12.50
Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Gehen wir weiter in der Zeitreise mit der „Wiener Zeitung“ in der Hand (ein Exemplar der „Wiener Zeitung“ in die Höhe haltend). Wir schauen zurück auf den Mai 1955, genauer gesagt auf den 15. Mai 1955. Die „Wiener Zeitung“ titelt: „Staatsvertrag unterzeichnet! Historisches Ereignis im Wiener Belvedere [...] Österreich nach siebzehn Jahren endlich frei“. – Die Berichterstattung in der „Wiener Zeitung“ dazu ist ein Zeitzeugnis höchster Qualität. Dieser denkwürdige, für das moderne Österreich so bedeutsame Tag wird von allen Seiten her betrachtet, was einen umfangreichen Einblick in die damaligen Verhältnisse schafft.
Die „Wiener Zeitung“, die sich ihrer Aufgabe als vierte Gewalt im Staat bewusst war und bis zur erzwungenen Schließung bewusst sein wird, hat sich durch journalistisches Können ausgezeichnet, das auch heute noch begeistert und zeitlos bleibt, durch journalistische Arbeit, die sich nicht verbiegt und nicht gefällig ist – und diese Tradition trägt die jetzige Regierung durch diese Novelle zu Grabe (Beifall bei der SPÖ), ein Erbe, das die bedeutenden Journalisten Hugo Portisch und Heinz Nußbaumer zu Recht gerne als Weltkulturerbe gesehen hätten.
Ich kann nur folgenden Appell an die Regierungsfraktionen richten: Überlegt euch eure Entscheidung noch einmal! Zerstört nicht noch ein weiteres Stück gelebtes Österreich, ein Kulturgut, sonst finden wir uns in Bälde in einem Wald von Gratiszeitungen, die es mit den Inseratenschaltungen ernst meinen, aber definitiv nicht mit einer verantwortungsvollen Berichterstattung. Vielleicht wollen Sie das aber ohnehin – zumindest bei der türkisen ÖVP liegt dieser Verdacht nahe.
Auffällig ist auch das Schönreden des faktischen Aus vonseiten der Grünen. Ich habe in meiner Schule einmal gelernt: Sei achtsam, wenn mit Superlativen und besonderer Schönfärberei agiert wird, denn dann steckt etwas anderes im Busch! (Beifall bei der SPÖ.)
Hochwertige Berichterstattung darf nicht zu einem Nischenprodukt werden. Skandaljournalismus und alternative Wahrheiten in Social Media verändern zunehmend unsere Gesellschaft. Verunsicherung nimmt zu. Fakten und wissenschaftliche Erkenntnisse werden gleichrangig mit Fakenews gehandelt. Das ist brandgefährlich. Deshalb ersuche ich Sie nochmals: Erhalten wir dieses Qualitätsmedium, die „Wiener Zeitung“! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
12.54
Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Horst Schachner. – Bitte schön.