuliert, dass Kernener­gie weder grün, noch sicher, noch nachhaltig ist und keine Lösung für die Klimakrise darstellt. Wir akzeptieren, dass andere Staaten einen anderen Zugang zu diesem Thema haben, entscheidend ist jedoch, dass der österreichischen Bevölkerung ein Höchstmaß an Sicherheit entgegengebracht wird. Ich sage das als Steirer, und viele von Ihnen wissen, dass wir im benachbarten Slo­wenien mit Krško ein Kernkraftwerk haben, das ausgebaut werden soll, was viele Steirerinnen und Steirer mit großer Sorge erfüllt. Es ist wichtig, dass da seitens der österreichischen Außenpolitik ein wachsames Auge darauf gelegt wird.

Ich habe mich eingangs beim Außenminister für sein Engagement, was die Er­weiterung im Besonderen am Westbalkan betrifft, bedankt. Die Position des Ministeriums stimmt da mit unseren Überlegungen im EU-Ausschuss und im Plenum des Bundesrates überein. Wir waren immer Befürworter einer sol­chen Erweiterung. Selbstverständlich müssen die Staaten des westlichen Balkans auch ihre Hausaufgaben erledigen, aber wir haben die Chance, sie dabei zu begleiten, sie anzuleiten und ihnen auf diesem Weg entsprechende Unterstützung zu geben. Ich selbst mache im Rahmen des Europäischen Ju­gendforums Neumarkt sogenannte Peacedays, für die wir junge Leute aus den sechs Westbalkanländern einladen, um gemeinsam über die Zukunft zu diskutieren. Das sind sehr, sehr spannende Diskussionen, weil es aufgrund der Historie am westlichen Balkan durchaus unterschiedliche Zugänge gibt, aber in Summe eint alle, dass sie gerne bei dieser großen europäischen Fami­lie dabei sein wollen, und das nicht nur aus materiellen Überlegungen heraus.

Die Erweiterung Europas spielt natürlich auch für die neuen Beitrittswerber, die Ukraine, Moldau und Georgien, eine Rolle. Für die österreichische Außen­politik ist klar, dass diese Länder Teil der europäischen Familie werden wollen und dass die Verleihung des Kandidatenstatus an die Ukraine und an Mol­dau ein wichtiges politisches Zeichen der Solidarität, der Unterstützung war. Es ist aber auch klar, dass es keinen Fast Track, also keine schnelle Beitritts­spur geben wird und das ist, glaube ich, auch fair gegenüber den Ländern des westlichen Balkans, die sich seit Jahren bemühen, die Beitrittskriterien zu erfüllen.

Im Vorhabensbericht ist auch die EU-Zukunftskonferenz angesprochen worden, und als Bundesrat haben wir im Rahmen der steirischen Präsidentschaft dieses Thema ja auch mit jungen Leuten beleuchtet. Ich freue mich, dass auch seitens des Außenministeriums weiterhin ein Fokus auf die Jugend und auf die Bürgerbeteiligung gelegt wird, und dass das Außenministerium offen ist, was die Umsetzung der Ergebnisse der Zukunftskonferenz betrifft, derzeit gibt es intensive Überlegungen zu jenen Maßnahmen, die ohne Ver­tragsänderung machbar sind.

Die Zeit erlaubt es nicht, näher auf die Gemeinsame Außen- und Sicher­heitspolitik einzugehen. Ich schließe daher mit einem Bereich, der für die Bun­deshauptstadt Wien und damit für ganz Österreich von Bedeutung ist: Wir sind stolzer Host, also stolzes Gastgeberland, internationaler Organisatio­nen, insbesondere der Vereinten Nationen, und es gilt, auch weiter mit den Vereinten Nationen im Rahmen der gemeinsamen europäischen Überlegun­gen aktiv zu sein und die Position Europas einzubringen. Wir wollen gerne ein guter Gastgeber für unsere internationalen Organisationen sein und damit zeigen, dass Österreich weit über seine Größe von neun Millionen Einwoh­nern hinaus eine Rolle im internationalen Kontext spielen kann.

Herr Bundesminister, nochmals herzlichen Dank für deinen Einsatz und gib das bitte auch an dein Team, deine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und insbe­sondere an die Vertreter in unseren Botschaften weiter! Wir sind stolz darauf, solche Auslandsvertretungen zu haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.08

Präsident Günter Kovacs: Danke schön, Herr Bundesrat.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. – Bitte, Herr Bundesrat.